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NIx geht: Der Sorryshop hat zu |
Wasser, Zucker, Farbstoff, Säuremittel,
Aroma, Koffein. Enthält Koffein. Klingt gut! Vollgepackt mit Cola,
Schokolade und Keksen wäre mein Kühlschrank wohl der Renner auf
jedem Kindergeburtstag. Aber die Energie brauche ich, denn die Arbeit
ist teilweise sehr hart. Hart, aber nicht langweilig. Ich weiß mal
wieder nicht, wo ich anfangen soll. Seit 4 Wochen habe ich Schelm nun
schon nichts mehr von mir hören lassen und viele neue Erlebnisse
warten darauf, niedergeschrieben zu werden. Mittlerweile bin ich seit
fast 2 Monaten auf der Manberry Station und war die letzten 12 Tage
komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Neben dem Supermarkt ist
Internet wohl der einzige Grund, die 1.5 Stunden Fahrtzeit nach
Carnarvon in Kauf zu nehmen. Stellt euch vor ihr fahrt nur zum
Einkaufen und Telefonieren mal eben von Trier nach Köln – verrückt
oder? Aus diesem Grund bin ich momentan eben nur selten erreichbar.
Als ich dann vorhin über den letzten Hügel vor Carnarvon gefahren
bin und plötzlich wieder Empfang hatte war mein Handy erstmal eine
Zeit lang tot – Emails, Sms, Whatsapp, Facebook und seine
Verwandten kloppen sich stets um die ersten Megabyte. Nun sitze ich
etwa 50m von einer gigantischen Bananenskulptur entfernt auf dem
Campingplatz und kratze den roten Staub von meinem Laptop.
Ich schiebe die Arbeit mal nach hinten
(das kann ich gut!) und berichte zunächst, was sonst noch so
passiert ist. Am ersten Wochenende habe ich mit Corni und Natti das
Space Center in Carnarvon besucht. Aufgrund seiner geografischen Lage
hat Carnarvon bei den Apollomissionen und bei der Beobachtung des
Halleschen Kometen eine wichtige Rolle gespielt. Das kleine Museum
war jedoch nicht wirklich überzeugend. Man wusste teilweise nicht
einmal, was dort eigentlich ausgestellt wurde. Typisch Australien
eben – Die Mädels und ich hatten trotzdem unseren Spaß.
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Mit den Mädels bei der TONNE DES TODES |
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Faaahrtwind |
In der zweiten Woche kamen Laura und
Fabian auf der Farm an. Ich hatte schon seit längerem für David
nach Wwoofern gesucht, doch im Raum "Knaawn" ist momentan kaum
jemand unterwegs. Sie kamen aus Perth und Laura sollte noch bis zu
diesem Wochenende da bleiben. Am ersten Tag stand jedoch nicht
Arbeiten auf dem Programm. Zufällig führte die „Australaisian
Safari“ Rallye durch das benachbarte Farmgrundstück und wir
setzten uns auf die Pritsche des Nissans, um zum Spektakel zu fahren.
Hat es sich am Anfang noch wie Achterbahn fahren angefühlt ist es
mittlerweile schon Gewohnheit für mich, mit 80 Sachen durch raues
Gelände zu brettern – auch auf der Ladefläche. Vor allem wenn
David mit dem Auto Rinder treibt ist es echt brutal. Stets gut
festhalten und Ducken, wenn mal wieder Äste kommen ist
überlebenswichtig. Wir erreichten ein Tor, an dem sich etwa 20
Rinder tummelten. Hier sollen also in Kürze die Fahrzeuge
durchfahren? David scheuchte die Tiere noch schnell in den
angrenzenden „Wald“, als auch schon die ersten Motorräder
angeschossen kamen. Diese Leute sind offenbar verrückt – mit bis
zu 160kmh heizen die durch Gelände, in dem öfters Draht herumliegt
und jederzeit eine Kuh auf die Straße laufen könnte. Einer hält an
und fragt uns Schulterzuckend nach dem Weg. Ein paar Quads und
Rallyeautos passierten uns noch, dann kam plötzlich lange Zeit gar
nichts mehr. Wir entschieden uns, dem Geschehen entgegen zu fahren
und trafen einen Rallyewagen. Der Fahrer erzählte uns, etwa 30
Kilometer vor uns hätte es einen Unfall gegeben. Der Motorradfahrer
sei verstorben und der Abschnitt der Rallye abgebrochen worden.
Gewundert hatte es mich nicht!
Am folgenden Wochenende trafen wir
Fabian in Carnarvon wieder, der irgendwie einen Arbeiter eines
Fischerbootes kennengelernt hatte. Der wartete dort auf ein
Ersatzteil und hatte Bier über – es gibt Schlimmeres. So
verbrachten wir den Samstag also mit anderen Reisenden und ein paar
Australiern auf dem Top Deck des Fischerbootes. Ich habe mich riesig
gefreut, als die Omi vom Campingplatz mir mein Paket in die Hand
gedrückt hat. Ich musste meine Shure SE215 in ihrem Namen bestellen,
da die Farm nur ein Postfach hat und Postfächer keine Unterschriften
geben können. Das erste mal seit Ewigkeiten, dass ich etwas
Auspacken durfte!
Letzten Samstag bin ich mit Laura
einfach zum Campen an das Wasserloch auf dem Farmgrundstück
gefahren. Zum Schwimmen lud es nicht wirklich ein, aber wir sahen
eine kleine Emu-Familie und diverse Echsen. Nachts sind ein paar
Rinder hektisch durch das Wasser gerannt. Ich erzählte es Davids
Mum, da es eigentlich nicht dem Verhaltensmuster der Tiere entspricht
zu Rennen, wenn sie nicht bedroht werden. Sie sagte, in der Sanddüne
unweit des Wasserlochs sei ein Aborigine begraben und dessen Geist
spüren die Tiere. Ich habe keine weiteren Fragen gestellt.
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Der Kollege war von der Fotosession schon leicht genervt |
So, jetzt wäre geklärt was ich so
mache wenn ich nicht gerade am Arbeiten bin. Arbeiten? Der Flo? Ja
tatsächlich, Montags bis Freitags geht jeden Morgen um 6:18 Uhr der
Wecker. Das hört sich jedoch schlimmer an als es ist – die
Sonnenstrahlen sind schon warm und kitzeln an der Nase. Kein Tag auf
der Farm ist gleich, immer gibt es irgendetwas Neues zu tun.
Da ich die einzige richtige Arbeitskraft dort bin werde ich auch so
ziemlich in Alles involviert und es entsteht kein wirklicher
„Alltag“, was mir persönlich sehr wichtig ist. Ich erzähle
einfach mal ganz dreist unchronologisch (weil ichs kann, möhöhöö!)
von den verschiedenen Arbeitsbereichen.
Zu den weniger spektakulären
Tätigkeiten gehören die Arbeiten rund ums Farmhaus. Rasen mähen,
Kanten schneiden, Laub fegen, Bewässerungsgräben bauen oder andere
Gartenarbeiten. Fahrzeuge müssen gewartet werden, so sieht man mich
auch mal die Crossmopeds ölen, einen Riemen im Nissan austauschen
oder Räder am Viehtransporter wechseln. Kühe wollen ab und zu ihr
Mineralfutter oder Heu, wenn sie eingezäunt sind und bei der
Rundfahrt auf dem Gelände der Station finden wir immer wieder
defekte Teile. Neue Bohrstangen schneiden, Gewinde drehen und mit
einer portablen (aber sauschweren) Drahtwinde an das Windrad
befördern oder nur eben den Floater in einer undichten oder
trockenen Tränke reparieren. Ich habe auch schon ein verirrtes
Känguru aus einem Stall befreit, Kälber zu ihren Müttern gelotst
und ein eingekeiltes Rindvieh aus einem Heuring gezogen. Teilweise
kann es auch wirklich anstrengend sein. Ein gutes Beispiel dafür ist
wohl letzten Dienstag, als ich mich den ganzen Tag in der prallen
Wüstensonne mit einem Handspaten durch eine Sanddüne graben musste,
um eine neue Pipeline zu verlegen. Ich bin mal arrogant genug zu
behaupten, dass ich nicht viele Leute kenne die dass so durchgezogen
hätten. Oft fahre ich aber auch nur irgendwelche Sachen durch die
Gegend oder repariere einen Elektrozaun.
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Überraschung am Starpicket |
Ich hatte ja bereits beim letzten Mal
vom Fencing berichtet. Wenn David die Farm verlässt um Diesel zu
besorgen oder andere Dinge zu erledigen helfe ich entweder seiner
Mutter oder fahre alleine ins Gelände. Aber auch Fabian und Laura
habe ich bereits in die hohe Kunst des Zaunentdrahtings eingeweiht.
Alter kaputter Draht muss nämlich aufgerollt werden. Dabei wird er
an Knotenpunkten abgeschnitten, hinten ans Quad gesteckt und zum Ute
mit der Spindel gezogen. Mancher Draht ist so alt, dass er überall
Knoten hat und mit den Pflanzen verwachsen ist – andauernd muss man
zurück rennen und die hakende Stelle finden. Dementsprechend bekommt
der Draht englische und deutsche Schimpfwörter aller Art zu hören.
Die Chance dass er beides versteht ist aber nicht schlecht, da es
sich oftmals noch um deutsche Kriegsschulden handelt. Die Vegetation
in der Zaunlinie wird niedergebrannt, damit der Zaun nicht mit den
Jahren einwächst. Mit einem brennenden Grasbüschel rennt man dafür
am Zaun entlang – man sollte nur aufpassen, dass der Brand nicht
außer Kontrolle gerät. An den Armen und Beinen sehe ich schon aus
wie ein gerupftes Huhn, ein kurzer Windstoß hatte dafür genügt. Im
Weg stehende Bäume werden mit der Kettensäge zerkettensägt. Ab und
zu sehe ich eine Art sandige Windrose, bei den Locals „Billy Billy“
genannt – sehr imposand imposant. Auch frische Schlangenspuren sind
keine Seltenheit, doch bisher hatte ich Glück. Das Extreme am
Arbeiten im Gelände ist nämlich die Abgeschiedenheit. Sollte ich
eine Panne haben oder Irgendetwas passieren bin ich auf mich Alleine
gestellt. Den bis zu 40km langen Weg zum Farmhaus durch die Wüste
sollte ich mir stets merken. Um 5 Uhr Nachmittags muss ich spätestens
zurück sein, ansonsten ist man auf der Farm in Alarmbereitschaft.
Dann kann ich nur hoffen, dass irgendwer die frischen Reifenspuren
abfährt, um mich zu finden.
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Rinder treiben |
Richtig heftig sind die Fahrten mit dem
Crossmoped. Das fahrende Ersatzteillager unter meinem Hintern hat
mehr Power als erwartet – ob 200ccm oder 400ccm macht dabei keinen
Unterschied, da das Hinterrad auf sandigem Untergrund so oder so
durchdreht. Die Bodenbeschaffenheit macht die ganze Sache auch sehr
gefährlich. Davids Vater ist in jungen Jahren mit einem
Geländemotorrad verunglückt, weshalb Misses Gooch die ganze Station
mit 3 kleinen Kindern alleine geschmissen hat, was sehr beeindruckend
ist. Ohne gutes Gleichgewicht haut es Einen sofort von der Maschine,
wenn diese mal wieder zu schlingern beginnt. Beim Anfahren gibt es
einen Ruck wie im französischen Ankerlift. Keine gute Grundlage für
Jemanden, der noch nie richtig Motorrad gefahren ist. Oft lauern
Drahtreste auf dem Weg, die sich in den Rädern verfangen können.
Sanddünen können nur mit viel Anlauf bewältigt werden. Das ganze
hat mit normalem Motorradfahren wirklich nichts mehr zu tun! Zusammen
mit David und Cyne, der mal wieder zu Besuch war habe ich eine Herde
Rinder quer über das Gelände zu einer präparierten Wasserstelle
getrieben, wo diese gesammelt und verladen werden. Dabei muss man
seitlich und hinter den Tieren in Schlangenlinien fahren und
ausbrechende Tiere zurückholen. Teamwork und gute Analyse des
Geländes hat Priorität, wenn das Ganze gelingen soll und man gesund
wieder nach Hause kommen möchte – bisher bin ich lediglich einmal
im Dünensand steckengeblieben. „Sneller, sneller!“ heißt es in
solchen Momenten stets von David, der mit Freude ausgewählte
deutsche Wörter lernt.
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Herdenbulle |
Das Extremste und Gefährlichste, was
ich bisher gemacht habe ist allerdings die Arbeit mit den Tieren. Es
war der erste Oktober, zuhause liegen die meisten wahrscheinlich
gerade auf der faulen Haut. Ausgerüstet mit einem Stück Plastikrohr
stand ich in einem Gitterrondell mit knapp 4 Metern Durchmesser. Im
sogenannten „Force“ werden ausgewählte Tiere in den Gang
gedrängt, der zur Truckrampe führt. Die wilden, bis zu einer Tonne
schweren Rinder haben darauf jedoch nur begrenzt Lust. David hat eine
dicke Narbe am Bein, da ihm ein Bulle im letzten Jahr das Knie
zertrümmert hat – er hat die Tiere jedoch noch Alle verladen,
bevor es ins Krankenhaus ging. Das Ganze ist schwerer als es sich
anhört und eine Kunst für sich. Man versucht, die Rinder halbwegs
ruhig zu halten und dennoch flott auf den Truck zu kriegen. Jeder
Schritt und jedes Geräusch hat Auswirkungen und will gut überlegt
sein. Ziel ist es, den Herdentrieb zu nutzen und Alle in einer Reihe
auf den Truck laufen zu lassen. Einige können es tatsächlich kaum
erwarten ein Hamburger zu werden. Manche Rinder aber treten um sich,
versuchen mich auf die Hörner zu nehmen, rennen rückwärts wieder
vom Truck herunter, verkeilen sich oder brechen gar aus. Das doofe
als Farmhand (Jackaroo) ist, dass man generell immer Schuld ist.
Einmal verlor David auf dem Truck die Geduld und verteilte
Stromschläge wie Süßigkeiten zu Weihnachten – ein großer Bulle
rannte wieder hinab und ich konnte das Tor nicht rechtzeitig
schließen. Meine Schuld, ich habe den Bullen wütend gemacht, rein
da! In dem Moment hatte ich wirklich Angst. Dem Bullen war nicht
wirklich nach Gesellschaft und in der gleichen Sektion war auch eine Kuh, die mich zuvor schon angecharged hatte – ich musste mich mit
einem Sprung über den Zaun retten. Es ging jedoch Alles gut und
irgendwann waren alle 42 Tiere auf dem alten Truck. Der war dadurch
jedoch schwerer (tiefer) als zuvor und die Ketten waren nicht mehr zu
lösen. Verdammt, daran hatte niemand gedacht. Nach einer waghalsigen
Aktion mit einer großen Eisenstange konnte es endlich weiter gehen.
Mittlerweile waren einige Tiere im Truck zu Boden gegangen und
konnten nicht mehr eigenständig aufstehen. Ich musste
hinaufklettern, mich an die Deckenstangen des Trucks hängen und die
übrigen Rinder an die Seite drücken. In solchen Situationen ist es
ratsam, nicht loszulassen. Auf der Fahrt zum Yard beim Farmhaus, wo
die Tiere gesammelt und sortiert werden platzte mal wieder einer der
alten Reifen. Egal, der Truck kommt auch so an sein Ziel. Nach
ausgiebigem Lunch ging es schließlich zum „Drafting“, wobei die
Tiere sortiert werden – männlich / weiblich, gemarkt / ungemarkt,
mager / fett. Je ein Loch oben und unten im linken Ohr ist das Erkennungszeichen der Manberry Station. Mitterweile sind fast alle Tiere im Yard und die ersten
wurden bereits verkauft und abtransportiert. Alles in Allem bin ich
wirklich froh, so intensiv auch in diesen Arbeitsbereich
hereinschnuppern zu können.
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Ein paar Vögel nisten auf einem Windrad. Im Hintergrund ein "Yard". |
Ich werde zunächst für 2 weitere
Wochen auf der Manberry Station bleiben und dann versuchen, noch
woanders Erfahrungen (und Geld) sammeln zu können. Im Süden beginnt
so langsam die Heuernte, und trotz Heuschnupfen würde ich mir das
Ganze gerne mal ansehen. Vorerst bin ich also weiterhin selten
erreichbar. Ach ja, letzte Woche habe ich mir mal die Haare
abgeschnitten. Wollte ich schon immer mal ausprobieren und in der
australischen Wüste juckt es ja auch Keinen. Nur die Kakadus schauen
mich jetzt an wie einen Schwerverbrecher. Bis in 2 Wochen oder so,
lasst mal was von euch hören / lesen!
Flo
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Zur Gewöhnung ein paar Glatzenbildchen. Der Geier ist ratlos. |