30. November 2012

Lunch at night in cambodia

Vorab noch ein paar Fotos aus der Zeit des vorherigen Eintrages. Manchmal tausche ich erst später die Bilder mit anderen Reisenden, die ich euch natürlich auch nicht vorenthalten möchte.
Sonnenuntergang in Thakhek
Nur mutige Affen werden satt
Wasserfällchen


Ein Blick auf mein Handy verrät mir, das es langsam eng wird. Es ist 18:17 Uhr und ich sitze immernoch im Tuktuk zur Khao San Road in Bangkok. Ich sollte schon vor einer Viertelstunde am Treffpunkt gewesen sein, doch in der Stadt der Engel ist heute das Lichterfest und noch mehr Betrieb als sonst. Der Tuktukfahrer hat anscheinend nichts mehr zu verlieren, er toppt meine bisherigen Erlebnisse um Längen. Gegenverkehr oder Bürgersteig, rot oder grün, wo ist da schon der Unterschied? Er quetscht sich erneut in eine Lücke vor einem uralten Linienbus, um den Gegenverkehr nicht komplett zu blockieren und ich muss an die Reportage denken, die ich vor Antritt meiner Reise über Bangkok gesehen habe. Darin wurde von sogenannten Seelensammlern berichtet, die Tote und Verletzte von Unfällen gegen Provision an die zuständigen Institutionen liefern – Krankenwagen gibt es hier nicht. Ich suche in meinem Rucksack nach meinem Busticket nach Chomphon, um eventuell eine Telefonnummer zu finden, als der Tuktukfahrer bei Vollgas den zweiten Gang reinprügelt, was mich fast aus der Blechbüchse kegelt. Ich gebe die Suche auf und lehne mich zurück – jetzt ist es sowieso zu spät. Ein letztes Mal lasse ich die heute umso beeindruckendere, pulsierende Stadt auf mich wirken und denke an die letzten Tage zurück.

Vor nicht einmal einer Woche hatten wir uns von Pakxe in Richtung 4000 Islands aufgemacht. Ein Zwischenstopp gab es bei einer interessanten, den Berg hinaufsteigenden Tempelanlage. Sie ist irgendeinem Gott der Potenz gewidmet, weshalb der Berg auch Mount Penis genannt wird. Unter Anderem war dort ein Stein, auf dem einmal jährlich Menschen geopfert wurden. In einer Aussparung in Krokodilform wurde ihnen der Kopf abgetrennt -Religion ist doch was feines. Ich wusch mich außerdem in heiligem Wasser, kann aber bisher noch kein erhöhtes Agressionspotenzial oder Dummheit feststellen.
Wir erreichten schließlich Don Det, eine Insel am Mekong. Mein Bungalow dort kostete mich umgerechnet 2,50 Euro. Abends besuchten wir die gemütlichen Bars, welche auf Holzstelzen im Fluss standen und versuchten, etwas zu Essen zu bestellen. Das war nämlich gar nicht so einfach, da der Kellner nicht wirklich nüchtern war. „Hellooohooh, what can i shubidoo für youu?“ Er empfahl uns schließlich die hausgemachten Happy-Shakes aus garantiert hochwertigem, auf der Insel angebauten Hanf. Wir schafften es aber am Ende doch irgendwie, einen Burger zu bestellen, zu welchem sich wenig später Lao-Whiskey für umgerechnet einen Euro pro Flasche gesellen sollte. Der Abend wurde länger und länger, und um 23:30 schlossen wie überall in Laos alle Lokale. Das klingt für deutsche Verhältnisse viel zu früh, doch muss man bedenken dass hier bereits um 5 der Sonnenuntergang beginnt und sich daher alles ein wenig nach vorne verschiebt. Mit einer Gruppe aus etwa 25 Gleichgesinnten aus aller Welt ging es schließlich an einen kleinen Strand am Mekong, wo spontan ein Lagerfeuer gemacht und die Gitarre ausgepackt wurde. Der Himmel war klar und von Sternen übersäht. Ich unterhielt mich mit einem Mädel aus New York, während 5 Leute gleichzeitig zum erstaunlich guten Klang der Gitarre improvisiert sangen. Die Atmosphäre an diesem genialen Abend war unvergleichlich. Irgendwann wurde das Feuer kleiner, und die Party wurde in den lauwarmen Mekong verlegt. Als ich mich klatschnass und halb nackt zum Bungalow schlich war es bereits wieder hell, was nur eine Stunde Schlaf vor dem längsten Reisetag seit langem bedeuteten sollte.


Um 8 Uhr trete ich schließlich meine Reise nach Siem Reap an. Ursprünglich wollte ich auch Pnom Penh besuchen, aber dafür fehlt mir leider die Zeit. Zunächst läuft alles nach Plan, ein Boot bringt uns zum Sammelpunkt, wo ich Madlen und Christine aus Leipzig kennenlerne. Wir füllen die Visa-Anträge aus und ein Fahrzeug, welches offiziell „Bus“ genannt wird bringt uns zur Grenze Kambodschas. Es liegt schief auf der Straße, ist gleichzeitig stolze Mikrowelle und während der Fahrt springt die Tür auf -aber es fährt. An der Grenze hält man uns ein weißes Gerät an den Hals, welches die Körpertemperatur misst. Ich bin mit 36,5 Grad von Natur aus cool unterwegs, aha. Das ist dann also die kostenpflichtige Gesundheitsüberprüfung. Nach etwa zwei Stunden werden wir in einen Bus gesteckt und fahren gen Südwesten. Es kommt immer wieder zu Verspätungen, da die sechsköpfige Bordcrew nicht wirklich organisiert ist. Christine und Madlen müssen auf Rollern zu einem Geldautomaten gebracht werden, da ihr Ticket spontan 15 Dollar teurer geworden ist. In Kambodscha wird übrigends mit US-Dollar bezahlt, nur bei kleineren Beträgen unter einem Dollar kommen die offiziellen Riel-Scheine zum Einsatz. Die Crew hat anscheinend nur Dollarzeichen auf den Augen, was auch erklärt warum absolut jedes Schlagloch mitgenommen wird. Andauernd hält der Bus an und ein Kambodschaner springt raus, um nachzusehen ob noch alles da ist wo es hingehört. Ab und zu stirbt auch der Motor ab, und nach kurzer Pause wird das Kühlwasser nachgefüllt. Ich bin ein wenig schlecht gelaunt, da es bereits seit 3 Stunden einen Lunch-Stopp geben sollte, und jedes mal wenn ich danach fragte die Antwort „one hour.“ bekam. Gegen 4 Uhr schließlich verabschiedet sich der Heckmotor mit einem lauten Glucksen und wir bleiben mitten im Nirgendwo stehen. Keiner weiß was los ist, und der Großteil der Bordcrew legt sich für ein Nickerchen quer über die Gepäckstücke. Nur einer hämmert wie verrückt mit einem Gummihammer auf dem Tank herum. Knapp zwei Stunden später kommt schließlich ein Kambodschaner mit seinem Roller vorbei, in seinen Armen ein Kanister voll Benzin. Erst jetzt wussten wir, dass es lediglich am Benzin gemangelt hat. Kann ja mal passieren, sind ja schließlich auch nur 6 Mitarbeiter an Bord. Aber es geht endlich weiter, und bis zum Lunch-Stopp kann es nun wirklich nicht mehr weit sein. „Sorry, how far LUNCH-Stopp?“ -“one hour.“ Wer mich kennt weiß, dass die Lebensqualität in meiner näheren Umgebung rapide sinkt, wenn ich nichts zu essen bekomme. Ich bin mir relativ sicher, dass seine Wangenmuskeln mehrfach gezuckt haben, während ich ihm unter tödlichen Blicken erklärte das mich seine Antwort nicht wirklich zufrieden gestellt hat. Als wir wenig später bei einer Bude hielten, die „Essen“ verkaufte, war es bereits stockfinster.

Ich leihe mir noch 40 Dollar von Tom und Else, die von nun an leider Richtung Pnom Penh weiter reisen und steige in den Bus nach Siem Reap. Um 4 Uhr morgens – 8 Stunden später als geplant – hält der Bus schließlich an einer Busstaion vor Siem Reap. Es sei zu spät um ins Zentrum zu fahren, und wir sollten jeder 2 Dollar für ein Tuktuk bezahlen. Das ist eine bekannte Masche, um den Touristen noch mehr Geld abzuzocken. In solchen Situationen sollte man die Einheimischen im Bus fragen und gegebenenfalls einfach sitzen bleiben. Davon gibt es allerdings heute nicht sehr viele und plötzlich ist der Bus leer. Einige mehr oder weniger sachliche Diskussionen später lassen wir die Aasgeier von der Busgesellschaft links liegen und suchen uns einen anderen Tuktukfahrer, der uns für einen Dollar ins gewünschte Hotel fährt. Nach einer Nacht im 6er Dorm teile ich mir das Zimmer mit Leeni aus Bielefeld, die in der gleichen Situation ist wie ich, nur einen Tag Zeit für Angkor Wat zu haben. 

Nach erneut nur einer Stunde Schlaf machen wir uns also mit Leihfahrrädern auf den Weg um die gigantische Tempelanlage zu besichtigen. Angkor Wat ist einfach irre, man bräuchte wohl Wochen um alles zu sehen. Jahrhunderte lang hat man Unmengen von Steinblöcken 40km den Fluss hinauf transportiert und prachtvolle Pyramidentempel errichtet. Auch wenn heute nur noch das Skelett der Anlage übrig ist, kann man dessen ehemalige Pracht erahnen.
Unter Anderem schauten wir uns das „größte Puzzle der Welt“ an – Die Aufzeichnungen der Fundorte aller Steine des Tempels fielen einem Krieg zum Opfer. Wer mehr über Angkor Wat wissen will muss den Wikipediaartikel lesen, denn das würde diesen Blogeintrag sprengen. Nach Ta Keo und Angkor Thom schauten wir uns den Sonnenuntergang vom Phnom Bakheng an. Für den Haupttempel musste ich Leeni mein durchgeschwitztes T-Shirt leihen, da keine Schulterfreien Kleider oder Wickeltücher erlaubt waren. Trotz Müdigkeit hatten wir sehr viel Spaß, da wir uns bestens verstanden haben und es auf dem riesigen Gelände immer wieder etwas neues zu entdecken gab. Angkor Wat stimmte mich nachdenklich, gehören doch solche Anlagen zu den wenigen Dingen, die man auch 3000 Jahre später nicht mit einfacheren Mitteln reproduzieren kann. Zu viele Lücken der Wissenschaft, die die Menschen sich mit Religion erklären wurden bis heute geschlossen. Nicht mal ein Zwanzigstel des Aufwandes, welchen man heute im Vergleich zu damals vielleicht zur Errichtung einer derartig gewaltigen Anlage brauchen würde, nehmen die Menschen auf sich. Wie das wohl in weiteren 2-3000 Jahren aussieht?




Die Busfahrt von Siem Reap nach Bangkok war ähnlich abenteuerlich wie die vorhin beschriebene. An der Grenze wurde uns ein blaues Viereck aufs T-Shirt geklebt und wir wurden ein wenig wie Schafe behandelt. Wir standen stundenlang in Warteschlangen, während andauernd Schweinetransporter und total überladene Handkarren an den Menschenmassen vorbei zogen. Etliche riesige Schilder weisen darauf hin, dass Drogenschmuggel mit dem Tod bestraft wird. Mehr oder weniger zufällig hat man Leeni und mich in Thailand wieder aufgesammelt und wir teilten uns schließlich ein Zimmer in meinem alten Hostel, welches ich ja schon beschrieben hatte. Sie fliegt am nächsten Tag nach hause, und ich besorge mir ein Busticket nach Koh Tao für den nächsten Abend. 6 Uhr, das sollte doch machbar sein.





Der Tuktukfahrer schiebt unser Gefährt an dem äußersten Fahrstreifen vorbei, was der Gegenverkehr mit lautem Hupen verurteilt. Immer wieder schlägt er mit grimmiger Miene in die Luft vor seiner Windschutzscheibe. Erneut versucht er, den Preis zu erhöhen. „My friend, today 150!“ -“Nooo, we said 120...“. Als wir endlich an der Khao San Road ankommen ist es schließlich kurz vor 7. Der Bus ist wohl längst weg, und falls nicht werde ich bestimmt nicht hungrig einsteigen -Man lernt ja dazu. Ich kaufe mir nach einem Snack ein neues Ticket und genieße in den letzten Stunden vor der Abfahrt das rege Treiben in der Metropole. Der Fluss ist hell erleuchtet und bunt blinkende Schiffe spielen laute Musik, während unzählige Himmelslaternen in die Dunkelheit hinaufsteigen. Der Bus brachte mich schließlich über Nacht zur Fähre nach Koh Tao, wo ich heute morgen angekommen bin. In Kürze gibt es noch eine kleines Fazit der Stray-Reise, bevor ich dann wahrscheinlich schon aus Australien von meiner letzten Woche in Asien berichten werde.

Greez, Flo

23. November 2012

Quer durch Laos

Hallo! Hier ist wieder euer Lieblingsblogger! Ihr wisst schon, der komische Vogel der barfuss durch den Dschungel wandert und so. Ich bin wieder einige Tage unterwegs gewesen und kann nun endlich den trostlosen Krankenhausbericht eine Etage nach unten verschieben und durch Eindrücke aus dem zentrallaotischen Abenteuerland ersetzen.

Tubing in Vang Vieng
Ab 17Uhr gabs sogar Strom
Bud the Butterfly
Nach ungewollt langem Aufenthalt in Luang Prabang ging es also nach Vang Vieng, auch bekannt als der Ballermann Asiens. Wenn in deutschen Medien von Laos die Rede ist, dann geht es fast immer um diesen Ort, wo jährlich viele Leute beim Tubing ums Leben kommen. Man leiht sich einen LKW-Schlauch, lässt sich einige Kilometer flussaufwärts karren und treibt anschließend zurück in Richtung Vang Vieng. Auf dem Fluss ist überall Party, am Ufer gibt es zahllose Bars mit lauter Musik, tanzenden Menschen, Rutschen und Schwingseilen. Das dachte ich zumindest, den all das ist Vergangenheit. Zu viele Menschen sind nach zu vielen „Happy Shakes“ dort gelandet, wo einer der scharfkantigen Felsen unter der Wasseroberfläche lauert. Alle Bars sind daher genau so dicht wie deren Besucher zuvor, und Verstöße werden streng geahndet. Party gibt es immer noch, nur halt nicht direkt am Fluss. Einige Leute nehmen sich daher entsprechend viel „Proviant“ mit auf den Weg. Zunächst war ich traurig, das rege Treiben an diesem legendären Ort verpasst zu haben. Andererseits war mir mit meiner Lebensmittelvergiftung sowieso nicht nach Party, und das entspannte Tubing gibt dem ehemaligen Aussteigerparadies einen Teil seines verlorengeglaubten Charmes zurück. Wir hatten jedenfalls jede Menge Spaß und lernten sehr viele Leute kennen. Zusammen mit einer anderen großen Gruppe bildeten wir eine Art Riesenfloß, was an jedem Brückenpfeiler hängen blieb. Ab und zu hieß es „Ass-rock!“, wenn mal wieder ein Felsen das geliebte Sitzfleisch tangierte. Ein Wonneproppen Mädel aus Australien hatte Pech – ihr Schlauch platzte, und sie rutschte ohne ihn über den Rest der Felsen.
Die Blue Lagoon verdient ihren Namen
In Vang Vegas blieb ich 3 Tage, die ich größtenteils zum Entspannen nutzte. Ich teile mir seitdem ein Zimmer mit dem gigantischen Schotten Calum, der sich aufgrund seiner Haarfarbe bei jedem „ginger tea“ von irgendwo einen Spruch einfängt. Zusammen mit 2 Mädels aus England hingen wir den ganzen Tag in einem Bungalow am Fluss ab oder fuhren zur „Blue Lagoon“, eine Oase am Rande des Dschungels. Während Calum und Jessica sich ein Tuktuk teilten (Charlotte lag mit Lebensmittelvergiftung im Bett) konnte ich es allerdings nicht lassen, mir für den beschwerlichen Weg ein Fahrrad zu leihen. Eine knappe Stunde fuhr ich bei prallem Sonnenschein über unbefestigte Straßen und lieferte mir bergauf ein Wettrennen mit einem hyperaktiven Büffel, welches ich aber nicht für mich entscheiden konnte. Später war ich noch in einer laotischen Disco und habe Hochzeitsringe aus Bieretiketten gebastelt, aber das ist eine andere Geschichte.
Auf dem Weg nach Vientiane hielten wir noch bei einem Park mit einer Tropfsteinhöhle, wo sich ein Schmetterling auf meine Hand setzte und ein halbes Stündchen dort verweilte. Wir hielten ein weiteres Mal in einem „Restaurant“ mitten im Nirgendwo, und mir kam der schreckliche Gedanke, dass das Wort Reise womöglich von Reis abstammen könnte.

Jessica, Calum, Floorboard, Charlotte

Auf dem Weg zur Blue Lagoon
Eingang zu einer der Höhlen
iam rich, bitch
Völlig traumatisiert musste ich mir in Vientiane daher ein ordentliches Steak mit Pommes besorgen. Das war gut! Vorher wollte ich allerdings auf eigene Faust losziehen und in der hektischen Hauptstadt noch ein Geschenk besorgen. Das war jedoch gar nicht so einfach, da absolut keine Karte aufzutreiben war und jede Straße irgendwie gleich aussah. Ich machte also für den Notfall einfach ein Foto vom Leuchtschild des Hotels und zog los. Ich wollte in einen Kramladen gehen und rannte erstmal stilecht gegen die Tür, da diese unerwarteterweise verschlossen war. Ein Laote öffnete mir und mir wurde bewusst, dass ich gerade in sein Wohnzimmer laufen wollte. Klingt dämlich, aber der Kerl hatte mehr Kram in seinem Zimmerchen als Vivo zur Weihnachtszeit und große Glasfenster. Als wäre das noch nicht peinlich genug rennt er direkt los um seine Frau zu holen, da er etwa so gut Englisch sprach wie ich Lao. Die Arme kommt schließlich total verpennt im Nachthemd runter, um mir den Weg zu einem anderen Laden zu deuten. Drei Stunden später wurde es langsam dunkel und ich fand weder das gesuchte Geschenk, noch mein Hotel... egal, da vorne ist ein Frisör! Endlich kann ich meine Matte loswerden! Es stellt sich heraus, dass die Mitarbeiter nur ein einziges englisches Wort kennen: Haircut. Während die Laotin versuchte all den Dschungeldreck aus meinem Schädelbewuchs zu massieren, fragte ich mich bereits wie ich wohl mit einer Glatze aussehen würde. Vermutlich recht glatzköpfig.Die Laotin schaut mich schließlich fragend an, während sie mir ihre Schere unter die Nase hält und mit der anderen Hand abwechselnd 2,3 oder 4 Finger zeigte. Nach einigem Gestikulieren war klar, dass sie die Länge wissen wollte, aber ich wusste nicht ob es darum geht wie viel weg kommt oder wie viel stehen bleibt. Also schätzte ich einfach die Hälfte meiner Haarlänge und hoffte, den Laden nicht mit Irokesenschnitt verlassen zu müssen - Das Ergebnis war sogar ganz gut.
Leider half mir das nun wieder größere Sichtfeld aber nicht dabei, mein Hotel wiederzufinden. Ich zeigte mehreren Leuten das Foto auf meiner Kamera und fand schließlich einen Tuktukfahrer, der angeblich wusste wo ich hinwollte. Natürlich wollte er nur mein Geld, was er jedoch nicht bekam, da er mich vor irgendeinen Puff gefahren hat der nicht ansatzweise aussah wie mein Hotel. Ich irrte weiter durch die Straßen und fand ein kleines Mädchen mit Laptop auf dem Bürgersteig, offensichtlich nutzte sie das Wifi des örtlichen Restaurants. Es muss ziemlich merkwürdig ausgesehen haben, wie ich mich stumpf zu ihr setzte, das Foto zeigte und immer wieder auf den Laptop deutete. Völlig perplex gab sie mir das Gerät und ich schaffte es trotz asiatischer Tastatur irgendwie, eine Karte von Vientiane zu öffnen und fand tatsächlich die Straße, die auch auf dem Hotelschild stand. Na also, war doch gar kein Problem. Wer braucht schon Stadtpläne!
Mit allen 12 Leuten gingen wir abends in eine Bar auf einem Dach mitten in der Stadt. Bars und Clubs sind in Asien irgendwie generell viel besser als in Deutschland. Charme, Gemütlichkeit und Individualität anstelle nackter, langweiliger Tischreihen. Kostenloses Billard und Internet sind selbstverständlich und zu einem leckeren Beerlao (640ml) für etwas mehr als einen Euro sagt man auch eher selten nein. Entsprechend verkatert besuchten wir am nächsten Morgen einen dreckigen goldenen Klotz, der angeblich das wichtigste Gebäude des Landes ist und daher auf jedem Geldschein zu sehen ist. Und dass sind nicht wenige, denn Münzen gibt es in Laos nicht.

Die folgende Nacht sollten wir in einem Dschungelcamp verbringen. Beim Wort „Dschungel“ höre ich meine erst kürzlich erworbenen Flipflops im Rucksack vor Angst erstarren, aber es ist keine Wanderung geplant. Der kleine Bus quält sich über die enge, holprige Straße und wir erreichen ein schnuckeliges Häuschen, direkt an einem weitläufigen Fluss gelegen. Unzählige Schmetterlinge flattern durch die gnadenlosen Sonnenstrahlen, um sich auf einen der ausgewaschenen Felsen im Flussbett zu setzen. In der Regenzeit würde er so viel Wasser führen, dass ein Bad an dieser Stelle nicht möglich wäre. Wäre! Der Wasserfall zieht uns magisch an und sollte uns für die nächsten Stunden nicht mehr loslassen. Der Wasserdruck ist gewaltig und es wird zu einer Mutprobe sich an die Stelle heranzuwagen, an der der Großteil des klaren Wassers auf den flachen Steinboden trifft. Ich kann es natürlich nicht lassen und wage mich als Erster ins Epizentrum. Das Wasser ist so kräftig, dass es den Oberkörper nach unten drückt. Wenn das passiert drückt der Strahl auf den nach vorne gebeugten Rücken und man schießt regelrecht nach vorne und rutscht oder rollt einige Meter über den Boden. Ergebnis: Spaß gehabt aber Schramme am Hintern. Das polarisiert die Gruppe – hier trennt sich die Spreu vom Weizen! Wir wandern durch das Flussbett, fangen Fische mit Taucherbrillen und genießen den Wasserfall bis es dunkel wird. Nach dem Abendessen (Reis mit Tier) setze ich mich mit Tom und ein Paar Bier an den Fluss und wir quatschen bis tief in die Nacht. Trotz akrobatischer Höchstleistungen und dem Einsatz diverser hölzerner Gegenstände schaffen wir es aber nicht, das Mosquitonetz aufzuhängen. Am nächsten Morgen habe ich daher eine Ameise im Ohr, die ich nicht heraus bekam. Wo will denn die hin? Ich kann die seltene Ehre, eine Ameise krabbeln hören zu können nicht genießen und schlage mir solange Wasser ins Ohr, bis Ruhe ist.

Nach langer Fahrt durch atemberaubende Landschaft erreichen wir schließlich die Konglor Cave. Zunächst müssen wir einen Fluss überqueren und einen großen Berg lockeren Gerölls hinabsteigen, was besonders für Tom eine Herausforderung war, da er von Geburt an einen verkümmerten rechten Fuß hat und die Steine glühend heiß waren. Zehn Meter weiter war ein Haufen Laoten damit beschäftigt eine Treppe so in den Berg zu betonieren, dass es jedem Architekten ein schmerzhaftes Stöhnen entlocken würde. Wir erreichen die angenehm kühle Höhle und setzen uns in alte, hölzerne Langboote. Bis vor wenigen Jahren war das Ausmaß der Höhle nicht bekannt, da sich keiner der Einheimischen weit in das 7km lange, dunkle Loch getraut hat. Die Fahrt durch die Höhle ist überwältigend. Wasser tropft von der Decke und man hört Fledermäuse, und der monströse Scheinwerfer im Bug des Bootes versucht vergeblich, das gigantische Naturwunder zu erfassen. Das Wasser ist flach, und ab und zu müssen wir aussteigen um das Boot ein Stück zu ziehen. Große Felsbrocken haben sich im Laufe der Jahre von der Decke gelöst und versperren den Weg. Wir laufen durch ein Meer aus Stalaktiten und Stalakmiten, die teilweise miteinander verschmolzen imposante Säulen gebildet haben. Zurück im Boot versuchen alle, die unvergleichliche Atmosphäre mit der Kamera festzuhalten. Keine Chance, zu groß und zu dunkel. Das Boot fährt weiter und weiter, und die Höhe der Höhle variiert abschnittsweise zwischen 2 und ca. 80 Metern. Wir überholen das vorausfahrende Boot, welches im Kies stecken geblieben ist und der Laote hinter mir schöpft das Wasser aus dem alten Boot. Wo in Deutschland eine TÜV-geprüfte Schöpfkelle mit gummiertem Haltegriff in ergonomischem Design zum Einsatz käme nimmt man in Laos einen mittig durchgehackten Ölkanister – Der tuts auch. Man kann bereits die Sonnenstrahlen des Höhlenausgangs erkennen, als uns eine schwierige Passage zum Aussteigen zwingt. Vorsichtig setzen wir einen Fuß vor den Anderen, da im rutschigen Boden oft tiefe Löcher auftauchen. Die Laoten ziehen die Boote mit vereinten Kräften den Strom hinauf, wobei Eines außer Kontrolle gerät und mitsamt Motor untertaucht. Ein anderes Boot hat die Truppe versehentlich abtreiben lassen, und jemand schwamm hektisch hinterher. Wir gönnten uns eine lange Pause, bevor es zurück zum Eingang ging. Es gibt leider kein brauchbares Bild von der Höhle, aber die Atmosphäre tief im Inneren des Berges in alten Holzbooten durch die Dunkelheit zu treiben ist einmalig. Solltet ihr mal nach Laos kommen und von all den Höhlen eigentlich schon die Schnauze voll haben, macht noch eine Ausnahme.

Sonnenuntergang in Thakhek
Kalaoke fül Splachgestölte Leisflessel
Bei Thakhek hielten wir am „green climbers home“, ein weit abgelegenes Kletterparadies. Ein deutsches Paar hat sich hier ihren Traum verwirklicht und diesen Ort von Beginn an aufgebaut. Beeindruckend! Ich unterhielt mich lange mit ihnen und genoss die frischen Fruchtshakes. Sollte ich nochmal in die Gegend kommen werde ich dort ein paar Tage verweilen und mit Slingrope bewaffnet ein paar Berge erobern. Wenig später erreichten wir einen recht konträren Ort – unsere Unterkunft für die Nacht in Thakhek. Das Zimmer stank und es waren überall Mosquitos, da es direkt am Mekong lag und die Schutzgittern an den „Fenstern“ löchrig, verborgen und locker waren. Der alte Fernseher hing mitsamt scharfkantigem Gestell in Kopfhöhe mitten im Gang, weshalb mein Eierkopf nun ein Pflaster mit sich herumträgt. Da es die teuerste Unterkunft seit Tagen war wurde ich etwas stinkig. Ich riss ein Stück Fensterrahmen mit halbem Schutzgitter aus der morschen Schalung, ging damit zur Rezeption und hielt es der verdutzten Laotin unter die Nase. „New Loom, Sir??“ -“New room.“ Letztendlich war aber kein anderes Zimmer mehr frei, und ein Tausch mit dem Tourguide war uns auch zu blöde, weshalb Calum und ich schließlich dort blieben. Ich befestigte mein Mosquitonetz an meinem Seil, welches ich irgendwie an Kabel geknotet quer durch den Raum spannte. Künstlerisch wertvoll!


Gestern besuchten wir einen See mit heiligen Schildkröten und die „Bibliothek“ - ein kleiner Raum auf Stelzen im Wasser – in dem alle buddhistischen, auf Palmenblättern geschriebenen Schriften verwahrt werden. Wir liefen über einen Dorfmarkt, wo Schweineköpfe und Farbeimer voll Suppe zum Verkauf geboten wurden. Mit allem Gepäck balancierte ich über eine extrem wackelige Brücke. Außer mir und unserem laotischen Tourguide Tar traute sich das aber niemand, weshalb der Rest der Gruppe durchs Wasser watete. Um in das Dorf zu kommen, in dem wir übernachteten, mussten wir schließlich noch ein Stück durch den „Monkey Forest“ laufen, in dem ein Affe versuchte meine Tüte mit Pilzen für das Abendessen zu klauen. Bis auf ein Riss in der Tüte und einem beleidigten Äffchen lief jedoch alles gut. Wir hatten zwei große Tüten Bananen dabei, die wir schließlich an die unzähligen Tiere verfütterten. Die Nacht verbrachte die ganze Gruppe nach unzähligen mehr oder weniger anspruchsvollen Trinkspielen gemeinsam in einer der Hütten. Die lange Busfahrt heute nutzte ich zum Blog schreiben, wenn ich nicht gerade damit beschäftigt war Holland und England in sämtlichen Kartenspielen zu schlagen, die ihnen einfielen. „germany wins everything but world wars“ -Das lag wahrscheinlich daran, dass ich zu viel Kram auf dem Nachtmarkt gekauft habe, was angeblich Glück bringen soll. Naja, vielleicht hätte ich nicht so viel feilschen dürfen, ich habe schließlich immernoch einen Abdruck vom Fernseher vor meinem linken Ohr. Wir stoppten noch bei einem mächtigen Wasserfall in der Nähe, wo wir eine Runde Schwimmen gingen und erreichten eben schließlich Pakse, was übersetzt Flussmündung heißt. Und jetzt muss ich mich sputen, da wir gleich zusammen Essen gehen. Danke für die vielen Mails!

Florian

P.S.: Habe mich etwas verspätet. Möchte doch noch eine Ausnahme bezüglich der generell besseren Bars hinzufügen: Laotische Karaokebars gehören definitiv nicht dazu! Gute Nacht :-)


HDR von der Landschaft bei Tad Leuk


16. November 2012

Ein Tiefpunkt


Hello again,

Eigentlich sollte es noch ein wenig dauern, bis der nächste Bericht kommt. Aber es kam mal wieder alles anders, und irgendwie passend zum bisher erlebten auch extremer als erwartet. Daher gibt es hier nun einen kleinen, Bilderlosen Bericht über meine bisher schlimmsten Tage seit langem. Ich bin ja mal gespannt, wann ich auch mal „normale“ Dinge erlebe hier!

Während ich am Montag spät abends den letzten Bericht schrieb und nebenher mit meinem Bruder per Skype geredet habe, fühlte ich mich schon ein wenig merkwürdig. Ich machte mir nicht viel daraus, da ich am Mittag schon Magenprobleme und kleinere Bauchkrämpfe gehabt hatte. Es wurde aber ein wenig besser, und abends habe ich mich mit Tom und Else in einem belgischen Restaurant kugelrund gegessen -bisher blieb auch alles da, wo es hingehört. Ein wenig später jedoch sah das anders aus, und ich fühlte mich so beschissen wie das Klo alle 30 Minuten. Je länger die Nacht wurde, desto schlimmer wurde es. Ich musste mich andauernd übergeben, und die Toilette wollte mehr und mehr. Sie war auch dann noch nicht zufrieden, als es gar nichts mehr gab was ich ihr hätte geben können. Ich kam mir vor wie ein alter hässlicher Springbrunnen, der irgendwo in einem bewucherten Park steht und langsam den Geist aufgibt. Irgendwann kam nur noch Wasser aus allen Löchern bis auf die Ohren. Ich weiß, ihr schätzt meine Detailverliebtheit! Das schlimmste daran war, dass ich die ganze Zeit wahnsinnig müde und erschöpft war. Jeder Schritt fiel mir schwer, und wenn ich weiter als fünf Meter am Stück ging drohte die Ohnmacht. Zudem war ich permanent durstig und konnte nur an Wasser denken, doch wenn ich welches Trank bereute ich es wenig später. Ich hatte Angst Malaria zu haben, da es genau solche Symptome aufweist. Medikamente konnte ich aber keine nehmen, da sie nicht drin bleiben würden. Nachts um 5 oder 6 war es schließlich so schlimm, dass ich irgendetwas unternehmen musste.

Ich sitze also wie in Trance vor meiner gehassten Toilette und versuche einen klaren Gedanken zu fassen, während ich mit der Stirn auf der Klobrille abgestützt vor mich hin wimmere. Ich bin kaum noch wach und habe Angst, irgendwann als halb verwester Sensationsfund einer Dorfnutte zu enden, die nach mir das billige Zimmer mieten würde. Ich habe wahnsinnigen Durst – Ist das Malaria? Ich suche schließlich mein Portemonaie und meinen Reisepass und krieche auf allen Vieren zu meiner Zimmertür. Ich könnte jetzt versuchen zu Tom und Else zu kommen, doch die 20 Meter erscheinen mir unschaffbar. Ich trete also einfach mit dem Fuß gegen die gegenüberliegende Zimmertür und warte auf die Reaktion. Die Tür geht auf und direkt wieder zu, da mich unten auf dem Boden wohl niemand gesehen hat. Also nochmal treten. Diesmal sieht mich Simon aus England, den ich allerdings nicht erkannte, obwohl ich am Vorabend ein paar Worte mit ihm gewechselt habe. „Sorry. Help please. Hospital.“ Seine Frau sitzt halb nackt auf dem Bett und guckt mich an wie ein Alien. Simon ist aber sehr hilfsbereit, er zieht sich schnell etwas an, stützt mich bis auf die Straße und besorgt ein Tuktuk. Auf der schaukeligen Ladefläche des Dreirades schließe ich die Augen und versuche, mich nicht zu übergeben. 
Schließlich kommen wir an, und ich gebe Simon mein Portemonaie zum bezahlen. Es erübrigt sich wohl zu sagen, dass der Preis für die Fahrt viel zu hoch war. Normalerweise verhandle ich bei Allem im Laos, da die vorgeschlagenen Preise mindestens 100% zu teuer sind. Aber davon bekomme ich nichts mit, und wenn doch könnte ich sowieso nicht reden. Ich krieche ins „Krankenhaus“, welches sich als Baustelle entpuppte. Ich hocke im Bauschutt, mit dem Kopf auf einem alten Nagelbalken, während ein Laote eine große Gasflasche wenige Zentimeter von mir entfernt über den unebenen Boden schleift. Aua. Das war der absolute Tiefpunkt – Schwer krank und alleine am Arsch der Welt, elendig und hilflos fremden Menschen ausgeliefert, die in ärmsten Verhältnissen leben und kaum mit mir reden können. Kein schönes Gefühl.

Man steckt mich in ein abgelegenes Einzelzimmer und führt diverse Untersuchungen durch, an die ich mich nur schwer erinnern kann. Simon erzählt mir später, ich hätte andauernd nach Wasser gefragt -zunächst auf deutsch. Ich bekomme auch welches, allerdings salzige, mit Elektrolyten versetzte Brühe. Jummi. Ich bekomme eine Infusion, während ein alter Gummihandschuh um mein Handgelenk geknotet dessen Blutzufuhr stoppt. Wenn ich den laotischen Arzt richtig verstanden habe soll ein Bluttest gemacht werden, der nur 15 Minuten dauert. Die Ärzte verschwinden und gespannt warte ich auf das Ergebnis. Hab ich Malaria? Die nächsten 6 Stunden sollte niemand mehr den Raum betreten. Ich sehe Blutspuren an der Wand. Simon war mittlerweile auch gegangen, was aber absolut in Ordnung ist, und ich beginne meinen Marsch mit dem Infusionsgefährt in Richtung Toilette. Rechts klingt gut. Immernoch totmüde ist es wirklich anstrengend, dieses 5kg schwere Gerät zu tragen, da man es auf dem Rohbauboden nicht rollen konnte. Ich finde schließlich ein Loch im Boden. Das muss die Toilette sein, denn daneben steht ein Wasserfass mit Kelle, welches in Laos oft als Spülung dient. Es gibt zwar kein Waschbecken, aber das ist mir im Moment auch egal.
6 Stunden später ist meine Infusion fast aufgebraucht und ich rufe eine Laotin vom Gang zu mir, um ihr das zu zeigen. Schließlich kommt eine neue Ärztin, befreit mich mit fragwürdiger Methode von meiner Flüssignahrung und deutet in Richtung Ausgang. Da stehe ich also total verpeilt vor dem Krankenhaus in der knallenden Sonne und suche ein Tuktuk, als mich mehrere Krankenschwestern lachend zurück rufen. „Come back, mister!“ Was solls, zurück ins Paradies. Ich musste noch bezahlen und bekam jede Menge Elektrolytpulver und Antibiotika, und es wurde noch einmal mein Blutdruck gemessen, da mein äußeres Erscheinungsbild dazu veranlasste. Ein „thirty.“ meinerseits reichte schließlich aus, um die Fahrtkosten für den Rückweg zu halbieren und ich verbrachte den restlichen Tag im Bett.

Das alles klingt nach einem Erlebnis, auf das man auch besser hätte verzichten können. Tatsächlich hätte ich es mir ein wenig harmloser gewünscht, aber zu einer langen Reise gehören eben auch negative Erlebnisse dazu – das war mir vorher klar. Mittlerweile geht es mir wieder besser und ich bin in Vang Vieng, dem Ballermann Asiens. Hier muss ich nun für weitere 3 Tage aussteigen, da ich im Krankenhaus meinen Bus verpasst habe und der letzte nur bis Vientiane durchfährt, wo es nicht viel zu sehen gibt. Mir bleiben also später noch höchstens 9 Tage, um von Bangkok nach Singapur zu kommen, was sehr ärgerlich ist. Die ursprünglichen 13 Tage waren mir schon zu wenig. Vielleicht kann ich ja einen späteren Flug nehmen, mal sehen. Erstmal muss ich wieder komplett gesund werden und die schönen Seiten von Laos genießen, zum Beispiel Tubing -mehr dazu im nächsten Bericht. Sabaidee,

Florian


Ein Bild gibt es doch noch - Die Landschaft auf dem Weg nach Vang Vieng. Links ist die Straße zu sehen, die sich am Abhang entlang durch die Weiten der Himalaya-Ausläufer schlängelt.

12. November 2012

Berge und Zwerge

Hallöchen!

Nach meiner Dschungelexpedition musste ich erstmal meine bemitleidenswerten Füße hochlegen und ein Paar organisatorische Hürden meistern, da Stray während meiner Expedition den Fahrplan geändert hat, der aber natürlich noch nicht online war. Zunächst war ich davon nicht begeistert, da die lange Bootsfahrt auf dem Mekong somit Geschichte war, aber später hat sich dieser Umstand als Glücksfall herausgestellt. Am Mittwoch morgen stürmte die Rezeptionisten in mein Zimmer, nahm mich wie in Asien üblich an die Hand und führte mich auf den Balkon, um mir den neuen Stray-Tourguide auf der Straße zu zeigen. Was, jetzt schon? Da ist aber was schief gelaufen. „Are you Förri-Jään?“ -“Yes!“ -“The bus is over there, i give you one minute!“ Shit. Ich rannte also zurück, schmiss hektisch alle Sachen irgendwie in die Rucksäcke und hechtete humpelnd zum Bus, wo ich erstmal Applaus bekam und drei Reisschnäpse auf nüchternen Magen als Strafe für meine Verspätung trinken musste, bevor ich das Missverständnis aufklären konnte. Die neue Straygruppe war deutlich größer und bis auf meine Lieblingsholländer Else und Tom, die ich hier wieder traf ausschließlich englischsprachiger Herkunft.

Sicht von meinem Schlafplatz
Essen mit der Gastfamilie
Im Einklang mit der Natur
 Den folgenden Abend und die Nacht verbrachten wir als Homestay in einem sehr zurückgebliebenen Dorf irgendwo in der Nähe von Luang Namtha. Es war ein absoluter Glücksfall, da wir die Ersten auf der Route und somit auch die Ersten waren, die das abgelegene Dorf besuchen. Die Dorfbewohner dort hatten niemals zuvor Besuch von Weißen, weshalb alles sehr aufregend und neu war. Als der kleine orangene Straybus auf den Dorfplatz fuhr, standen dort an die 50 Bewohner, fasziniert und verängstigt zugleich das komische Gefährt musternd. Sie waren sehr schüchtern und trauten sich kaum näher als 5 Meter an uns heran. Nach und nach wurde Ihnen bewusst, dass wir auch nur Menschen sind und es kamen spärliche Gespräche zustande. Horden kleiner Kinder, für die wir zuvor ein wenig Spielzeug gekauft hatten wollten immer wieder fotografiert werden und die Fotos sehen. Abends kam ein Laote in das Haus der Familie, bei der ich untergebracht war und gab mir schüchtern die Hand. Er konnte ein paar Fetzen Englisch und sagte, draußen würden ein paar Freunde von ihm warten, die sich aber nicht herein trauen. Ich ging mit ihm raus und gesellte mich zu ihnen, was sehr interessant war. Es gab ein großes Mahl auf dem Boden des Balkons, bevor wir zum Fluss, der auch gleichzeitig Waschplatz und Pool war gingen und am Lagerfeuer laotische Lieder sangen. Auch dort stand wieder das halbe Dorf in zweiter Reihe im Dunkeln und musterte uns wie Aliens. Ich fand es toll, für einen Tag in einem solch unberührten Dorf leben zu können. Frauen weben Sarongs an uralten Webstühlen oder kratzen die Haare von gegrillten Ratten, die dann später auf dem Teller landen. Männer bauen mit 20 Leuten einen Sarg für eine Frau, die wohl bald das Zeitliche segnen wird und eine Ecke weiter wird fleißig illegaler Schnaps in alten Fässern auf Lagerfeuern gebrannt. Die Familien leben in Hütten, die auf Stelzen stehen und lediglich aus einem großen Raum bestehen. Ich schlief also zusammen mit 4 Mädels aus England auf einer großen Decke bei einer der Familien, bis wir morgens von einem Schwein geweckt wurden, was im Hof stand und anscheinend schlecht geträumt hatte. Der Homestay war sehr faszinierend, es ist beeindruckend mit wie wenig Leute auskommen können.
Jummi jummi jummi
Baden im Fluss


Am Donnerstag stand eine lange Busfahrt auf dem Programm. Wir mussten bereits um 11 Uhr zu Mittag essen, weil es in den folgenden 6 Stunden absolut nichts gab, wo man hätte anhalten können. Stundenlang cruiste unser Straybus am Abhang entlang durch zurückgebliebene Dörfer in den laotischen Gebirgen, wobei die Straße dermaßen schlecht war, dass die 4 Moppelchen auf der Rückbank ab und zu mit dem Kopf an die Decke hüpften. Ich bezog schließlich einen kleinen Holzbungalow mit Blick auf den Mekong in Nong khiaw und wir machten uns auf den Weg zu einer Höhle, in der während des Krieges über 100 Menschen zehn Jahre lang Zuflucht gesucht hatten. Einer von ihnen war dabei und hat uns seine Erlebnisse hautnah vermittelt, was sehr interessant war. Die Amerikaner haben versucht, die Bewohner mit dem Qualm von Chillischoten aus der Höhle zur jagen, um sie dann draußen zu erschießen. Alleine auf Laos wurden mehr Bomben abgeworfen als auf Europa in beiden Weltkriegen zusammen, und die Blindgänger sind in vielen Gebieten auch heute noch ein großes Problem. Wir besuchten schließlich noch mehrere abgelegene Dörfer, und in einer Hütte traf ich einen Kriegsveteran mit sehr provisorischem Holzfuß. Die laotischen Dörfer variieren in ihrer Kultur, je nachdem wie hoch es gelegen ist. Wir besuchten Eines, in dem die Frauen all die Arbeit erledigen, während die Männer den ganzen Tag zuhause rumsitzen und Opium rauchen. Außerdem hat ein Mann stets mehrere Frauen zur Verfügung, denn wenn er sich eine junge Frau schnappt und mit ihr wegrennt, und ihre Eltern es nicht schaffen ihn einzuholen darf er sie in seine Sammlung aufnehmen. Klingt komisch, ist aber so. Das sollte man mal in Deutschland einführen! Abends hatte ich noch einen sensationellen gegrillten Fisch, selbstgemachte Fritten, einen frischen Fruchtshake und 3 große Bier für insgesamt etwa 7 Euro, während der Besitzer des Hotels lauthals laotische Lieder auf seiner Gitarre vortrug.

Meine Unterkunft in Nong Khiaw

Auf dem Weg gen Süden besuchten wir noch die Pak Ou Cave, die ich jetzt nicht sonderlich spektakulär fand. Ein Loch im Berg mit hunderten Buddhastatuen eben. Ein kleines Longboat brachte uns von dort den Mekong hinab in das Städtchen Luang Prabang, wo ich nun seit drei Tagen „Reisepause“ mache. Luang Prabang ist ein herrlich gemütlicher Ort, alle liegen irgendwo rum und sind am schlafen. Als ich eine Abkürzung über den Hügel in der Stadt nehmen wollte musste ich erst die Frau im Kassenhäuschen wecken. Es gibt hier eine sensationelle Bar direkt am Nebenfluss des Mekong. Wir genossen günstige Cocktails auf Stoffliegen mit Blick auf den Fluss oder in individuellen Sitzecken im großen, dekorierten und dicht bewachsenen Garten. Die Bar hat außerdem ein Beachvolleyballfeld und die Kellner lernen die Namen aller Gäste. Abends kann man über den schier endlosen Nachtmarkt schlendern und diverse sinnlose Gegenstände erwerben. Kurzum, der perfekte Ort um mal 3-4 Tage auszusteigen.


Im Dreirad-Tuktuk zur Bowlingbahn
"Today no police!"
Gestern lieh ich mir einen Roller, um noch einmal zum Tat Kuang Si Waterfall zu fahren. Da sich hier niemand für überflüssigen Kram wie Führerscheine interessiert nahm ich direkt den dicken Brummer mit 140cc. Die knapp einstündige Fahrt durch die hügelige Landschaft war sehr spaßig, aber ich musste stets auf der Hut sein. Oft tauchen unter dem vorausfahrenden Fahrzeug Schlaglöcher auf, die jeden Zweiradfahrer vom Hocker hauen würden wie die Hühner bei Looping Loui. Auch sollte man nicht davon ausgehen, das alle Verkehrsteilnehmer die eigene Spur benutzen und bei den alten Holzbrücken richtet sich gerne mal eine Latte auf. Der mitgeliehene Helm bot in etwa die gleiche Sicherheit wie ein mit Panzerband um den Kopf gewickeltes Tetrapak und das Getriebe der Honda drohte bei jedem Schaltvorgang zu explodieren. Auf dem Weg musste ich einen Ungaren verarzten, der sich mit seinem pinken Leihfahrrad an einem Roller festgehalten hatte und gestürzt war. Der Wasserfall ist zurecht das beliebteste Ausflugsziel der Region. Natürliche Pools aus kaltem, türkisblauem Wasser reihen sich aneinander und laden zum Baden ein.

Ich schwinge mich in den Tat Kuang Si Wasserfall
100% integriert
Abends bin ich meistens mit Tom und Else unterwegs. Gestern nahm ich beide auf dem Roller mit, um zum Nachtmarkt zu fahren -wir sind ja schließlich in Laos! Der Nachtmarkt ist, wie auch Alles andere hier, für kleinere Menschen gemacht. Ständig haue ich mir die Birne an den viel zu tiefen Zeltstangen ein, wenn ich mal wieder durch interessante Gegenstände wie Bambusgewehre oder Freundschaftsbänder mit Hakenkreuzen abgelenkt werde. Ich war auf der Suche nach neuen Flip Flops, da meine alten aus bekannten Gründen nicht mehr das gelbe vom Ei waren. Am vierten Schuhstand fand ich schließlich endlich ein einziges Paar in Größe 45, welches ich ohne lange zu überlegen für zwei Euro kaufte. Selbst der Motorroller war zu klein, um runter zu schalten musste ich mich entweder total verrenken oder eben aufstehen.

Heute Abend werde ich schließlich meine neue Straygruppe treffen, und morgen geht es dann weiter gen Süden über Vang Vieng in die Hauptstadt des Zwergenlands. Meine Füße sind fast verheilt und ich bin bereit für neue Abenteuer! Machts gut und lasst mal was von euch hören,

Flo