15. September 2013

Manberry Station

Mein Zuhause
Sooooo, wie versprochen gibt’s jetzt mal ein paar Infos zu meinem Leben als Farmer auf der anderen Seite der Erdkugel! Doch zunächst möchte ich euch die Farm kurz vorstellen: Die Manberry Station liegt nochmals 15km östlich des North West Coastal Highways, der nördlich von Carnarvon durch die Wüste führt – also mitten im Nirgendwo. Nachdem man also der rappeligen Schotterpiste über mehrere Sanddünen gefolgt ist erreicht man das Farmhaus, wo David mit seiner Mutter wohnt. In meinem vorherigen Eintrag müssten ein paar Bilder sein. Mein Wohncontainer befindet sich etwa 50m davon entfernt. Ich habe zwar eine eigene Küche, doch die blieb bisher unbenutzt, da neben Unterkunft auch Verpflegung inklusive ist. Müsli zum Frühstück, Lunchpaket für die Mittagspause auf dem Farmgelände und natürlich Dinner. Jeden Abend um Punkt 19:30 Uhr gibt es bei den Goochs im Farmhaus ein fettes Essen – Steak oder Roastbeef aus der selbst geschlachteten und zerlegten Kuh mit selbstgemachtem Kartoffelbrei und Gemüse aus dem Garten. Ich habe nicht mehr so gut gegessen, seit ich vor 5-6 Jahren von Zuhause ausgezogen bin!

Auf einer Sanddüne irgendwo auf dem Grundstück
Die Manberry Station ist zwar mehr oder weniger nur ein Ein-Mann-Betrieb, aber dennoch gibt es dort Alles an Werkzeugen und Geräten, was man sich nur vorstellen kann. Kleiner Bagger, großer Bagger, Trucks, Straßenbegradigungsmaschine (Hoch lebe die englische Sprache - „grader“ ist irgendwie kürzer), Motorräder, Quads und und und. Neben einer großen Scheune befindet sich ein Hanger, den David und Ich in der ersten Tagen aufgeräumt haben. Wofür der Hangar ist? Die Farm hat eine eigene Landebahn – Davids Bruder, der Notarzt oder Kunden für das Vieh kommen auch mal per Flugzeug vorbei. Es gibt eine eigene kleine Dieseltankstelle, eine Mülldeponie am Ende der Rollbahn und überall liegen Relikte aus vergangenen Zeiten herum. Die Farm ist nämlich schon etwa 120 Jahre alt, und wenn irgendetwas den Geist aufgibt oder aus der Mode kommt dann wird es halt einfach stehen gelassen und ein paar Meter weiter neu gebaut – bei dem trockenen Klima in der australischen Wüste bleiben die Sachen dann oft auch ziemlich gut erhalten. 

Rollfeld
Tankstelle
Die 9 im Ohr steht für das Geburtsjahr der Kuh - 2009

Nostalgie am Wegesrand
Der Arbeitsalltag räumt auch mit so einigen Klischees auf, die einem bei „Bauer sucht Frau“ so suggeriert werden. Farmarbeit ist tatsächlich nicht nur körperlich alles Andere als anspruchslos! Gerade weil alles dort selbst gemacht wird, muss man mit allen Wassern gewaschen sein. In der ersten Woche war beispielsweise eine Mühle kaputt, und die Tiere hatten Durst. Wie ein Besessener sind wir zurück zum Schuppen geheizt, um Diesel für die Pumpe zu besorgen und haben anschließend das Windrad repariert. Dazu muss ich wahrscheinlich nochmal kurz ausholen, denn die Meisten von euch haben wahrscheinlich (wie ich zuvor) ein komplett falsches Bild vom ganzen System einer australischen Viehfarm im Kopf! Es ist nämlich absolut nicht, wie man sich einen deutschen Bauernbetrieb so vorstellt. Das Farmgelände ist ein gigantisches Wüstengrundstück mit Sanddünen, Flussläufen und verschiedener Vegetation. Auf den ersten Blick sieht vielleicht Alles gleich aus, doch das ist es nicht. Die Tiere laufen in Herden frei auf dem Grundstück herum, haben ihre eigene Hierarchie und sind dementsprechend wild. Nur einige wenige Kühe lassen sich beispielsweise anfassen oder gar streicheln. Auf dem Gelände gibt es insesamt etwa 10 Wasserstellen. Ein kleines Windrad pumpt Wasser aus einem Brunnen in einen Tank, der die Tränke versorgt. Wasser ist rar, da es im ganzen Jahr nur etwa 200mm Regen gibt – manchmal auch deutlich weniger. Wenn ich also beim „Mill run“ die Tanks checke (die nach etwa 20 Jahren Betrieb einfach explodieren) und den Tiere Mineralfutter vorbei bringe, muss ich auch immer auf ausreichende Wasserzufuhr achten.

20% Bräune - der Rest ist Dreck

David sucht den Wildhund
Auf dem Gelände sind wir meistens mit einem Nissan Patrol Geländewagen mit 4.2l Maschine unterwegs, um auch mit schwerem Gerät im Schlepptau noch durch Flussbetten und über Sanddünen zu kommen. Für leichtere Arbeiten rund ums Farmhaus kommt Susi zum Einsatz, wie der uralte Suzuki genannt wird. An dieser Stelle liebe Grüße an meine Tante Susanne! Das Auto sieht aus wie ein fahrender Schrotthaufen, aber wie durch ein Wunder kann man es noch immer benutzen. Der neue Nissan hingegen heißt Ute – das ist die Abkürzung von Utility („Juuut“), was den Fahrzeugtyp eines Wagens mit offener Ladefläche beschreibt. Ich teile mir den Beifahrersitz mit einem Gewehr. Andauernd halten wir an und suchen nach Fußspuren von Wildhunden, die in dieser Region zum Problem geworden sind. Alles was Kälber und Schafe fressen kann wird abgeknallt. Bis jetzt hatten die Hunde Glück, da wir das eine Mal wo wir einen sahen kein Gewehr dabei hatten. Morgens und Abends hoppeln immer Kängurus vor dem Auto her, und wilde Ziegenherde schnorren Wasser an den Tränken. Ziegen haben auch eine Lebensberechtigung, da sie Futter für die Wildhunde bieten (statt der wertvollen Kälber) und man sie zur Not auch billig verkaufen kann. Letzte Woche sahen wir eine Kuh, der ein Fuß gefehlt hat – sie muss demnächst wohl auch erschossen werden.

Der Hangar

Meine Arbeit ist hart, aber recht abwechslungsreich. In der ersten Woche bin ich fast an Heuschnupfen verreckt habe ich viel Rasen gemäht, den Swimming Pool gereinigt und das Farmgelände aufgeräumt. Ich musste zum Beispiel eine alte Leiter verstärken – dazu haben wir uns ein Stück Metall aus einem der vielen Berge Metallschrott gesucht – und mit neuen Metallnieten versehen. Dabei hat mich dann plötzlich eine Art Hornisse, die anscheinend in der Leiter gewohnt hat quer über den Hof gejagt. Wenig später schaute mir ein etwa 1m langer Waran bei der Arbeit zu. Wir haben einen Hydraulikschlauch am Grader ausgetauscht, wobei ein Eimer Benzin als Reinigungsmittel fungierte. Morgens wird der Hausmüll auf dem kleinen Hügel hinter meinem Wohncontainer verbrannt. Am Griff vom Haupttor zur Farm begrüßt mich jeden Morgen eine Redback Spider. In meiner Küche wohnt ein Frosch. Noch Fragen?

Müll? Welcher Müll?

Einen Tag benutzt
In der letzten Woche haben wir mit dem Zaunning Fencing begonnen. Zunächst musste ich alte Bohrstangen zerlegen und in der richtigen Länge wieder zusammendrehen. Dann haben wir alle 600m mit dem Bobcat ein Loch gebohrt. Mein Job war es dabei David zu navigieren, Wasser nachzukippen und den Zaun an die Seite zu biegen. Ich habe mir eine fette Prellung am rechten Zeigefinger geholt, als dieser sich zwischen Holzpfahl und Bohrmaschine eingeklemmt hatte. Der Bobcat ist ein tolles Gerät – man kann verschiedene Aufsätze vorne dran machen und ihn somit für alles Mögliche benutzen – es macht außerdem echt Spaß, damit durch die Gegend zu heizen. Anschließend haben wir schließlich die Stahlrohre einbetoniert. Wir luden einen großen Luftkompressor auf die Ladefläche vom Ute und haben alle 16m einen Metallpfahl in den Boden gerammt – das ging ganz schön in die Arme! Die härteste Arbeit folgte aber in den letzten beiden Tagen. Bis zu 45 Kilo schwere Stacheldrahtrollen mussten verladen und verlegt werden. Mit einem Quadbike haben wir zunächst den alten Draht abgetrennt und aufgesammelt. Zuvor bin ich übrigens mit dem Quadbike und einer Kettensäge auf dem Schoß den Zaun entlang gefahren, um die Bäume im Weg zu fällen – also Alles ganz nach Sicherheitsvorschriften. 

Alte Bohrstäbe auf 22,5 Zoll bringen
Das doofe am Stacheldraht ist der stachelige Draht
Morgen beginnt meine dritte Woche und ich fühle mich bisher sehr wohl auf der Farm. David ist eher ein Kumpel als ein Boss – es ist immer genug Zeit sich mit einem toten Vogel abzuwerfen oder sich mit Wildhundpheromon einzusprühen. Im Radio läuft australische Countrymusik, während die Kängurus vorm Wagen herhüpfen. Der Nachrichtensprecher berichtet ausschließlich von einer Wildsau, die irgendwo auf einem Rastplatz 18 Dosen Bier geklaut und getrunken hätte. Und von einem Salzwasserkrokodil am Cable Beach in Broome – Glück gehabt! David hört dem Radiosprecher aber nicht zu – er redet lieber mit seinen Kühen, die uns allesamt anschauen als wären wir Aliens. Auf der Farm werde ich fast schon als Teil der Familie behandelt. Als mir letzte Woche auf dem Weg nach Carnarvon mal wieder ein Reifen geplatzt ist war ich zu geizig mir für 110 Dollar einen neuen zu kaufen. Wir haben ihn schließlich selbst geflickt und bei der Gelegenheit durfte ich Ludwig auch gleich bei der Farmeigenen Tankstelle volltanken. Doof ist nur, dass ich noch immer der Einzige dort bin. Aber David sucht noch nach einem Mädel für die leichteren Aufgaben und die Tätigkeiten rund ums Farmhaus. Dann habe ich hoffentlich auch Gesellschaft, um am Wochenende mal zum Schnorcheln nach Coral Bay zu fahren. Ich halte euch auf dem Laufenden!

Euer Flo


1. September 2013

Und plötzlich Cowboy

Kuckuck!
Im Spülwasser schwimmt ein toter Käfer. Meine Hände freuen sich über das warme Wasser, welches das Pflaster der offenen Blase an meinem Daumen ablöst. Ich bin doch gerade mal 3 Tage hier – wie werden meine Hände denn erst nach 3 Monaten aussehen? Zweifel kommen auf, ob ich es wirklich über eine so lange Zeitspanne durchziehen kann. David kommt schnaufend aus dem Garten und wünscht mir eine gute Nacht. Morgen früh um 7 warten wieder Milch und Weetbix auf mich, das typisch australische Müsli in Form eines Spülschwammes, wie ich in diesem Moment feststellen muss. Ich schnappe mir meine Kopflampe und mache mich auf den Weg zu meinem Wohncontainer, wobei etliche Spinnenaugen wie LEDs am Boden aufleuchten. Laut David wohnen auf der Farm ausschließlich „German-eating spiders“, aber gestern bin ich auch schon fast in das Netz einer Redback gerannt. Das Roastbeef liegt schwer im Magen – Zeit für eine eiskalte Cola. Ich durchsuche den Filmordner auf meinem Laptop mal wieder nach unbekanntem Material – viel ist nicht mehr übrig. Es wird Zeit, dass ich Gesellschaft hier bekomme. Ich fange spontan die zweite Staffel von Shameless an und versinke im bequemen Sessel. Es ist bereits 1 Uhr und saukalt, als ich mich zum Schlafen in den Van begebe. Das große Doppelbett im Schlafzimmer des Wohncontainers habe ich bisher links liegen gelassen – zu viele Mosquitos, zu viele (eine) große Spinnen und zu viele Federn, die sich in den Rücken bohren. Das Getrappel zweier Kängurus verdrängt das ferne Muhen der Kuhherden, als das Land der Träume mich aus der Wüste reißt.

Alleine an der Turquoise Bay
Vor einer Woche noch stand ich am Leuchtturm vom Exmouth, der so hoch gelegen war, dass es Handyempfang zum Hochladen der letzten Blogeinträge gab. Am Horizont des knallblauen Meeres waren ab und zu rundliche Objekte und kleine Fontänen zu sehen – Wale, die jährlich zur Blüte des Ningaloo Reef nah an die Küste kommen. Das Ningaloo Reef ist das größte Küstenriff der Welt, mit bloßem Auge vom Strand aus zu erkennen. Wenn man die Landzunge nach Exmouth bis zum äußersten Norden durchfährt und anschließend küstennah wieder gen Süden abbiegt erreicht man den berühmten Cape Range Nationalpark. Hier gibt es unzählige Traumstrände und buchten, die zum Schnorcheln einladen. Ich war ein wenig unentschlossen, da Zeit und Geld langsam knapp wurden und die Campingplätze des Nationalparks voll waren. Schließlich investierte ich ein halbes Vermögen in einen schönen Campingplatz für die Nacht direkt vor dem Park, wo ich wieder mal das belgische Pärchen traf, die mich zu verfolgen schienen. Frisch geduscht, mit sauberer Wäsche und aufgeladener Elektronik kaufte ich mir schließlich ein Tagesticket für den Park und besuchte zunächst die bekannte Turquoise Bay. Es war Flut, sodass das Riff einige Meter weit draußen war. Ich schnappte mir mein billiges Schnorchelset, welches ich auf Ko Tao erworben hatte und seitdem in meinem Rucksack vergraben war. In der Turquoise Bay kann man sich von der Meeresströmung über das Riff treiben lassen, sollte jedoch ab einem bestimmten Punkt wieder gen Küste schwimmen, wenn man nicht als Ken im Puppenhaus irgendeines Wales im indischen Ozean enden möchte.

Voll im Trend
Meine Knie sind noch trocken, als mir die ersten Fische an den Beinen vorbei schwimmen. Unterwasser taucht man dann in eine komplett andere Welt ein. Das Riff ist wenige Meter unter mir und ich weiß ich gar nicht, wo ich zuerst hinschauen soll. Auf den schwarz-weiß gestreiften Fisch mit der eleganten Flosse? Auf den lila-grünen Fisch mit den lustigen Glubschaugen, der aus irgendeinem Grund nur mit den Seitenflossen schwimmt? Auf das merkwürdige Unterwassergehirn rechts von mir? Auf das Wasser, welches langsam in meine billige Taucherbrille läuft und in der Nase kitzelt? Schnaufend und erschöpft erreiche ich wieder die Küste. Wasser ist einfach nicht mein Element, wie Julius immer so schön gesagt hat. Ich machte noch einige atemberaubende Schnorchelsessions, wobei ich stets neue Dinge entdeckte. Einmal hat mir ein kleiner schwarzer Fisch in die Wade gebissen. Ein wirkliches Highlight blieb jedoch aus – Mit etwas Glück sieht man am Ningaloo Reef auch einen scheuen Riffhai, einen Mantarochen oder eine Schildkröte. Meine Kamera nahm ich nur einmal ganz kurz mit ins Wasser, da sie ja schon einen Knacks weg hatte und ich mit ihr nicht wirklich voran kam.


Auf dem Rückweg traf ich mal wieder die Belgier. Sie empfahlen mir Oyster Stack weiter im Süden, wo sie einen Hai gesehen hätten. Ja ja, ein Hai, ist klar. Ich entschied mich dennoch, dort vorbei zu schauen und wurde nicht enttäuscht. Im Gegenteil, Oyster Stack war der Wahnsinn! Das Riff beginnt direkt, wenn man ins Wasser geht und befindet sich nur einen knappen Meter unter der Wasseroberfläche. Die Artenvielfalt war beeindruckend. Der Hai zeigte sich nicht, jedoch sah ich Fische in allen Formen und Farben, große blaue Seesterne, etliche Seegurken, komische Stachelviecher und und und. 
Ich war etwa 30 Meter von der Küste entfernt und wollte eigentlich gerade wieder an Land schwimmen, als ich dermaßen Grinsen musste, dass mir Salzwasser in die Brille lief - Ein paar Meter vor mir schwamm doch tatsächliche eine Schildkröte! Ich besuchte das ästhetische Tier, welches sich überhaupt nicht von mir stören ließ. Wir cruisten einige Miuten zusammen über das Riff und ich konnte die Schildkröte sogar anfassen, was mit ein paar kräftigen Schimmbewegungen und einem skeptischen Blick entgegnet wurde. Irgendwann tauchte ich wieder auf und musste feststellen, dass ich ganz schön weit von der Küste entfernt war. Auf dem Rückweg musste ich höllisch aufpassen nicht das Riff zu berühren, welches aufgrund des niedrigen Wasserstandes nun teils fast an der Wasseroberfläche war. Glücklich packte ich meine Sachen und machte mich wieder auf den Weg. Erst in der Abenddämmerung verließ ich Exmouth gen Süden. Der Cape Range Nationalpark ist auf jeden Fall einen Besuch wert und ein Muss, wenn man die Westküste bereist.

Auf einem Rastplatz traf ich Julie und Roger aus Adelaide wieder. Die beiden netten Rentner reisen für einige Wochen mit ihrem faltbaren Wohnanhänger durchs Land. Ich hatte sie bereits bei Port Hedland getroffen. Wir kamen ins Gespräch und schließlich verbrachte ich den ganzen Abend in ihrem rollenden Zuhause, wo ich mit Tee und allerlei gekühlten Leckereien verwöhnt wurde und wir uns angeregt unterhielten. Wir verstanden uns super und ich wurde sogar eingeladen, Weihnachten bei ihnen in Adelaide zu verbringen. In Deutschland undenkbar, doch Australier sind einfach viel aufgeschlossener und gastfreundlicher als die Menschen daheim. Ich werde sie auf jeden Fall besuchen, falls ich noch einmal durch Adelaide reisen sollte.

Alles Roger im Klappanhänger
Mein Ziel hieß Carnarvon. Hier sollte es laut National Harvest Guide und laut dem, was ich so gehört habe Arbeit geben, die für eine Visumsverlängerung zählt. Auf dem Weg dorthin passierte ich den südlichen Wendekreis (tropic of capricorn), der sich momentan jährlich um 14,4m nach Norden verschiebt. Ich habe also gerade offiziel die Tropenzone verlassen, als ich mal wiedermal Schild am Straßenrand sah: „Manberry St 14“. Spontan entschied ich mich mal wieder mein Glück zu versuchen, drehte um und fuhr die Sandpiste in die Wüste hinein. Ich kam problemlos vorwärts, da der Besitzer offenbar groben Kies auf die sonst kniffligen Sanddünen gekippt hatte. Irgendwann stand ich vor einem verschlossenen Eisentor. Egal, was habe ich schon zu verlieren? Ich öffnete es und fuhr weiter – bis zum nächsten Tor. Auch dort frimelte ich die massive Kette ab und fuhr weiter. Wenig später stand ich vor einem dritten Tor. Shits gettin' serious! Ich passierte es und erreichte schließlich eine kleine Farm, wo ich zunächst zwei kopflose Kühe in einer Scheune am Gabelstapler hängen sah. Wo bin ich denn hier gelandet? 
Ich kam ins Gespräch mit David, dem Besitzer der Station. Es ist eine für australische Verhältnisse kleine Viehzucht – lediglich 211.000ha umfasst das Gelände. Winzig, oder? David schmeißt den Laden alleine, hatte jedoch gerade einen Freund zu Besuch, der bald heiraten wollte. Dafür bräuchten sie noch Fleisch, weshalb sie eine Kuh erschossen hätten. Da David gerne Fleisch isst hat er gleich noch eine Zweite erschossen und dazu gehängt – wenn man eh schon mal dabei ist! Wir unterhielten uns ein wenig und ich wurde auf einen Tee eingeladen. Eigentlich suche er nur Leute zum Wwoofen, doch er könne mir neben Essen und Unterkunft auch 100 Dollar am Tag anbieten. Das ist nicht wirklich viel Geld, doch für den Anfang nicht schlecht. 

Farmhaus Manberry Station

Mein Wohncontainer
Im Farmhaus 1
Im Farmhaus 2
Es war schon recht spät, weshalb David und sein Freund die Monobraue Cyne sich wieder aufrafften. „Wanna help to rip off that cows? Hahhhaaah!“ Ich konnte natürlich schlecht nein sagen und hatte wenig später ein großes Messer in der rechten Hand, den glibbrigen Kuhpelz in der linken Hand. Ich habe also eine Kuh geschält – kann auch nicht jeder von sich behaupten! Anschließend hat Cyne die Motorsäge ausgepackt und begann, das Vieh zu vierteln. David und ich mussten dabei die Rippen auseinander ziehen. Cyne sägte schief und kam auf unsere Seite der Kuh, um hineinschauen zu können. Dabei stellte er die Motorsäge natürlich nicht ab, welche fleißig weiterlaufend Kuhstückchen über meine Klamotten spuckte. Anschließend mussten wir die Kuhviertel auf den Truck tragen. Ich weiß nicht wie schwer sie waren, aber eine viertel Kuh kommt definitiv an die Grenzen von dem, was ich heben kann – ich schaffte es jedoch gerade so, ohne sie in den roten Staub zu werfen. 

Heute schon ne Kuh geschält?

Voller Kuhgespladder aber überglücklich fuhr ich wenig später wieder vom Hof. Ich habe einen Job! Die Situation ist für mich optimal – Ich muss nicht in den noch kalten Süden reisen, kann meinen illegalen Wagen auf einem Privatgrundstück parken, sorge für eine Verlängerung meines Visums und mache Erfahrungen, für die ich hierher gekommen bin. Lediglich die Bezahlung könnte besser sein und ein wenig Gesellschaft wäre nicht schlecht, aber auch das sollte sich langfristig ändern. In den letzten Tagen war ich zunächst noch als Wwoofer auf der Farm, ab morgen beginnt dann die bezahlte Arbeit. Bereits in den ersten Tagen habe ich unzählige Eindrücke gesammelt. Das Farmleben in Australien ist nicht mit dem Leben auf einem Bauernhof in Deutschland vergleichbar, soviel sei verraten! Die Wochenenden habe ich immer frei, um zum Einkaufen nach Carnarvon oder zum berühmten Strand nach Coral Bay fahren zu können. Unter der Woche bin ich jedenfalls von nun an mitten im Busch und nicht erreichbar – nur am Wochenende vielleicht, je nachdem wo ich dann hinfahre. Wenn ich das nächste mal Empfang habe werde ich euch von meinem Alltag als Cowboy auf der Manberry Station berichten! Bis bald und vergesst mich nicht,

Flo