30. Juli 2013

Babybier und Bombenbaum

Hallo und ja,

wir leben noch! Vorgestern sind wir tatsächlich heile in Broome angekommen. In den vergangenen zwei Tagen haben wir uns fleißig in der Sonne verbrutzelt und nun nutze ich unseren „intellectual library day“, um euch von unseren letzten Wochen zu berichten, während meine Haut versucht kein Krebs zu bekommen. 

Wer hat den Längeren?
In Katherine haben wir uns zunächst fleißig mit Lebensmitteln und Wasser eingedeckt. Es ist gerade Orangenseason, weshalb die Früchte nicht nur extrem saftig und lecker, sondern auch recht günstig sind. Wir verließen das nicht wirklich symphatische Örtchen gen Westen und befanden uns nur wenig später mitten im Nirgendwo. Der Victoria Highway ist neben der Straße durch die Nullarborebene im Süden des Kontinents die einzige befestigte Straße an die Westküste. Das Outbackfeeling war wieder da: Man fährt und fährt und fährt und weiß genau, dass zu beiden Seiten meilenweit einfach nur gar nichts ist. Gen Abend sahen wir einen kurzen Hike ausgeschildert und machten spontan das landschaftlich beeindruckende Aborigineterritorium unsicher. Auf dem Weg zum Rastplatz passierten wir einen Flusslauf, in dessen Bäumen tausende Kakaduvögel lärmten.

 
Wanna have an orange? Or Two?
Am nächsten Tag stand wieder Auto fahren auf dem Programm. Es ist noch ein weiter Weg bis Broome! Wir fahren also den ganzen Tag und während mir Magdalena übersetzt, wovon in den Liedern meiner Reggaetonmusik so die Rede ist kommen wir dem gigantischen Staat Westaustralien immer näher. Ab und zu tauchen ein paar eindrucksvolle Exemplare von Affenbrotbäumen (boab trees) am Straßenrand auf, die hier heimisch sind. Ihr werdet erstaunt sein, aber es hing kein Brot an den Ästen. Ein knappes Stündchen vor der Grenze nächtigten wir auf einem gut besuchten Rastplatz, wo wir uns mit einem australischen Rentnerpärchen anfreundeten. Toni und Hank plapperten zwar ununterbrochen aber waren echt knuffig. Auf dem Campingtisch neben unserem Auto stand ein Glas Honig. Leute, die gen Osten reisen sammeln hier die Lebensmittel auf, die der Gegenverkehr nicht mitnehmen darf. Uuups, da war ja was! Aus Angst vor den bösen fiesen gemeinen Terrorfruchtfliegen darf keinerlei Obst oder Gemüse über die Grenze mitgenommen werden. Gut, dass wir daran gedacht haben und uns am Vortag nicht noch unter Anderem 6 Kilo Orangen gekauft hatten! Orangensaft bis zum Umfallen... Es war wohl der gesündeste Tag meiner Reise bisher. Hank kam irgendwann mit einem fetten Fernseher aus seinem Wohnmobil und wir schauten zusammen das A-Team.

Ikke, Toni, Mane, Hääänk
An der Grenze wurden wir angehalten und Ludwig musste blankziehen. Gut, dass der Zollbeamte den Apfel und die dezent gealterte Nussmischung übersehen hat, die wir in den nächsten Tagen noch finden sollten. Ein paar kurze Blicke später gibt er grünes Licht und weist uns noch darauf hin, dass die Uhr 1,5 Stunden zurück gestellt werden muss. Der bisher längste Tag meines Lebens! Ich bin euch in Deutschland jetzt nur noch 6 Stunden voraus. Im goldenen Westen besuchten wir zunächst den Mirimi Nationalpark östlich des gemütlichen Örtchens Kununurra, der mit Bienenstockförmigen Felsformationen punkten konnte und kletterten auf eine nahe Klippe, um über das Tal schauen zu können.

 
Dort trafen wir auch zufällig Antoine und Apolline wieder. Dem französischen Pärchen hatte ich im Kakadu Nationalpark bei der Reparatur ihres Leihwagens geholfen. Sie hatten sich beim Rückwärtsfahren einen Kotflügel abgerissen – die Kabelbinder scheinen gut zu halten. Wir grillten Abends gemeinsam Würstchen und Pute über dem Lagerfeuer und beschlossen, am nächsten Tag zusammen zum Lake Argyle zu fahren. An dem wunderschönen und riesengroßen See gab es nicht viel zu tun, aber alleine die landschaftlich sensationelle Straße dorthin rechtfertigt schon einen Besuch. Die gesamte Kimberleyregion im Nordwesten Australiens gefällt mir landschaftlich bisher von Allem am besten. Wo man auch hinschaut ist es stets idyllisch wie aus dem Reisekatalog.

Sicht auf den Lake Argyle
Der Staudamm sorgt für neuen Lebensraum
Unser nächstes Ziel hieß Wyndham, ein kleines Örtchen nördlich unserer Route. Die Straße dorthin zierte im vergangenen Jahr die Titelseite des Lonely Planets. Man hat stets vier Farben vor sich: Von unten nach oben Rot-Gelb-Grün-Blau. Rot ist der feine Staub, der in jede nur denkbare Ritze kriecht und den gerodeten Streifen am Straßenrand beschreibt. Gelb ist das dörre Buschgras, welches anscheinend sehnsüchtig auf die nächste Regenzeit wartet. Grün sind die etwas größeren Büsche und Bäume, denen das offenbar herzlich egal ist. Knallblau ist schließlich (wer hätte das gedacht) der Himmel. Was auf den Fotos nicht zu erkennen ist: Der Himmel im Outback ist blauer als blau! 

Die Straße nach Wyndham
Iiiih, Spinne!
Bei Wyndham nahmen wir schließlich den beschwerlichen Weg zum „Prison Tree“ auf uns. Die Straße führte zunächst über die Wetlands, und Magdalena saß für ein paar Kilometer auf der Bullbar, um die tolle Landschaft zu genießen. Wir fuhren langsam und brauchten eine knappe Stunde zum Prison Tree. Es handelt sich dabei um einen uralten, hohlen Affenbrotbaum, der an Coolness kaum zu übertreffen ist. Was für ein baumiger Baum! Zukünftigen Besuchern sei jedoch gesagt, dass im Inneren eine fette Spinne wohnt. Die sah Mane im Kameralicht, als ich sie durch ein Loch in der „Decke“ fotografierte. Sie war daher schneller wieder draußen als sie hineingeklettert ist. Wir schlugen unser Nachtlager dort auf und bevor wir am nächsten Morgen aufbrachen, um einen nahe Felskante mit Malereien zu besichtigen verewigte ich Mane und Mich noch in der Baumkrone. Das gewaltige Gewächs liegt übrigens auf dem ersten Stück der Gibb River Road, eine der bekanntesten Offroadstraßen des Kontinents. Die Straße 660km lange Piste war jedoch in schlechtem Zustand und uns daher mit dem Van zu stressig. Beim nächsten Mal!


Wyndham Wetlands
The Prison Tree



Camping am Prison Tree
In Wyndham bekamen wir Zuwachs: Unser neues Maskottchen heißt Drilo und ist ein Knuddelkrokodil. Männlich oder? Wir besuchten ein tolles Billabong und quälten Ludwig noch auf den „Five river Lookout“ und setzten unsere Reise gen Westen fort.

Fliegenverarschhut


Auf dem Weg nach Broome gab es lediglich zwei kleinere Ortschaften, die bis auf Tankstellen (nötig!) und teuren Supermärkten aber nicht viel zu bieten hatten. Bei Halls Creek besuchten wir die „Wall of china“, die den nicht zu unterschätzenden Vorteil hat, dass sie nicht in China ist. Verglichen mit ihrem Namensgeber ist die durch Erosion freigelegte Quartzader jedoch nicht wirklich sensationell. Ich konnte mich nicht entscheiden rechts oder links der Mauer zu gehen und nahm spontan die Mitte. Kletteraffen wie mir möchte ich allerdings davon abraten, da einige der massiven Felsen bedrohlich wankten.


Im Nordwesten Australiens gibt es außerdem ein weiteres Problem: Duschen. Genauer gesagt wären sie kein Problem, wenn es sie denn geben würde. Seit Katherine konnten wir uns lediglich mit Feuchttüchern reinigen. Der gemeine arme Backpacker ist außerdem zu geizig für einen bezahlten Campingplatz. Ich grub also den alten Wassersack wieder aus und füllte ihn in mühevoller Kleinarbeit an einer öffentlichen Toilette. An einer abgelegenen Straße fanden wir einen Baum, der wie dafür geschaffen war – Outdoorduschen in Australien ist einfach toll und uneingeschränkt empfehlenswert! 

Hölzerne Morgensterne überall
Das zweite Kaff Örtchen auf der Strecke ist Halls Creek. Hier leben fast nur Aborigines, die sich zahlreich in den raren schattigen Plätzen treffen, um köstlichen Goon zu konsumieren. Der Boxwein hat seinen Spitznamen vom einheimischen Wort für Kopfkissen, da der silberne Beutel für gewöhnlich aufgeblasen und als Kissen verwendet wird, um den Rausch auszuschlafen. Es gibt nur sehr wenige Touristen, die auf der Durchreise nach Halls Creek kommen und somit war es interessant, ein wenig die Kultur der Einheimischen zu erleben. Im Gegensatz aber zu Alice Springs, wo es generell ein trauriger Eindruck war können die Völker hier anscheinend einen Teil ihrer Kultur bewahren und größtenteils ein normales Leben führen. Nach kurzem Einkauf (Orangen, yummi!) fuhren wir zur Geikie Gorge nördlich von Halls Creek. Wir wanderten durch die eindrucksvolle Schlucht und kämpften permanent gegen die deutlich schmerzhaftere und nervigere australische Version von Kletten. Andauernd hatten wir eine Stachelige Kugel im Fuß stecken! Gut, dass ich eine Krankenschwester dabei habe... ;-) Auf dem Rückweg am Fluss entlang waren wir uns nicht sicher ob wir wirklich auf dem Pfad oder doch auf der Joggingstrecke örtlicher Krokodile waren und kletterten auf halbem Wege zurück auf den bekannten Pfad. 

Das Ende der Wanderung in der Geikie Gorge

Bevor wir nach Broome fahren wollten wir noch einen Abstecher nach Derby machen. Derby, das klingt doch nach wildem Outbackdorf am Meer mit Rodeos und einer idyllischen Pferderanch. In Wahrheit ist Derby jedoch derbe hässlich – das letzte Kaff vorm Herrn, wie meine Oma sagen würde, die ich bei dieser Gelegenheit auch mal herzlich grüßen möchte. Allerdings war gerade Vollmond, welcher der Küste Derbys Tidenhübe von über 11m beschwerte. Den Weltrekord hält Kanada mit knapp 15m, aber 11m sind auch schon gewaltig. Wir verweilten eine gute Stunde auf dem Pier, dessen stählerne Pfosten in schwindelerregender Höhe standen und schauten der Flut bei der Arbeit zu. Minütlich versank ein Trümmerstück nach dem Anderen in der braunen Brühe und in 4 Stunden sollte das Meer in greifbarer Nähe sein, wie uns ein Angler verriet. So langweilig war uns dann aber doch nicht, sodass wir uns am Nachmittag wieder auf den Weg nach Broome machten.

In 4 Stunden 10m unter Wasser: Die Überreste des alten Piers

Rnd creek
Nach 5 Minuten Fahrt viel uns beiden dann auf, dass wir tierisch Lust auf ein kaltes Bier haben – Wir wendeten und fuhren erneut ins wunderschöne Derby. Im Bottleshop kam dann die *hust* Ernüchterung: Der Besitzer schaute uns bedröppelt an und sagte, er dürfe bis 17 Uhr (Sonnenuntergang!) nichts Stärkeres als Leichtbier verkaufen – polizeiliche Anordnung. Ein Einheimischer hätte mal wieder einem Anderen ein Messer in den Rücken gesteckt und im Ort werde dann stets ein Verkaufsverbot verhängt, damit die Situation nicht eskaliere. Dass sei aber ganz gut, denn sonst gebe es wieder eine Beerdigung, und bei Beerdigungen gebe es generell auch immer ein Verkaufsverbot, weil sonst wieder alle zu viel trinken würden. Und dass würde wiederum in weiteren Beerdigungen und Verkaufsverboten resultieren. Wir schauten ihn zunächst ungläubig an, schnappten uns nach kurzem Überlegen ein kaltes Sixpack Lightbeer und verließen endgültig das trostlose Derby.

Am nächsten Tag war es schließlich soweit – wir erreichten Broome! Hier gibt es den Cable Beach, einen der schönsten Strände Australiens. 22Km weit nur weißer Sand und ein Horizont in verschiedenen Blautönen. Zur willkommenen Abwechslung schwimmt auch mal nichts im Wasser, was einen vergiftet, frisst oder auf andere Art und Weise zum Ableben animiert. Wir legten uns spontan einen Sonnenschirm und große Handtücher zu und genießen den Ort in vollen Roadtrains Zügen. 
 
Schwierig in Broome ist allerdings die Suche nach einem Schlafplatz. In der ersten Nacht standen wir in einem Neubaugebiet, die Zweite standen wir weit außerhalb mitten in einer Pilgerstätte für Mosquitos. Gestern trafen wir dann beim Abendessen eine vierköpfige Reisegruppe mit großem Geländewagen. Ein Franzose und zwei deutsche Mädels reisen mit einem australischen Tourguide durchs Land, der bereits 28 mal die Westküste herunter gereist ist. Überflüssig zu erwähnen, dass er die besten Plätze kennt. Wir waren dennoch froh alleine und frei zu reisen, da in der Gruppe nicht wirklich Harmonie herrschte. Der Tourguide war anscheinend sehr von sich selbst überzeugt und die Truppe dementsprechend genervt. Dennoch nahmen wir sein unschlagbares Angebot an: Zusammen auf dem einsamen nördlichen Teil des Cable Beach am Strand übernachten – ich würde zwar im feinen Dünensand stecken bleiben aber er könnte mich dann am nächsten Morgen wieder raus ziehen. Wahnsinn! Der Wunsch nach einem Feuer kam auf und der Tourguide traf eine gewohnt stereotype Entscheidung: Die Männer fahren los Holz sammeln und holen die Frauen dann wieder am Grillplatz ab, die bis dahin doch bitte alles Aufräumen und Abwaschen. Alles klar! 

Ich stieg also mit dem Tourguide und dem Franzosen in den Nissan Patrol (mit Ford Emblem, da Ford anscheinend keinen eigenen Geländewagen entwickeln konnte, Nissans kaufte und 1 zu1 als Ford Maverick vermarktet hat) und fuhr aus dem Ort heraus. Irgendwann sahen wir am Straßenrand schließlich einen 7-8m hohen toten Baum und hielten an. Feuerholz sammeln mal anders: Der Guide schmeißt ein massives Seil um einen dicken Ast in der Baumkrone und bindet das andere Ende an seine Anhängerkupplung. Ich bringe mich etwa 15m entgegen der Knickrichtung mit dem Franzosen in Sicherheit. Dachte ich zumindest! Der Guide hatte anscheinend etwas zu viel Testosteron – anstatt dezent anzufahren und den Ast abzubrechen setzt er nochmal 5 Meter zurück, lässt den Motor aufbrüllen und gibt vollgas! Die Generation Youtube weiß, was jetzt passieren kann: Das Auto könnte auseinander reißen, der Baum könnte ungünstig auf ein Haus fallen oder ein tanzendes Einhorn rennt durchs Bild. Was jedoch wirklich geschah kann ich nur so beschreiben: Der Baum ist explodiert. Ernsthaft, der Baum ist einfach explodiert. Der Rumpf blieb stehen, alles andere war im Umkreis von 20m verteilt und handgerecht zerkleinert. Das zweitgrößte Stück ist nur knapp hinter uns auf den Boden geknallt. Ich schaute den Franzosen ungläubig an – das hätte richtig weh tun können. „Its normal. We exploded some bigger trees, i can show you videos!“ Auf die Idee dann dorthin zu gehen, wo man nicht potenziell erschlagen wird kam er aber offenbar nicht. Leider hatte ich meine Kamera nicht dabei, aber es war ohnehin dunkel. Wir sammelten die hölzernen Überreste auf und verschnürten sie auf dem Dach des Geländewagens.

Nachdem wir die Mädels wieder eingesammelt hatten machten wir uns auf den gewohnten Weg zum Cable Beach. Am Ende des Parkplatzes ignorierten wir gekonnt das fette „4x4 ONLY“-Schild und fuhren die Rampe hinunter auf den Sandstrand. Direkt zu Anfang war ein Abschnitt sehr sandig und bremste Ludwig abrupt ab. 30Kmh, 20kmh, 10kmh, 5kmh und plötzlich hatten wir wieder harten Sand unter den Füßen Rädern – Glück gehabt! Auf dem harten Sand, der bei Flut unter Wasser steht ist das Fahren kein Problem. Allerdings fuhr die Truppe vor uns recht schnell, und unser kleiner Van kam mächtig ins Schaukeln. Ein paar Kilometer weiter im Norden fuhr der dicke Nissan schließlich einige Meter hinauf in den weichen Dünensand. Sollte man tun, wenn man sich nicht nachts um 2 das Auto fluten möchte. Weiter kam der Nissan ohne zugeschaltetes Allrad mit seinen monströsen Schlammreifen aber auch nicht. Ohje! Ich nahm ein wenig Anlauf, rutschte mehr um die Kurve als dass ich sie fuhr und hielt voll auf die Dünen zu – nach weniger als 3m im weichen Sand bergauf kam der Wagen zum stehen und steckte fest. Zu weit unten, um über Nacht stecken stehen bleiben zu können. Der Franzose und der Guide schoben mich mit vereinten Kräften zurück und ich versuchte es erneut. Ich nahm dieselbe Fahrspur und schaffte einen guten Meter mehr als vorher. Jetzt hatte mich der Ehrgeiz gepackt – knapp 2m weiter und wir müssen nicht am Hang schlafen. Ich rollte erneut zurück, wendete im harten Sand und fuhr einen großen Bogen aufs Meer zu um ordentlich Anlauf zu nehmen. Die etwa 50kmh wurden in etwa 6m zum Stillstand abgebremst, aber Ludwig stand oben! Geht doch! Wir machten ein großes Feuer und genossen die Atmosphäre am wohl besten Ort, den man sich für eine Übernachtung nur denken kann. Wir bekamen noch Besuch von zwei Australiern und etlichen schwarzen Käfern. 

Am nächsten Morgen machte sich die Truppe zur Abreise bereit. Nun kam der schwierigere Teil: Ludwig wieder auf den harten Sand bekommen. Ich schaufelte ein wenig den weichen Sand zur Seite und die beiden Männer schoben wie am Abend zuvor an der Bullbar, während ich ganz langsam aufs Gas drückte. Und siehe da, wir konnten uns ohne Hilfe vom Nissan befreien und stolz wieder das Festland erreichen. Ein tolles Erlebnis!


Nun bin ich also in Broome! Ich habe es tatsächlich geschafft von Melbourne bis ans andere Ende Australiens zu fahren! Ludwig macht nach wie vor einen tollen Job. Sparsam, viel Stauraum und ein richtiges Bett – was will man mehr? Das übrige Leben findet sowieso draußen statt, wenn man mit dem Wetter reist. Das einzige, um was ich ausgewachsene Camperkisten beneidet habe war ein Kühlschrank, weshalb ich vor kurzem ein elektrisches Kühlmodul integriert habe. Wenn der Riss in der Windschutzscheibe jetzt nicht doch noch quer auf die andere Seite wandert steht künftigen Abenteuern also nichts im Wege. Sobald Magdalena den Flieger genommen hat werde ich mich aber zunächst um einen Farmjob bemühen – irgendetwas Cowboymäßiges, was mir zu einer Visumsverlängerung verhelfen kann. Ich möchte mir die Möglichkeit offenhalten noch ein zweites Mal für einige Monate nach Australien zu kommen, um ein wenig Geld zu verdienen. Drückt mir die Daumen! Nun werde ich den Kram hier hochladen und dann wieder mit Mane auf den Strand fahren – diesmal allerdings ohne dicken Geländewagen im Rücken. Möge die Macht mit uns sein...

Bis demnächst,

Flo

P.S.: So wachen wir morgens auf... :-))

23. Juli 2013

Kakadu Nationalpark

Hola!

-und herzlich Willkommen zu Blogeintrag Nummer 39! Zur Feier des Tages gibt es so viele Bilder wie nie zuvor. Ich hoffe das Handynetz bricht beim Hochladen nicht zusammen! In den letzten Tagen hatte ich meistens keinen Handyempfang – der Norden und Westen dieses gigantischen Kontinents ist in weiten Teilen genauso dicht besiedelt wie dessen Zentrum – nämlich gar nicht. Wir sind bereits in Kununurra im äußersten Nord-Nordwesten und ich nutze die Zeit in der Bücherei, um euch von unserem Ausflug in einen der bekanntesten Nationalparks Australiens zu berichten, den Kakadu Nationalpark.

KK, nu Kakadu. Np!

Bohnen, yummi!
Deckchair Cinema
Für die Nacht in Darwin hatte ich mir extra einen Schlafplatz in der Nähe des Flughafens gesucht. Abends bin ich dort noch ein wenig mit dem Longboard durch die nahen Wohngebiete gecruist. Es war ein wenig unheimlich – die Straßen dort waren dicht bewachsen, teils gänzlich unbeleuchtet und ich wurde an jeder Ecke von Hunden angebellt. Am nächsten Morgen ging früh um 5 der Wecker, um die totmüde Magdalena vom Flughafen abzuholen. Die reizende Chilenin sollte meine Reisebegleitung für die nächsten 32 Tage sein – so viel Zeit haben wir daher, um in das nordwestliche Broome zu kommen. Mane (Magdalena) kam aus Melbourne, wo wir uns kennengelernt hatten und war dementsprechend positiv von den tropischen Temperaturen angetan. Wir verbrachten also zunächst noch drei Tage im gemütlichen Darwin, besuchten Strände und Märkte und ein tolles Outdoorkino. Mein Vogelnest Meine Haarpracht musste mal wieder gestutzt werden – Ich drückte Mane einfach die alte Bastelschere aus meiner Werkzeugkiste in die Hand. „Do it!“. Bis auf einen kleinen Ausreisser am Hinterkopf (Did you have a surgery..?) ist das Ergebnis auch vollkommen in Ordnung. Frisör, tzz! 


Am Lake Alexander, einem kleinen Strandnahen See mit fluoreszierenden Algenpartikeln verbrachten wir einen Abend bei Gitarrenmusik mit der Feuerkünstlertruppe. Der Plan war, am nächsten Morgen aufzubrechen, doch die Polizei machte uns einen Strich durch die Rechnung. Sie gaben allen Backpackern eine Stunde Zeit, dass Hafengelände zu verlassen, ansonsten drohe eine saftige Geldbuße. Das war aber nicht weiter schlimm, da ich ohnehin noch hellwach war – so fuhren wir das erste Stück gen Süden also mitten in der Nacht.

Langsamer als Ludwig: Bella

Am nächsten Morgen besuchte ich eine „Crocodile Jump Tour“. Man fährt dabei auf einem Boot den Fluss entlang, und wilde Krokodile werden mit Fleischbrocken dazu animiert, mit ihrem extrem kräftigen Schwanz aus dem Wasser zu schnellen. Magdalena sparte sich die 25 Dollar, da sie in Florida bereits Ähnliches gemacht hatte. Ich war zunächst skeptisch, da die ganze Aktion recht touristisch wirkte, doch im Nachhinein hatte es sich schon gelohnt. Die Fütterung entspricht dem natürlichen Jagdverhalten der Tiere, von denen sich tatsächlich mehrere hungrige Exemplare zeigten. Die aggressiven Salzwasserkrokodile werden bis zu 6 Meter lang und haben im Kakadu Nationalpark schon so einige Menschen auf dem Gewissen. Schwimmen im Adelaide River? Nicht wirklich empfehlenswert!

Schnappi hat Kohldampf

Wir passierten den Eingang zum Kakadu in der Abenddämmerung. An der Seite der Straße brannte mal wieder die Vegetation. Im Winter legt man hier kleine Feuer, damit bei Buschbränden im Sommer die Flammen nicht auf die andere Straßenseite überschlagen. Man kann nicht oft genug erwähnen, wie toll die Sonnenuntergänge hier sind. Was in Deutschland eindrucksvoll wäre, gehört hier zu den nicht erwähnenswerten Abenden. Ab und zu hingegen haut es einen einfach vom Hocker Sitz: Der ganze Himmel glüht orange-rot-violett. Wir verbrachten den Abend mit einem italienischen Pärchen, nachdem wir zusammen eine fette Spinne von der gemeinsamen Feuerstelle vertrieben hatten.


Australien packt die Lavalampe aus



Die Sonne ging auf und meine Blase überredete mich, früh aufzustehen. Nachts hatte ich es mir verkniffen, da der Wagen einmal Mosquitofrei war und einem vom dichten Waldboden ohnehin nur überall reflektierende Spinnenaugen im Licht der eigenen Kopflampe entgegenleuchten. Wir machten einen kleinen Dschungelhike, wo wir zunächst ein Vogelpärchen mit orangenem Rumpf und knallblauer Flanke sahen. Der Weg ging direkt am „East Alligator River“ entlang, dem ich mich ein wenig zu sehr näherte: Ich rutschte fast in den Fluss. Auf der anderen Seite sonnte sich gerade ein fettes Krokodil. Kinders Kinders, wenn ihr im Kakadu wandern geht, bitte bleibt auf dem Weg! Statistisch gibt es hier jedes Jahr zwei Fälle von Übergriffen der Krokodile auf Menschen – und das sind nicht die einzigen Gefahren, die hier lauern. Wir trafen ein australisches Pärchen, die auf der Suche nach seltenen Vögeln waren: Die Zeichnung zeigte einen Vogel mit orangenem Rumpf und blauer Flanke. Wir berichteten ihnen von unserer Beobachtung, woraufhin sie uns nur total entgeistert ansahen, umdrehten und mitsamt ihrer unbezahlbaren Fotoausrüstung den Weg zurück im dichten Busch verschwanden.


Wir besuchten anschließend Ubirr, wo es die eindrucksvollsten Felsmalereien Australiens zu bestaunen gibt. Eine der alten Zeichnungen zeigt einen Beutelwolf, der leider längst ausgestorben ist. Am Ende des kleinen Rundwegs stand man am Abhang vor einer atemberaubenden Aussicht, die der in den Grampians um nichts nachstand: Alle denkbaren Grüntöne strahlte das weitläufige, von dichtem Busch eingefasste Delta aus und die Schatten von Wolken wanderten hinüber.

Verdientes Päuschen bei akzeptablem Ausblick
Hier sieht man...öhm... einen tanzenden Hippiefrosch?

In der nähe gibt es eine „Crossing“ - eine betonierte Stelle im Fluss, wo Geländewagen auf die andere Seite gelangen können. Das ist jedoch nicht bei Ebbe möglich, da der Flusslauf umdreht und zu einem reißenden Gewässer wird. Zu der Zeit tummeln sich dort die Angler und versuchen, wenige Meter neben den Krokodilen einen der begehrten Barramundis zu fischen. Wir sahen mit an, wie ein Australier nach langem Kampf ein 91cm langes Exemplar aus dem Wasser zog.


Am nächsten Tag stand Wandern auf dem Programm. Wir hatten uns den „Barrk Bush Walk“ vorgenommen, eine 12km lange Schlaufe die zunächst über steiles Gestein führte. Der Weg war abgelegen und dicht bewachsen, sodass der eigentliche Pfad oft nur wenige Meter vor uns zu sehen war. Ab und zu mussten wir den Weg auch suchen. Stundenlang sahen wir keine Menschenseele. Umso erstaunter war ich, als mir plötzlich ein deutscher Teenager mit Tourette-Syndrom entgegenkam. Nach etwa 4 Stunden kamen wir erschöpft und mit leichtem Sonnenstich wieder am Ausgangspunkt an – es hatte sich gelohnt! Der Track war toll und die Natur einfach atemberaubend.












 
Ein bekannter Ort im Kakadu ist Yellow waters. Hier kann man neben unbezahlbaren Bootstouren auch einen Steg im Wasser des Sumpfgebiets bewandern. Neben eindrucksvollen Farbkontrasten sahen wir dort auch wieder mal ein wildes Krokodil und einige Vögel. Ein schwarzer Kormoran saß gemütlich auf einem Baum und hielt seine Flügel zum trocknen in die Sonne. Wir sollten später noch Leute treffen die tagelang im Kakadu waren und kein einziges Krokodil gesehen haben – unmöglich!

Nicht wirklich Yellow: Yellow waters

So sieht ein typischer Travellerabend aus:

 
Im südlichen Teil Kakadus warten Wasserfälle und Billabongs auf die Besucher, die oftmals leider nur mit dem Geländewagen erreichbar sind. Ein Ranger zeigte uns seinen Buschfunk, wo alle paar Stunden von einem feststeckenden Fahrzeug die Rede sei. Wir sparten uns daher den beschwerlichen Weg zu den berühmten Jim Jim Falls, die aber ohnehin nur in der Regenzeit wirklich eindrucksvoll sind und durch neue, touristische Infrastruktur wohl auch schon leider viel des ursprünglichen Reizes verloren haben. Unser Ziel hieß Maguk, welches zwar auch nur über eine „4WD-Only“-Straße erreichbar ist, die laut einigen Aussagen jedoch auch mit einem 2WD gemeistert werden könnte. Tatsächlich steckte Ludwig das meiste locker weg, lediglich ein kurzes, sandiges Stück war kritisch. Gut, dass uns hier kein Fahrzeug entgegen gekommen ist – wir wären mit Sicherheit stecken geblieben, wenn wir einmal anhalten hätten müssen. Am Parkplatz Wald, wo alle Leute parken angekommen stand Ludwig schließlich alleine neben ausschließlich allradbetriebenen Geländewagen. Tzz, Landcruiser!


Das letzte Stück zu „Magic Maguk“ musste zufuss zurückgelegt werden. Ein enger Pfad führt zunächst durch dichtes Sumpfland, bevor ein breites, steiniges Flussbett den Weg beschreibt.


Maguk
Schließlich erreichten wir Maguk. Es ist schwer diesen Ort zu beschreiben. Es ist mit der schönste, und sicherlich der tollste Ort den ich bisher in Australien gesehen habe. Es könnte einfach kaum besser sein! Nach abenteuerlichem Weg erreicht man dieses herrliche Billabong, in dessen klarem Wasser große Fische schwimmen. Die Wassertemperatur ist perfekt – erfrischend, aber nicht kalt. Man kann an den Felswänden verweilen, wo das reflektierte Licht des Wasserfalls an den Wänden tanzt. Rechts neben dem Wasserfall ist eine große Höhle. Was viele nicht wissen: Hier kann man hinaufklettern! Der Aufstieg ist nicht ungefährlich, aber es gibt auch einen gut versteckten Fußweg vom Flussbett hin zum Ursprung des Wasserfalls. Und erst dort oben sieht man, was diesen Ort so genial macht: Natürliche Whirlpools und ausgewaschene Felsplateaus zum Sonnen. Man kann dem Wasserlauf noch ein gutes Stück entgegen klettern und findet schließlich ein etwas größeres Becken, von wo verschieden hohe Positionen zum Klippenspringen einladen. Das nächste Becken ist dunkel und schattig, man kann sich das Wasser auf den Rücken prasseln lassen. Ein Becken weiter oben kann man schließlich durch einen Tunnel tauchen oder sich im Felsklettern / Bouldern versuchen: Sollte man am leichten Überhang abrutschen oder nicht weiterkommen, landet man im Wasser. Ein enger Spalt führt schließlich hinaus zum oberen Flussbett, wo man sich die Natur lediglich mit unzähligen Fröschen und roten Libellen teilen muss. Es gefiel uns dort so gut, dass wir spontan eine Nacht auf dem Maguk Campground verbrachten und den gesamten nächsten Tag dort verweilten. Und zu Beginn hatten wir ganz Maguk tatsächlich für uns alleine! Ich wagte einen Klippensprung aus etwa 8m Höhe und sprang außerdem in ein dunkles, kreisrundes Wasserloch: Wenn man Unterwasser dem Sonnenlicht folgt, gelangt man in ein anderes Becken. Wir genossen Zweisamkeit, Sonnenlicht und Dosenthunfisch auf Kräckern (damit habt ihr nicht gerechnet!) bevor wir diesem tollen Fleckchen Erde den Rücken zukehrten.



Am nächsten Tag nahmen wir den beschwerlichen Weg nach Gonlom auf uns, wo wiedermals natürliche Pools am Ursprung eines Wasserfalls zum Baden einluden. Auf dem Hinweg folgte uns ein offensichtlich hungriger Dingo, der sich in Ludwig verliebt hatte. Gonlom ist ein toller Ort, doch Maguk gefiel uns deutlich besser. 

Auch nicht schlecht: Gonlom


Wir verließen schließlich den Kakadu Nationalpark gen Süden. Ich war ja recht skeptisch, da Feriensaison war und viele Dinge angeblich nur mit dem Geländewagen machbar seien. Doch es war tatsächlich nicht viel los und Ludwig ist im Herzen ja auch ein kleiner Landcruiser. Der Besuch hatte sich gelohnt! Wir fuhren direkt nach Katherine durch, wo wir dringend unsere Vorräte auffüllen mussten: Wir hatten kein Trinkwasser mehr. Im örtlichen Coles traf ich doch tatsächlich schon wieder Andreas, den ich erst beim letzten Mal dort gesehen hatte. Australien ist zwar groß, doch irgendwie hat man trotzdem das Gefühl in einem Dorf zu sein. In Katherine hatten wir auch zum ersten Mal seit Tagen wieder Empfang. Mane erfuhr, dass ihr Bruder zuhause einen schweren Autounfall hatte und im Krankenhaus liegt. Kein schönes Gefühl, dann so weit weg zu sein. Bitte passt auf euch auf!

Katherine haben wir nun schon seit einigen Tagen hinter uns gelassen. Beim nächsten Mal berichte ich von unseren Erlebnissen auf dem Weg gen Westen! Haunse rein!

Flower