Hello again,
Eigentlich sollte es noch ein wenig
dauern, bis der nächste Bericht kommt. Aber es kam mal wieder alles
anders, und irgendwie passend zum bisher erlebten auch extremer als
erwartet. Daher gibt es hier nun einen kleinen, Bilderlosen Bericht
über meine bisher schlimmsten Tage seit langem. Ich bin ja mal
gespannt, wann ich auch mal „normale“ Dinge erlebe hier!
Während ich am Montag spät abends den
letzten Bericht schrieb und nebenher mit meinem Bruder per Skype
geredet habe, fühlte ich mich schon ein wenig merkwürdig. Ich
machte mir nicht viel daraus, da ich am Mittag schon Magenprobleme
und kleinere Bauchkrämpfe gehabt hatte. Es wurde aber ein wenig
besser, und abends habe ich mich mit Tom und Else in einem belgischen
Restaurant kugelrund gegessen -bisher blieb auch alles da, wo es
hingehört. Ein wenig später jedoch sah das anders aus, und ich
fühlte mich so beschissen wie das Klo alle 30 Minuten. Je länger
die Nacht wurde, desto schlimmer wurde es. Ich musste mich andauernd
übergeben, und die Toilette wollte mehr und mehr. Sie war auch dann
noch nicht zufrieden, als es gar nichts mehr gab was ich ihr hätte
geben können. Ich kam mir vor wie ein alter hässlicher
Springbrunnen, der irgendwo in einem bewucherten Park steht und
langsam den Geist aufgibt. Irgendwann kam nur noch Wasser aus allen
Löchern bis auf die Ohren. Ich weiß, ihr schätzt meine
Detailverliebtheit! Das schlimmste daran war, dass ich die ganze Zeit
wahnsinnig müde und erschöpft war. Jeder Schritt fiel mir schwer,
und wenn ich weiter als fünf Meter am Stück ging drohte die
Ohnmacht. Zudem war ich permanent durstig und konnte nur an Wasser
denken, doch wenn ich welches Trank bereute ich es wenig später. Ich
hatte Angst Malaria zu haben, da es genau solche Symptome aufweist.
Medikamente konnte ich aber keine nehmen, da sie nicht drin bleiben
würden. Nachts um 5 oder 6 war es schließlich so schlimm, dass ich
irgendetwas unternehmen musste.
Ich sitze also wie in Trance vor meiner
gehassten Toilette und versuche einen klaren Gedanken zu fassen,
während ich mit der Stirn auf der Klobrille abgestützt vor mich hin
wimmere. Ich bin kaum noch wach und habe Angst, irgendwann als halb
verwester Sensationsfund einer Dorfnutte zu enden, die nach mir das
billige Zimmer mieten würde. Ich habe wahnsinnigen Durst – Ist das
Malaria? Ich suche schließlich mein Portemonaie und meinen Reisepass
und krieche auf allen Vieren zu meiner Zimmertür. Ich könnte jetzt
versuchen zu Tom und Else zu kommen, doch die 20 Meter erscheinen mir
unschaffbar. Ich trete also einfach mit dem Fuß gegen die
gegenüberliegende Zimmertür und warte auf die Reaktion. Die Tür
geht auf und direkt wieder zu, da mich unten auf dem Boden wohl
niemand gesehen hat. Also nochmal treten. Diesmal sieht mich Simon
aus England, den ich allerdings nicht erkannte, obwohl ich am
Vorabend ein paar Worte mit ihm gewechselt habe. „Sorry. Help
please. Hospital.“ Seine Frau sitzt halb nackt auf dem Bett und
guckt mich an wie ein Alien. Simon ist aber sehr hilfsbereit, er
zieht sich schnell etwas an, stützt mich bis auf die Straße und
besorgt ein Tuktuk. Auf der schaukeligen Ladefläche des Dreirades
schließe ich die Augen und versuche, mich nicht zu übergeben.
Schließlich kommen wir an, und ich gebe Simon mein Portemonaie zum
bezahlen. Es erübrigt sich wohl zu sagen, dass der Preis für die
Fahrt viel zu hoch war. Normalerweise verhandle ich bei Allem im
Laos, da die vorgeschlagenen Preise mindestens 100% zu teuer sind.
Aber davon bekomme ich nichts mit, und wenn doch könnte ich sowieso
nicht reden. Ich krieche ins „Krankenhaus“, welches sich als
Baustelle entpuppte. Ich hocke im Bauschutt, mit dem Kopf auf einem
alten Nagelbalken, während ein Laote eine große Gasflasche wenige
Zentimeter von mir entfernt über den unebenen Boden schleift. Aua.
Das war der absolute Tiefpunkt – Schwer krank und alleine am Arsch
der Welt, elendig und hilflos fremden Menschen ausgeliefert, die in
ärmsten Verhältnissen leben und kaum mit mir reden können. Kein
schönes Gefühl.
Man steckt mich in ein abgelegenes
Einzelzimmer und führt diverse Untersuchungen durch, an die ich mich
nur schwer erinnern kann. Simon erzählt mir später, ich hätte
andauernd nach Wasser gefragt -zunächst auf deutsch. Ich bekomme
auch welches, allerdings salzige, mit Elektrolyten versetzte Brühe.
Jummi. Ich bekomme eine Infusion, während ein alter Gummihandschuh
um mein Handgelenk geknotet dessen Blutzufuhr stoppt. Wenn ich den
laotischen Arzt richtig verstanden habe soll ein Bluttest gemacht
werden, der nur 15 Minuten dauert. Die Ärzte verschwinden und
gespannt warte ich auf das Ergebnis. Hab ich Malaria? Die nächsten 6
Stunden sollte niemand mehr den Raum betreten. Ich sehe Blutspuren an
der Wand. Simon war mittlerweile auch gegangen, was aber absolut in
Ordnung ist, und ich beginne meinen Marsch mit dem Infusionsgefährt
in Richtung Toilette. Rechts klingt gut. Immernoch totmüde ist es
wirklich anstrengend, dieses 5kg schwere Gerät zu tragen, da man es
auf dem Rohbauboden nicht rollen konnte. Ich finde schließlich ein
Loch im Boden. Das muss die Toilette sein, denn daneben steht ein
Wasserfass mit Kelle, welches in Laos oft als Spülung dient. Es gibt
zwar kein Waschbecken, aber das ist mir im Moment auch egal.
6 Stunden später ist meine Infusion
fast aufgebraucht und ich rufe eine Laotin vom Gang zu mir, um ihr
das zu zeigen. Schließlich kommt eine neue Ärztin, befreit mich mit
fragwürdiger Methode von meiner Flüssignahrung und deutet in
Richtung Ausgang. Da stehe ich also total verpeilt vor dem
Krankenhaus in der knallenden Sonne und suche ein Tuktuk, als mich
mehrere Krankenschwestern lachend zurück rufen. „Come back,
mister!“ Was solls, zurück ins Paradies. Ich musste noch bezahlen
und bekam jede Menge Elektrolytpulver und Antibiotika, und es wurde
noch einmal mein Blutdruck gemessen, da mein äußeres
Erscheinungsbild dazu veranlasste. Ein „thirty.“ meinerseits
reichte schließlich aus, um die Fahrtkosten für den Rückweg zu
halbieren und ich verbrachte den restlichen Tag im Bett.
Das alles klingt nach einem Erlebnis,
auf das man auch besser hätte verzichten können. Tatsächlich hätte
ich es mir ein wenig harmloser gewünscht, aber zu einer langen Reise
gehören eben auch negative Erlebnisse dazu – das war mir vorher
klar. Mittlerweile geht es mir wieder besser und ich bin in Vang
Vieng, dem Ballermann Asiens. Hier muss ich nun für weitere 3 Tage
aussteigen, da ich im Krankenhaus meinen Bus verpasst habe und der
letzte nur bis Vientiane durchfährt, wo es nicht viel zu sehen gibt.
Mir bleiben also später noch höchstens 9 Tage, um von Bangkok nach
Singapur zu kommen, was sehr ärgerlich ist. Die ursprünglichen 13
Tage waren mir schon zu wenig. Vielleicht kann ich ja einen späteren
Flug nehmen, mal sehen. Erstmal muss ich wieder komplett gesund
werden und die schönen Seiten von Laos genießen, zum Beispiel
Tubing -mehr dazu im nächsten Bericht. Sabaidee,
Florian
Ein Bild gibt es doch noch - Die Landschaft auf dem Weg nach Vang Vieng. Links ist die Straße zu sehen, die sich am Abhang entlang durch die Weiten der Himalaya-Ausläufer schlängelt. |
Hey Flo,
AntwortenLöschenLena und ich sind gedanklich bei dir. Ist jetzt das erste mal, dass ich miterlebe, dass dich was umgehauen hat... weißt du jetzt im nachhinein, was deine Verdauung in den Rückwärtsgang gezwungen hat?
Jetzt sind schon ein paar Tage vergangen, seit du den Eintrag gemacht hast und noch ein paar Tage mehr, seit deinem Höllentrip... schreib mal, dass es dir schon besser geht! (Dann brauchen wir kein schlechtes Gewissen haben, den Blog erst 3 Tage verspätet gelesen zu haben)
Alles Gute! Gruß Nico und Lena
hey ihr beiden,
Löschendas ist lieb :)
ja ich bin wieder aufm damm, nicht 100% aber das wird!
und der höllentrip war doch auch eigentlich ganz lustig...
bin die nächsten tage wohl nicht erreichbar, es geht in den süden und der ist noch nicht so weit entwickelt. wie ist das neue sofa? ;)
es grüßt
die fontäne
Hallo Flo,
Löschenich lese den Eintrag erst einen Tag nach Nico und lese zudem schon, dass es dir besser geht - zum Glück- sonst würd ich mir jetzt arg Sorgen machen. Das Sofa ist riesig!!Meine Schwester meinte Sofaraum wäre statt Wonzimmer nun angemessener, da es annähernd die halbe Fläche einnimmt. Im Möbelhaus sah es nicht so groß aus! Aber jetzt können wir zu weit ausgestreckt darauf liegen ohne uns zu berühren (: Also sobald du wieder im Lande ist ist exclusives Couch-surfing bei uns für dich angesagt(;
Liebe Grüße
Lena