Hallo!
„Hallo“ ist deutsch und ist
das allgemein gängige Wort in Neuseeland, um Leute zu begrüßen.
Das liegt daran, dass etwa die Hälfte aller Reisenden deutscher
Herkunft sind. Grausam! Mittlerweile geht einem sogar der deutsche
Akzent frischer Reisender auf die Nerven. Gestern Abend kam ein Mädel
zu unserem Auto: „Exkuss mi, aju afrait off spaidass?“ Ich habe
direkt auf deutsch geantwortet. Unser liebstes Beispiel ist aber nach
wie vor ein Reisender, den Vincent in einem Roadhouse in Australien
vor sich in der Schlange hatte. Er zeigte auf die Waren in der Theke:
„Wonn, wonn, wonn! Satt, satt ent satt!“ Es ist ja eigentlich
gemein über Akzente zu lästern, aber hier redet man wirklich Leute
auf Englisch an und bei der Antwort kommen einem nach 2 Wörtern die
Kartoffeln aus dem Mund entgegen geschossen.
Ok, eigentlich wollte ich nur „Hallo“
schreiben. Hat nicht geklappt. Wie auch immer, ich werde euch in
diesem Eintrag von Queenstown berichten, der bei Reisenden wohl
beliebtesten Stadt Neuseelands. Hier mussten wir zum ersten mal
mehrere Tage vorab ein Hostel reservieren. Und Queenstown hat
wirklich einiges zu bieten – sonst würde ich auch keinen seperaten
Eintrag dazu schreiben. Qtown liegt in den Alpen an einem großen
See. Das kitschige Blau des Wassers spielt mit den kontrastreichen,
kargen Hügeln und den schneebedeckten Felsmassen, die den
Hintergrund beschreiben. Man fühlt sich ein wenig wie in einer
ungewollten Kreuzung aus Skidorf und Strandpromenade.
Im Ort reiht sich ein Reisebüro an das
Andere; überall kann man zahlreiche Aktivitäten buchen. Sei es Wild
water rafting, Helikopterflüge, Jetbootfahren, Canyoning, Skydiving
oder Bungyjumping - hier kann man gut und gerne 1000 Dollar am Tag
verprassen. Queenstown wird nicht umsonst „Action Capital“
genannt. Wir schauten uns zunächst in Ruhe den Ort an und buchten
jeweils eine Kleinigkeit für den übernächsten Tag. An meinem
Geburtstag schlenderten wir in eine gemütliche Bar mit Livemusik.
Groß gefeiert wurde jedoch nicht, da ich meinen Sprung ungern
verkatert antreten wollte. Macht aber nichts, wir waren schließlich
noch ein paar Tage da! Ich liste einfach mal die Aktivitäten auf,
die ich unternommen habe – nur ein ganz kleiner Ausschnitt der
dortigen Möglichkeiten.
Regeln sind Regeln! |
Frisbeegolf: Wie auch Bungyjumping
wurde Frisbeegolf in Queenstown erfunden. Man kann sich überall im
Ort für 5 Dollar am Tag eine Frisbee oder Wurfscheibe (besser!)
ausleihen und zum Parkour in den Stadtpark gehen, der auf einem
Landzipfel im See gelegen ist. Wie beim Golf gilt es dann, 18 Bahnen
zu meistern. Natürlich gibt es dafür keine Bälle und Schläger,
sondern eine Frisbee. Wer hätte damit gerechnet. In bis zu 180m
Entfernung steht ein spezieller Auffangkorb, und oftmals erschweren
Büsche, Bäume und Höhenunterschiede das Vorankommen. Vincent und
ich hatten eine Mordsgaudi. Vor Allem wenn die Wurfscheibe des
Anderen am Hang ins Rollen gerät und irgendwo außer Sichtweite im
Gebüsch verschwindet ist die Schadenfreude groß – schließlich
steht ein Sixpack Bier auf dem Spiel! Genau, auf dem Spiel! Der
deutsche Regelnazi besteht daher auch immer darauf, dass ein Fuß
genau da platziert wird, wo die Frisbee gelandet ist. So bahnt man
sich dann seinen Weg durch den hübschen Stadtpark. Frisbeegolf hat
mich absolut überzeugt. Es ist günstig, leicht zu lernen und macht
wirklich Spaß. Man kann es auch prima in der Gruppe mit ein paar
Bierchen verbinden, Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit ist in
Neuseeland ja im Gegensatz zu Australien wieder erlaubt. Wer
Queenstown besucht kommt um ein paar Runden Frisbeegolf jedenfalls
nicht herum!
Vincent wirft Wurfscheiben wegen wirklich windigem Wetter weit weit weg |
Biergartenstimmung in QT |
Fear Factory: Das berühmte Horrorhaus
ist über Neuseeland hinaus bekannt. Für 29 Dollar kann man sich
hier in der Gruppe durch stockfinstere Räumlichkeiten wagen, in der
so mancher Schocker auf einen wartet. Eigentlich halte ich von so
Horrorhäusern nicht viel, doch wenn man schon mal hier ist sollte
man die Chance vielleicht nutzen. Mit den Händen an der Schulter des
Vordermanns muss man roten Laserpunkten folgen. Tatsächlich sind wir
ordentlich zusammengeschreckt, wenn einer der Liveanimatoren uns
plötzlich übers Kinn gestreift oder in den Nacken gehaucht hat. Zu
viel möchte ich hier auch nicht verraten, falls jemand das Haus noch
besuchen will. Nach 20 Minuten war der Spaß jedenfalls vorbei, und
wir haben keine bleibenden Schäden davon genommen. Also keine Neuen
jedenfalls. Ob die Sache wirklich 30 Dollar (20 Euro) wert ist
bezweifle ich jedoch – es war wohl mein erstes und letztes
Horrorhaus. Zum Schießen waren jedoch die Fotos, die einem nach
Abschluss der Aktion für etwa 5 Monatsgehälter zum Verkauf
angeboten werden: Normalerweise sieht man hier angsterfüllte
Gesichter und schreckhafte Posen. Bei Vincent und mir sah das etwas
anders aus: Mit meiner Hand auf seiner Schulter grinse ich amüsiert
in die Kamera, während mein Vordermann in leicht gebeugter Haltung
erstaunt nach oben schaut. So eines von den Bildern, die bei schwulen
Pärchen im Wohnzimmer stehen.
The Luge: Das ist eine Art selbst
lenkbare Sommerrodelbahn mit phänomenaler Aussicht. Die Gondelfahrt
auf den Berg und 5 Luges sind für 50 Dollar zu haben. Bei der ersten
Fahrt muss man die Panoramastrecke nehmen, danach kann man auch einen
steileren Kurs wählen. Die Aktion ist wirklich witzig und man ist
einigermaßen flott unterwegs. Besonders anspruchsvoll ist es um die
Asiatinnen herumzugurken, die mit etwa Schrittgeschwindigkeit auf der
Bahn idlen. Die quieken dann auch immer so komisch! Klischee
bestätigt. Leider neigen die Luges in Kurven recht schnell zum
Kippen und driften dann an die Seite – Bei der letzten Fahrt habe
ich bestimmt den nicht vorhandenen Streckenrekord geknackt, was
jedoch in einem blauen Fleck an der Hüfte resultierte.
The Luge |
Nevis Highwire Bungy: Der Bungy kostet
mit Bildern etwa 300 Dollar und ist einer von Dreien in der Region.
Jedoch ist er anstatt 43m und 47m einfach mal stolze 134m tief. Damit
ist „der Nevis“, der als König aller Bungysprünge gilt der
dritthöchste Bungy der Welt. Eine Besonderheit ist, dass das Seil an
den Füßen festgemacht wird. Man muss also kopfüber abspringen.
Desweiteren springt man von einer kleinen Plattform, die an
Stahlseilen über ein Tal gespannt ist. Mir war von Anfang an klar,
dass ich den Nevis machen möchte, wenn ich nach Queenstown komme.
Vincent hat sich für einen Skydive entschieden. Doch dazu muss man
ein Flugzeug betreten, igitt! Außerdem gelten Bungies als
schwieriger, weil man sich selbst überwinden muss zu springen –
die Angestellten dort dürfen einen nicht schubsen. Und wenn man am
anderen Ende der Welt die Chanche hat, DEN Bungy zu machen, dann muss
man das doch einfach tun, oder nicht? Das ist doch so, als würde man
von Jessica Alba entjungfert werden. Mit der Einstellung habe ich
jedenfalls den Sprung gebucht – als ich dann aus dem Allradbus
stieg und mein Blick auf die Plattform fiel war mir diese
Argumentation jedoch völlig fremd. Warum habe ich das nochmal
gebucht? Dafür bezahle ich auch noch Geld? Was mache ich hier? Bin
ich jetzt völlig bekloppt?
Die Plattform |
Auf einer Aussichtsplattform bekommt
man eine kleine Sicherheitseinweisung und kann den wohl ebenfalls
bekloppten Vorgängern beim Springen zuschauen. Das war der Moment,
in dem auch die letzte Farbe aus den Gesichtern der neuen Gruppe
verschwand. Gute 8 Sekunden fällt man kopfüber ins Tal, bis man 10
Meter über dem Boden zurück katapultiert wird. Eine kleine, offene
Gondel brachte uns zu der Plattform. Aus den Lautsprechern schallt
aggressiver Hiphop. Man kann durch einen Glasboden in das Tal
schauen. Oh, ein Fluss. Nie zuvor in meinem Leben war ich so nervös.
Vor mir springt ein ziemlich englisch aussehender Engländer. Im
letzten Moment krallt er sich reflexartig am Bauch des Angestellten
fest und fällt mehr von der Plattform, als das er springt. Es sah
urkomisch aus, doch keiner lacht. Wir waren schließlich die
Nächsten. Ich bekam das Geschirr an die Beine. Wo bleibt der Richter
mit der Giftspritze? Habe ich noch ein letztes Wort? „Next one!
Florian! 86 Kilo, same Rubber!“ Ich robbte zum Sprungbett und
schaute hinab. Oh, das war ein Fehler. Also das Hinabschauen. Oder
vielleicht doch alles hier!? Vom Greifarm aus wird ein Foto gemacht.
Ich werde sie später kaufen, da ich vor allem dieses eine Bild hier
haben wollte: Ein Bild von sich selbst in absolutem Angstzustand.
Aber das ist wohl die Essenz dieser Aktion: Trotzdem Springen, wenn
jede einzelne Körperzelle dagegen ist.
Ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer Schritt für mich |
Der Blick in die Tiefe |
Der Sprung an sich ist unbeschreiblich.
Man vergisst alles um sich herum und schreit aus vollem Hals. Das
Seil spannt sich und sämtliches Blut aus dem Körper will in den
Kopf – vielleicht kann man im Fluss ja eine hübsche Forelle sehen.
Mir regnen silberne Schuppen vor den Augen und ich hole zum ersten
mal wieder Luft. Beim zweiten „Rebounce“ muss ich die Lasche aus
meinem linken Schuh ziehen, um die Federung zu minimieren. Ein
lautes, metallisches Klacken verrät, dass die Winde anfängt zu
arbeiten. Das wurde zuvor mehrfach erwähnt, da bei dem Geräusch
Leute in Panik geraten sind. Ich war jedenfalls froh, wieder festen
Boden unter den Füßen zu haben, wenn man die Plattform denn so
nennen kann. Der Nevis Bungy hat sich definitiv gelohnt. Leider war
es ein wenig Massenabfertigung, doch an dem Tag war perfektes Wetter
und 150 Leute wollten springen. Man darf den Nevis jedoch nicht
unterschätzen – es ist nicht vergleichbar mit irgendeinem
Fahrgeschäft auf der Kirmes oder im Freizeitpark. Es ist pure
Überwindung von der Plattform zu springen und es sind enorme Kräfte,
die auf den Körper wirken. In meinem rechten Auge ist eine Ader
geplatzt und ich laufe seit einer Woche herum wie ein Zombie. Wer
Zombies mag sollte aber definitiv nach Queenstown kommen.
Fergburger: Der angeblich beste Burger
der Welt ist für 11 Dollar in Queenstown zu haben. Die Schlange vor
der Theke expandiert jederzeit den Bürgersteig hinauf. Als wir an
meinem Geburtstag den BIG AL, den König aller Burger haben wollten,
mussten wir 90 Minuten warten. So kann man seinen Geburtstag auch
verbringen! Und man muss sagen, die Burger dort sind wirklich richtig
gut. Ob es die besten der Welt sind weiß ich nicht, aber Fergburger
muss definitiv besucht werden. Mehrfach.
Mittlerweile haben wir Queenstown
verlassen. Vincent und ich haben uns dazu spontan ein Auto gekauft.
Da die beste Reisezeit sich dem Ende neigt sollte es wenn Überhaupt
die ranzigste Karre sein, die Neuseeland zu bieten hat. Und
tatsächlich haben wir bis heute kein Auto gesehen, was so abgef****
aussieht wie unser guter alter „Schlodder“. Leute drehen sich
nach uns um und grinsen, und wir müssen selbst immer wieder lachen,
wenn wir den Wagen sehen. Kein Karosserieteil sitzt noch genau da, wo
es hingehört. Schlodder war wohl mal ein Rallyewagen. Aber hey, die
inneren Werte zählen! Der Honda Integra hat uns je 400 Dollar
gekostet, hat 2 Monate Tüv und Rego und ist ein echter Charakter. Er
hat Automatik, braucht nur 7-8l Sprit und ist richtig flott
unterwegs. Endlich kein rollendes Verkehrshindernis mehr! Man kann
den Motor jedoch nicht starten, ohne dass die Alarmanlage aufheult –
zur Freude der Rentner auf dem Bürgersteig. Mit eigenem Wagen kann
man die umwerfende Natur dieses Landes einfach am besten „erfahren“.
Tatsächlich stellt Neuseeland Australien und alles Andere was ich
bisher gesehen habe in den Schatten, was die Landschaft angeht.
Schlodder |
Vincent und ich werden also noch ein
wenig zusammen weiter reisen, was eigentlich nicht geplant war. Aber
wir kommen sehr gut miteinander aus, wenn man von Kleinigkeiten mal
absieht. Da wäre zum Beispiel seine Angewohnheit, vom absolut Allem
den Deckel nicht richtig zu verschließen. Soße, Shampoo, Nutella –
Vincent ist ein Deckelfaker. Das treibt mich in den Wahnsinn! Vor
Allem kombiniert es sich nicht gut mit meiner eigenen schlechten
Angewohnheit, sämtliche Dinge die ich in die Hand nehme mit 2-3
Saltos durch die Gegend zu werfen. Außerdem reden wir zu oft über
Döner und kriegen Hunger. Apropos Hunger, ist mal gut jetzt hier!
Bis zum nächsten mal!
Flodo aus dem Frauenland
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