29. März 2014

Beachfeeling in Mordor

Die Stimmung auf der Fähre war eher getrübt. Es regnete in Strömen, die Elektrik vom Auto spackte rum und ich hatte mir mal wieder meinen linken großen Zeh an irgendeiner Türschwelle zermatscht. Der hat echt gelitten, mein linker großer Zeh. Auch das Hostel in Wellington besserte meine Laune nicht: Das Nomads dort ist genauso beschissen wie das Nomads in Melbourne. In den dunklen, miefenden Höhlen die man dort als „Dorms“ bezeichnet stehen Betten, die durch bloße Atembewegungen zum Quietschen gebracht werden können. Bemerkenswert! Ich verbrachte den Abend also damit, deutsche Hausfrauen im Online-Scrabble zum Weinen zu bringen. Nach einem Besuch im kostenlosen Nationalmuseum „Te Papa“ verließen wir die Hauptstadt Neuseelands am nächsten Morgen schnurstracks gen Norden. Immerhin das mediale, interaktive Museum hatte Einiges zu bieten: Neben einem Blauwalskelett ist dort auch ein Riesensquid in einem großen gläsernen Sarg eingelegt und ausgestellt. Man hat weltweit erst 3 dieser faszinierenden Tiere zu Gesicht bekommen, da sie in enormer Tiefe leben und normalerweise auch dort bleiben.


Vincent gönnte sich einen Mützenladen voll Schlaf, während ich immer weiter die Westküste hinauf fuhr. Erst in Wanganui hielten wir wieder an – wir sind mal eben ein Drittel der Nordinsel hoch gefahren. Verblüffender Fakt am Rande: Neuseeland kleiner als Australien. In Wanganui folgten wir einem schmalen Schacht in die Mitte eines Berges. Hier kann man sich von einer alten Dame in einem 95 Jahre alten Aufzug auf dessen Spitze fahren lassen. Es machte ein wenig den Eindruck, als würde die arme Omi in dem Aufzug wohnen. Gut durchgeschüttelt und 2 Dollar ärmer erklommen wir den gemauerten Turm dort und genossen die Aussicht. Selbst der gewaltige Mt Egmont zeichnete sich am Horizont ab.

Die Nacht verbrachten wir in einem umzäunten Naturreservoir bei Eltham an einem idyllischen See. Ein echter Geheimtipp! Eine Schleuse verhindert hier das Eindringen von Ratten, Igeln und anderen Tieren, die die heimischen Tierarten bedrohen. Wir teilten uns den Ort nur mit einem älteren Kiwipaar. Ich wollte gerade Kochen, als die Frau auf mich zukam und mir einen Topf unter die Nase hielt. „Cooked too much. Help yourself!“ Wir verbrachten den Abend also mit Gordon und Michelle, die in der „Bay of Plenty“ im Nordosten des Landes wohnen. Das sympathische Paar lud uns sogar zu sich nach Hause ein, sollten wir noch in die Region kommen.

Ein vergessener Tunnel
Unser nächstes großes Ziel war der Tongariro National Park. Dorthin gab es nur einen direkten Weg: The forgotten Highway. Die Straße hat ihren Namen nicht ohne Grund – sie führt durch absolutes Niemandsland. Es war so eine der Straßen, die mein Vater „Motorradstrecke“ nennen würde. Aber gut, eigentlich besteht Neuseeland nur aus solchen Straßen. Ein paar enge Kurven, Tunnel und 50.000 Schafe später erreichten wir den Ort Whangamomona. Dieses kleine Kaff mitten im Nirgendwo ist eine eigene Republik innerhalb Neuseelands. Mit dem Stempel in meinem Reisepass habe ich nun sogar Wahlrecht! Momentaner Präsident ist der Dorfmechaniker, der vorherige Präsident war eine Ziege. Wir spielten ein paar Runden Pool im einzigen Pub des Dorfes, während eine ausgebüchste Kuh am Fenster vorbei trabte. Ein Rastplatz am Rande des Nationalparks war unser Quartier für die Nacht. Es war kalt, regnete und unter den 24 Reisenden dort waren 22 Deutsche. Wozu bin ich nochmal ans Ende der Welt gereist?

Die Antwort sollte der nächste Tag bereithalten. Wir waren mal wieder überhaupt nicht vorbereitet und folgten einfach ein paar anderen Reisenden zum Endpunkt der „Tongariro Alpine Crossing“. Dort wird man dann über die Risiken informiert und zum Startpunkt der Wanderung gefahren. Das muss man eigentlich buchen – Man kann aber auch die Busfahrer abgrasen und es sich mit zu wenig Geld für ein Ticket auf den Notsitzen bequem machen. Fuckin' backpackers! Auch die Wahl meiner Schuhe sorgte mal wieder für Aufregung. Von „Isch des dein Ernscht?“ bis „Hoooly Shit!“ war alles dabei. Ich bin offenbar der erste, der die Neuseeländischen Alpen in Gummiflipflops überqueren möchte. Weicheier.

Über alte Lavafelder zum Tongariro
Mut und Leichtsinn liegen wie immer dicht beianander, und mit den ersten Sonnenstrahlen kann ich meine Zehen sogar wieder spüren. Der Track geht stetig bergauf und wir gönnen uns eine kleine Pause, während dessen ein Bayerntrikot nach dem Anderen an uns vorbei gelaufen kommt - Willkommen in Neuseeland. Irgendjemand hat einen kleinen Lautsprecher dabei und spielt die Titelmusik von „Herr der Ringe“ in Dauerschleife ab. Der gewaltige Mount Ngauruhoe zu unserer Rechten war im Film als Schicksalsberg im Lande Mordor zu sehen. Die Wolken verziehen sich nach Isengard und der aktive Schichtvulkan präsentiert sich von seiner besten Seite. Am Kraterrand des durch Eisenoxide rötlich verfärbten Kegels treten weißliche Gase aus. 
Flodo und Sam-Vince am Mount Doom
Wir durchqueren eine große Kraterebene und ich stelle fest, dass ich meine Sonnenbrille bei der letzten Pause habe liegen lassen. Vincent lacht sich schlapp. Meine Sonnenbrille führt kein besseres Leben als mein linker großer Zeh. Möge der neue Besitzer sie in Ehren halten! Doch auch Vincent blinzelte in die Sonne – seine Brille liegt irgendwo bei Toms Boot am Grunde des Hafenbeckens. Vor nicht einmal einer Woche haben wir uns noch um das eine Brillenetui gekloppt... Es geht doch schließlich nichts über gute Vorbereitung und angemessene Ausrüstung!

Nach einem weiteren Anstieg erreichen wir den „red crater“, wo es einen eindrucksvollen, tief roten Schlot zu bewundern gibt. Einige Meter weiter dampft mal wieder die Erde. In der Ferne hören wir immer mal wieder einen dreifachen, dumpfen Schlag. Wir können es uns nur so erklären, dass die Orks bereits auf dem Weg zu uns sind. 

Was denkt sich Mutter Natur bei solchen Formen..?
Der Kraterrand beschreibt den höchsten Punkt der Alpenüberquerung. Meine Flipflops sind schon ziemlich am Ende, und das Ziel der Wanderung liegt nochmal 400m tiefer gelegen als der Startpunkt. Es folgt ein steiler Abstieg durch Geröll, und die zahlreichen Wanderer stützen sich gegenseitig ab und kriechen teils seitwärts den Berggrad hinab. Ich bekomme mal wieder einige wirklich äußerst merkwürdige Blicke ab und laufe barfuß weiter. Dabei heißt der Berg doch Tongariro!


Vor mir tut sich der Atemberaubendste Ausblick auf, den ich in meinem Leben je gesehen habe. Was für eine irre Landschaft! Links sieht man einen großen Kratersee, im Vordergrund gibt es drei kleinere, grell türkisfarbene Seen. Rechts tut sich ein eindrucksvolles Tal auf, und im Hintergrund ist der Schlot und Berggipfel zu sehen. Überall kommt weißer Dampf aus dem Boden, durch den man ab und zu das Meer am Horizont erahnen kann. Keine Kamera der Welt kann diesen Ausblick wiedergeben, und ich habe momentan lediglich ein Handy zur Verfügung.

Neuseeland prollt ordentlich rum
Ich wage einen kleinen Abstecher zum ersten der türkisfarbenen Seen und taste mich in den Bereich vor, an dem Dampf aus dem Boden kommt. Es riecht extrem schwefelig und meine Füße wünschen sich die morgendliche Kälte zurück – schnell weg hier! Wir laufen weiter, wobei die Sicht durch all den Dampf Abschnittsweise extrem schlecht ist. Ein Warnschild am Rande erklärt, dass man den momentan aktiven, gefährlicheren Teil des Tangarirogebirges betritt. Die Schicht aus erhärteter Lava, auf der wir gerade laufen ist jünger als 2 Jahre. 

Wir beginnen den finalen Abstieg auf der Nordseite und passieren einen weiteren, stark dampfenden Schlot. Hier werden Wolken gemacht! Am Horizont tut sich die Caldera des Tauposees auf, welcher der größte See Neuseelands ist. Vincent träumt mal wieder von all den Forellen, die darin herum schwimmen müssten. Sooolche Brummer! In Kehren laufen wir den Berg hinab und erreichen schließlich eine Schutzhütte. Im Dach und Boden der Hütte gibt es jeweils ein großes Loch – im August 2012 wurde die Hütte bei einem Ausbruch von einem Felsen getroffen. Reparieren will das anscheinend niemand. Sieht ja auch cool aus, so ein Loch im Dach. Schutzhütte, pff.

Aus Dämpfen werden Wolken

Die Tongariro Alpine Crossing war der Höhepunkt meines Neuseelandtrips und ist absolut zu empfehlen. Man muss jedoch Glück mit dem Wetter haben – Simone hat den Trip ein paar Tage früher gemacht, sich am Knie verletzt und nichts außer Wolken gesehen. Doch wenn die Sonne scheint ist es einfach nur beeindruckend! Lediglich die hohe Anzahl an Touristen nervt, doch das ist verständlich: Wer kommt schon nach Neuseeland und fährt am Tongariro vorbei!?

Das Gebirge aus der Ferne
So, mittlerweile bin ich in Auckland angekommen! Ich versuche, morgen noch einen Eintrag über meine letzten zwei Wochen auf der Nordinsel hochzuladen. Übermorgen geht dann auch schon mein Flieger nach Asien, sollte er nicht verschwinden. Kommt ja neuerdings mal vor. In 25 Tagen bin ich dann „schon“ wieder in Deutschland!

Haunse

Flo

20. März 2014

Eine Woche auf dem Hippieboot

Kia Ora, Freunde des subjektiven Erlebnisberichts! Wir sind mittlerweile schon im Zentrum der Nordinsel, und es wird Zeit von der letzten Woche zu berichten.

Tom auf dem Weg zu seiner "Four Winds" (im Vordergrund)
Wir waren auf einem Boot. Joa, das war es eigentlich auch schon. Viel getan haben wir nicht und das war auch ganz gut so. Nach mehreren Wochen „on the road“ wird man einfach ein wenig reisemüde und wenn man dann an einen schönen Ort kommt fällt es nicht schwer, dort ein paar Tage zu versacken. Takaka war so ein Ort. Nirgendwo sonst in Neuseeland findet man eine dermaßen hohe Dichte an Dreadlocks, bunten Klamotten und Marijuanageruch auf den Straßen. Hier kann sich der bunt bemalte alternative Lebenskünstler energiegeladene Schokolade aus den selbstgemachten Hanfbeuteln zaubern. Takaka ist das Hippiezentrum. Aber wenn man all die Klischees mal zur Seite schiebt ist es einfach ein angenehm entspannter Ort mit der richtigen Atmosphäre, um mal ein paar Tage auszuspannen. Wir trafen zunächst Tom in seinem Farmhaus in Motueka. Ich hatte ihn ja damals von Carnarvon nach Perth mitgenommen und seitdem vor, ihn hier zu besuchen. Er teilt sich die Wohnung mit einem sehr entspannten Maori und zwei anderen recht seltsamen Typen. Es war ein ausgelassener Abend und die Truppe wurde immer größer. Irgendwie dauerte es an diesem Abend ungewöhnlich lange, das Zelt im Garten aufzubauen.

Thomas + Thomas
Am nächsten Morgen fuhren wir mit Tom schließlich zu seinem Hausboot, was bei Takaka an der Straße in den berühmten Abel Tasman Nationalpark liegt. Hier traf ich auch meinen Freund Thomas aus Carnarvon wieder, der hier mit seiner Schwester Simone auch schon ein paar Tage versackt ist. Mit an Board war außerdem noch ein junger Alaskaner (?) namens Mat. Wir schmissen das Nötigste in das kleine bunte Beiboot, was jedoch keinen wirklich vertrauenswürdigen Eindruck machte und fuhren direkt wieder in die Stadt. Für den Abend war eine Party geplant. Mehr wussten wir auch nicht. Was wir schließlich vorfanden war eher Festival als Party. Sie war ein wenig wie der Doof in Melbourne, nur mit Livemusik und deutlich mehr Menschen aller Altersgruppen. Man musste einem unscheinbaren, mit Kerzen markierten Pfad in den Wald folgen. Überall war bunte Dekoration, blinkende Lichter und interessant gekleidete Menschen. Sogar der Weihnachtsmann war dort. An einem großen Lagerfeuer wurde getrommelt, während wir ein paar Meter weiter in einem kleinen Zirkuszelt einen Chai-Tee nach dem Anderen schlürften. Die lokale Band war eine angetrunkene Mischung aus Muse und System mit selbstgebastelten Helmen aus Aluminiumfolie auf dem Kopf. Takaka eben. Später gab es dann noch harten Elektro bis tief in die Nacht. Und Chai-Tee natürlich. Eine tolle Atmosphäre!

Feuer, Trommeln, Chaitee: Ein Hippiefest bei Takaka
Leicht verkatert ging es am nächsten Tag wieder zu Toms Boot, der „Four Winds“. Der Zweimaster ist etwa 11m hoch und bietet genug Platz für einen gemütlichen Sitzbereich mit Holzofen, eine kleine Miniküche und zwei Kabinen. Es ankert im äußeren Hafenbecken in der idyllischen Wainuibucht und kann nur auf dem Wasserweg erreicht werden. Jeden Tag um 2 Uhr füttert der Besitzer vom Kaffeeboot die Mantarochen, die oft direkt neben uns am Steg entlang geschwommen sind. Ab und zu sieht man auch andere Meerestiere, die wahrscheinlich von den Fischerbooten abgeworfen werden.

Der Kollege hier schwamm Freistil
Tom ist gerade dabei das Boot zu renovieren und hatte es seit 8 Monaten nicht mehr in Betrieb. Wir versuchten daher erfolglos, den Motor zu starten. Thomas und ich besorgten schließlich die Autobatterien aus Schlodder und ihrem Leihwagen. Eine der beiden Batterien war sogar dicht und hat mir keine Löcher in die Hose geätzt. Wir bekamen den alten Kahn leider nicht zum Laufen, was der Stimmung aber keinen Abbruch tat. Tom, Vincent und Mat fuhren schließlich mit dem Beiboot zum Angeln hinaus. Das war leider nicht so erfolgreich wie das Angeln direkt am Boot: Abends hatten wir doch tatsächlich einen kleinen Hai am Haken. Ich hielt das Minimonster mit einem Handtuch fest, während Vincent den Haken löste. An einem anderen Tag hatten wir plötzlich einen Stingray an der Leine. Das Teil gab der Angel den Rest.


So verbrachten wir noch ein paar gemütliche Tage auf dem Hausboot. Nach und nach reisten Mat, Thomas und Simone ab und Vincent und Ich hatten das Boot für uns alleine. Tagsüber wurde geangelt, gelesen oder einfach nur draußen in der Hängematte abgeschimmelt. Die Abende wurden dann mit Kochen, seeehr entspanntem Karten Spielen und Serien schauen verbracht. Oftmals verließen wir das Schiff nur ein mal täglich für den Toilet-Run und einen schnellen Supermarktbesuch. So ein Schiffsrumpf ist einfach extrem gemütlich. Und durch das permanente Schwanken fühlt man sich irgendwie dauerhaft betrunken. Super.

Am vorletzten Abend gab es noch einen genialen Sonnenuntergang: Das ganze Meer leuchtete

Ausnahmsweise kein Stein
Es dauerte geschlagene fünf Tage bis wir uns dazu aufraffen konnten, den „Farewell Spit“ zu besuchen. Die äußerste Nordspitze der Südinsel in Form einer Sense lockt mit tollen Stränden und Seehundkolonien. Ich fand einen kleinen Höhleneingang und wir wagten uns mutig hinein. Es wurde so dunkel, dass man kaum noch etwas sehen konnte als plötzlich ein bedrohliches Grummeln vor uns hören. Es klang wie ein Bär aber war wahrscheinlich „nur“ ein ausgewachsener Seelöwe – wir sind jedenfalls deutlich schneller hinaus als hinein gegangen. Die Landschaft am Farewell Spit ist wirklich wunderschön. Vor allem die kleinen Babyrobben sind total putzig. Es war mein bisher schönster Ort in Neuseeland. Abspülen ging an dem Abend jedoch auf mich, da ich ein paar Steine mit Robben verwechselt habe. Scheiß Wetten.

Wharariki Beach please!
Ein Robbenbaby schwimmt in Richtung Ozean. Süüüüß!
 
Irgendwann kam der Zeitpunkt, dass wir das Boot verlassen mussten. Sonst kommen wir ja nie hier weg! Es war dann aber auch schon 4 Uhr Nachmittags, als wir endlich im Auto saßen. Auf in den Abel Tasman NP! Seit einer Woche stehen wir direkt neben dem wohl berühmtesten Nationalpark Neuseelands und waren nicht einmal dort. Normalerweise gelangt man aus südlicher Richtung dorthin, doch es gab auch eine Schotterstraße von Norden. Die Strecke war wirklich nichts für schwache Nerven (ich hatte meinen Spaß) und wir waren pünktlich zum Sonnenuntergang in Totaranui. Am Strand wussten wir dann, warum der Park so beliebt ist: Ein absolutes Paradies. Wir gönnten uns einen Kälteschock im Ozean und gingen wieder zum Auto, da wir zum nahen Campingplatz fahren wollten. Wir wollten, aber Schlodder wollte nicht. Der Funkschlüssel hat irgendeine Macke, sodass manchmal anstatt einem Motorengeräusch nur eine extrem laute und in seinen Geräuschen variierende Alarmsirene zu hören ist. Erst als wir die Funkbatterie mit einem Feuerzeug erhitzt haben ging der Wagen an. Mittlerweile habe ich ein altes Tshirt in die Hupe gestopft, um den Lärm zu minimieren. Zwei Stunden und so einige genervte Touristen später mussten wir uns dann entscheiden: Hier bei unzähligen Sandfliegen 30 Dollar für einen Zeltplatz bezahlen oder lieber doch noch eine Nacht aufs Boot? Hmm...
Totaranui Bay im Abel Tasman NP

Nach einer Runde Hackisack bei Tom machten wir uns schließlich auf den Weg in Richtung Autofähre nach Picton. Natürlich nicht, ohne vorher noch bei Burger King vorbei zu fahren und einen Salat zu essen. Ja, die machen auch tollen Salat! Mit Fleisch und Brot drumrum. Auf Empfehlung von Thomas nisteten wir uns für eine Nacht in der Sequoia Lodge in Picton ein, wo es jeden Abend um 6 unschlagbaren selbstgemachten Schokopudding aufs Haus gibt. Gut gefüllt genossen wir unseren letzten Abend auf der Südinsel und nahmen am nächsten Tag die Autofähre nach Wellington.

Bis zum nächsten ganz bestimmt recht baldigen Mal,
Flo

Cheers und Tschüss!

12. März 2014

Déjà-vu im Fjordland

 
Die Straße nach Te Anau
Es dämmerte bereits, als Vincent und ich in Te Anau ankamen. Die Straße dorthin war malerisch schön. Wir buchten uns in einen Campingplatz ein und bauten zum ersten mal das Zelt auf, was im Auto mit dabei war. Die Regenplane an der Spitze war nicht mehr da, aber dafür hat man ja ein Handtuch. Am nächsten Morgen stand unsere Wanderung auf dem Plan. Wir wollten den Kepler Track bewältigen, einen der neun „Great Walks“ Neuseelands. Für den 60 Kilometer langen Weg hatten wir bereits zwei Übernachtungen in den Berghütten gebucht – die Erste der eigentlich 3 Hütten hatten wir übersprungen, da sie ausgebucht war und man auch stolze 60 Dollar pro Nacht bezahlt. Demnach war unsere erste Etappe mit etwa 8 Stunden Laufzeit nicht zu knapp bemessen. Aber das ist natürlich kein Grund sich den Wecker zu stellen oder gar Tickets und Pläne schon am Vortag zu besorgen! Als wir die Hängebrücke zum Startpunkt der Wanderung erreichten war es bereits 14 Uhr.

Hier war die Welt noch in Ordnung / trocken
Gut, dass ich seit Monaten meine dicken Wanderschuhe mit mir herum geschleppt habe. Nach 20 Minuten ziehe ich sie aus und laufe in Flip Flops weiter – an zwei Stellen waren meine Füße bereits offen. Offenbar haben die Schuhe meine Arbeit auf der Manberry Station in Australien nicht überlebt. Auch stellten wir recht schnell fest, dass unsere Vorbereitungen nicht wirklich optimal waren: Es wäre viel klüger gewesen, Vincents großen Rucksack zu nehmen uns sich mit dem Tragen abzuwechseln. Egal, zu spät! Vincent half mir netterweise mit dem Tragen der Schuhe und meines Schlafsackes, der nicht mehr in den Rucksack gepasst hat. Wir hatten etwa zwei Drittel der Strecke hinter uns, als es zu regnen begann. Ui, wie erfrischend! Leider sollte es nicht mehr aufhören zu regnen und wir froren uns den Arsch ab. Vincents Jacke hielt dicht, doch ich war nass bis auf den Keidel. Auch mein Schlafsack hatte sich mit Wasser vollgesogen. Wie sehr wir dieser verfluchten Hütte entgegen gefiebert haben! Irgendwann kamen wir dann aber an und machten erst mal eine Inventur: Unsere letzten trockenen Sachen beliefen sich auf ein Tshirt von Vincent und zwei Boxershorts von mir. Wir teilten brüderlich („Du kriegst die olle Fletsch!“) und liehen uns noch Klamotten von anderen Wanderern. Der Hüttenweirdo Ranger hatte nicht schlecht geschaut, als ich ihm meine Flip Flops zeigte. Das ganze Unterfangen erinnerte mich ein wenig an meine Dschungeltour in Laos – In Flip Flops bis zur Ohnmacht. Leider sollte der Ofen am Abend ausbleiben.


Nachts wurde es dann, man könnte sagen, ein klein wenig frisch. Es war die kälteste Nacht meines Lebens. Der kalte Wind, der durch die Hütte zog machte auch vor meinem nassen 20-Dollar-Schlafsack keinen halt. Irgendwann hatte ich Muskelkontraktionen am ganzen Körper und beschloss in die Küche zu gehen, um mich irgendwie über ein Herdfeuer zu beugen. Dort traf ich dann den Ranger, der zufällig wach geworden war. Er schaute mich zunächst an wie ein Gespenst, drehte um und kam mit einer Kiste Feuerholz, warmen Klamotten und einem Kakao wieder. Der Mann, so komisch er auch sein mag, liebt seinen Job und ist wirklich super nett. Ich hatte sogar ein wenig Glück im Unglück: Unweit der Hütte waren offenbar ein paar der äußerst seltenen Kiwivögel und wir konnten sie lauthals singen hören. Nachts dick eingepackt am Ofen einer Alpenhütte den Kiwis beim Singen zuhören – eine tolle Atmosphäre.

"Regenwald" mal anders

Kaka, du!
Am nächsten Morgen war ich schließlich übermüdet und ordentlich erkältet. Auch der Wetterbericht mochte uns nicht: Schneestürme und eine Schneefallgrenze von 1000m waren vorausgesagt. Die nächste Etappe sollte auf dem Berggrat entlang bis auf 1500m gehen, und auf dem Weg dorthin stand Regen auf dem Programm. Flip Flops hin oder her, dafür waren wir beide nicht ausgerüstet. Wir verbrachten also einen weiteren Tag auf der „Irisfall Hut“ mit dem Besorgen von Feuerholz, einer kleinen Wanderung zu einem nahen Wasserfall und wir spielten Gin Rommé um Gummibärchen Genussbärchen. Leicht enttäuscht liefen wir dann am dritten Tag die gesamte Strecke wieder zurück. Schade! Immerhin hatten wir noch unseren Spaß auf einem uralten, abgesperrten Teilstück des Weges und wir sahen einen seltenen Kaka-Vogel, wer auch immer den so genannt hat. Falls einer von euch jemals den Kepler Track läuft und den „Big Slip“ erreicht, wo 1984 ein gewaltiger Erdrutsch das Landschaftsbild verändert hat: Lieben Gruß an meine Schuhe!

Und Tschüss!
Gegen Ende der Wanderung zog es schon ordentlich in meinen Füßen – die Flip Flops waren mal wieder so am Ende, dass mein linker Fußballen schon auf dem Boden lief. Da ist vielleicht mal ein neues Paar fällig! Auch die Sand Flies machten uns im Wald ordentlich zu schaffen – an Pausen war nicht zu denken. Diese Viecher sind wirklich die niederträchtigsten Lebewesen überhaupt. Lautlos, kaum größer als Fruchtfliegen und zu jeder Zeit zahlreich vorhanden. Stiche bleiben etwa 2 Wochen, jucken wie die Pest und entzünden sich auch gerne. Nein, ich weiß nicht wie die Pest juckt aber so stelle ich es mir vor. Sandfliegen sind wohl der eine negative Aspekt, der jedem Reisenden aus Neuseeland in Erinnerung bleiben wird. Dementsprechend erleichtert erreichten wir unser Auto und stellten erfreut fest, dass nicht eingebrochen worden ist. Schlodder ist nun mal verlässlich! Ok, wenn es danach geht besitzen wir wohl das verlässlichste Auto Neuseelands.
 
Unser nächstes Ziel war der berühmte Milford Sound, der etwa eine Fahrtstunde nördlich von Te Anau gelegen ist. Die Straße dorthin war einfach der Hammer:

Nach einem Tunnel tat sich dieses gewaltige Tal auf

Auch der Milford Sound an sich ist touristisch, aber wirklich beeindruckend. Wir hatten eine Fährfahrt bis ans Meer für je 49 Dollar ergattern können. Die meisten Reisenden kommen mit einem Shuttle aus Queenstown und zahlen etwa 180 Dollar für eine kürzere Fahrt. Im Milford Sound regnet es an 300 Tagen jährlich, manche der Täler dort kriegen 14 Meter Niederschlag pro Jahr. Gewaltige Gletscher hatten die Landschaft einst so geformt. Die magische Atmosphäre an diesem Ort ist schwer zu beschreiben und auch auf Bildern nicht festzuhalten. Die großen Fähren wirken neben den bis zu 1700m hohen Steilwänden mit ihren dutzenden Wasserfällen total verloren.

Wer sich übrigens fragt, was der Herr Schettino nach seinem Maleur mit der Costa Concordia heute so macht: Er arbeitet als Kapitän auf der „Go-Orange“-Fähre im Milford Sound. Das hätte mir mal jemand vorher sagen sollen! Ich bin extra vorne an die Spitze des Bootes gegangen, als er ganz nah an die Stirling Falls, einen der großen Wasserfälle dort heranfuhr. Dachte ich zumindest – er ist natürlich IN den Wasserfall gefahren und ich war (schon wieder) patschnass. Was für ein Getöse! Wir sahen außerdem noch eine Kolonie Robben, einen Pinguin und dicke Krabben, die sich die Crew zum Abendessen gefischt hat. Eine tolle Tour!

Die Stirling Falls


Den Rest des Tages verbrachten wir damit, wieder nach Queenstown zu fahren. Nach einer unschlagbaren 5-Dollar-Pizza bei Dominos (Die Firma hat uns vor dem Ruin bewahrt) nächtigten wir wiedermal auf einem der günstigen DOC-Campingplätze. Die Nacht war kalt, am nächsten Morgen waren die umliegenden Hügel mit Frost bedeckt. Nach Wanaka fuhren wir die Passstrasse zur Westküste, wo wir jedoch erst am nächsten Morgen ankommen sollten: Lotsen müssen die Autos einzeln an einem Erdrutsch vorbeischleusen. In Neuseeland hat nun mal die Landschaft die Hosen an!

Ein Tal bei Wanaka
Die Westküste

So fuhren wir also Stück für Stück die Westküste hinauf. Wir campten an herrlichen, klaren Seen und durchquerten dichte Wälder. Die Straße war oft abenteuerlich, und hinter einer Kurve sah ich aus dem Augenwinkel eine Art Kugel über die Straße kriechen. Wir fuhren zurück und fanden einen kleinen Igel verängstigt zitternd und zusammengerollt auf der Straße liegen. Bevor wir aussteigen konnten kamen noch zwei Autos – das letztere fuhr so knapp am Igel vorbei, dass wir dachten es hätte ich sich ausgeigelt. Ich schnappte mir das arme Ding und wir nahmen ihn mit zum nächsten Waldstück. Ihm gefiel offenbar Housemusik, und nach ein wenig Wasser wurde er plötzlich wieder richtig munter. Schweren Herzens trennten wir uns von dem unverschämt süßen Tier und setzten ihn im Wald aus.

Auf diesem Bild sind 2 Tiere, 1 davon hätten wir nicht gerettet!
Es ging also ohne Igel weiter gen Norden. Bis zum Wochenende wollten wir es nach Takaka schaffen, wo mein Freund Tom aus England mit seinem Hausboot auf uns wartete. Der Autofahrer vor uns fuhr so grottig, dass ich schlechte Laune bekam. Er schlich auf den Geraden hinter dem Vordermann her und überholte dann an den unmöglichsten Stellen. Ich bin ja selbst kein Engel auf der Straße, aber das ging wirklich gar nicht. Wegen solchen Idioten verlieren Andere ihr Leben! An einer der zahlreichen einspurigen Brücken hielt der Wagen, schaltete ohne ersichtlichen Grund in den Rückwärtsgang und rammte uns trotz langem Hupens seine Anhängerkupplung in die Motorhaube. Was!? Der Fahrer entpuppte sich als 22-jährige Kanadierin. Ich fragte sie zunächst ob sie betrunken sei, bevor ich ihr erklärte dass Menschen wie sie kein Auto fahren sollten. Soll doch der Franzose fahren der mit dabei war! Den Tränen nahe ließen wir sie einen kleinen Schuldzettel schreiben und ich machte Fotos vom Reisepass. Wir sind nun 100 Dollar reicher und Schlodder sieht genauso scheisse aus wie vorher. Gut, dass wir keinen Mietwagen haben! 

Irgendeiner der Seen

Ein weiterer Pflichtstopp auf dem Weg gen Norden sind die Gletscher „Franz Josef“ und „Fox“. Jeder unserer Reiseführer schwärmt von den Gletscherbegehungen. Jeder unserer Reiseführer ist aber mindestens 5 Jahre alt, und mittlerweile ist von den Gletschern nicht mehr viel übrig. Die kleinere Wanderung zum Franz Josef ist ziemlich enttäuschend. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis die touristischen Alpendörfer dort in sich zusammen fallen. Eine Frage blieb uns jedoch: Warum hat es dort permanent nach Schokolade gerochen? 

War mal spektakulär: Franz Josef der Gletscher

Nach einer letzten Nacht am idyllischen Nelson Lake erreichten wir vor ein paar Tagen schließlich Motueka und haben Tom wiedergetroffen. Momentan leben wir auf einem Boot! Dementsprechend bin ich viel zu entspannt, um mir viel Zeit zum Blog schreiben zu nehmen und habe diesen Eintrag mehr oder weniger „hingeschissen“. Sorry dafür! Ihr habt es anscheinend überlebt. Beim nächsten Mal berichte ich also vom Leben auf dem Hippieboot. In 3 Wochen geht bereits mein Flieger nach Singapur und in 6 Wochen bin ich schon wieder zuhause! 

Embrace yourself...

Flo