28. Januar 2014

Vom Krankenhaus zum Karriwald

Da war ich also plötzlich in Perth, der einsamen Hauptstadt im Südwesten dieses gigantischen Kontinents. Nachdem ich Tom zum Flughafen gefahren habe war es 5 Uhr morgens und bereits hell und auch warm. Einer der heißesten Tage seit Jahren stand vor der Tür, mindestens 44° im Schatten. Ich nutzte also die frühen Morgenstunden, schnappte mir mein Longboard und cruiste in Richtung Stadtzentrum. Vom recht zentralen Kings Park hat man einen herrlichen Ausblick auf die Skyline von Perth und einige Vororte. Anschließend stand ich vor der unlösbaren Aufgabe, lebend bergab in die Innenstadt zu kommen. Nach einer Nahtoderfahrung im Blumenbeet klemmte ich mir das Board dann doch lieber unter den Arm. 

Habe die Rampe ein wenig unterschätzt

Vince hat
immer genug
Wasser dabei
Viele Reisende beschrieben Perth als langweilig und uncharismatisch, doch mir gefielen die kleinen Gassen und das bunte Treiben auf den Straßen sehr gut – das kann aber auch daran gelegen haben, dass Perth meine erste größere Ansammlung von Zivilisation seit über 7 Monaten war. Ich setzte mich schließlich auf eine Parkbank in den Schatten (sonst würde ich jetzt auch nicht mehr leben) und unterhielt mich ein knappes Stündchen mit einem australischen Rentner. Wie so viele Australier hat auch er Vorfahren aus Deutschland. Er erzählte aus der Zeit des Miningbooms, der die Wirtschaft in Westaustralien auf den Kopf gestellt hat. Sein Sohn sei ein gewöhnlicher Klempner, der alle 6 Wochen für 4 Wochen in eine Minenstadt geflogen wird und damit 230.000 Dollar netto verdienen würde. Nicht schlecht! Irgendwann klingelte dann jedoch mein Handy und ich verabschiedete mich – Vincent war da! Mein Kollege aus Deutschland war über Neujahr auf Bali und kam schließlich nach Perth, um ein wenig mit mir durchs Land zu gurken. Ein merkwürdiges Gefühl, nach so langer Zeit mal wieder ein vertrautes Gesicht zu sehen. Wir stellten übereinstimmend fest, dass sich unsere Kopfformen verändert haben. Klingt komisch, ist aber so. Hoffentlich erkennt mich meine Familie noch, wenn ich in Deutschland aus dem Flugzeug steige. Vor lauter Quatscherei liefen wir dann noch ständig in die falsche Richtung und brauchten ewig zum Auto.

Nach einem schnellen Großeinkauf im Coles ging es dann auch sofort in die fahrende Mikrowelle gen Süden. Möge der Spaß beginnen! Trotz perverser Außentemperaturen wurde mein Ludwig nicht mehr heiß. „Gudsten Luddi“ meint Vincent – Wer mit Deutschen reist verlernt Englisch, wer mit Trierern reist verlernt Englisch und Deutsch. Aber es ist irgendwie schon Gewohnheit spaßeshalber in übelstem Trierer Akzent zu kommunizieren. Ebbes Anneres simmer halt uch ned gewohnt, gell. Kreidigen Borken loa. Mir hann gut Lowi inne Tesch, de Sonn klatscht uns aufde Schniss un mir hann all Zeit von Welt – Muuuss!

Fliegen -Happyhour: Alle wollen noch ein Stück Gesicht
Nach einem gemütlichen Abend im idyllischen Yalgorup Nationalpark machten wir uns auf in die berühmte Margaret River Region, wo Julius schon auf uns wartete. Julius? Ihr wisst schon, der Ich-schnall-mich-dann-mal-an-Julius, der mit mir letzten Juni durchs Outback gehustled ist. Er war seitdem auch als Jackaroo tätig und hat sich einen kleinen Allradwagen namens Rocky zugelegt. 2 große Wiedersehen in 2 Tagen! Eine steile Straße zum „Moses Rock“ führte uns zu einem illegalen, aber genialen Standplatz direkt an der Küste. Auf dem Weg erwischte er ein Känguru mit der Bullbar, welches aber nach zwei gekonnten Salti wieder im Busch verschwand.

Moses Rock Beach
Julius hatte sich telefonisch über Gumtree eine Reisebegleitung namens Heike organisiert, die wir am nächsten Tag aus Margaret River abholen fuhren. Das war der Zeitpunkt, an dem seine Laune nach und nach in Richtung Erdmittelpunkt zu sinken begann. Naja, genau genommen war der Zeitpunkt 5 Minuten später, als sie seine Beifahrertür in einen nagelneuen Landcruiser HJ60 rammte und eine Telefonodysse mit der Versicherung begann. Die Chemie hat einfach nicht gestimmt, und die arme Heike musste alleine weiter reisen. Meine einzige Erinnerung an sie wird wohl der frühe Morgen sein, an dem sie an unser Auto kam und uns mit Fragen zu Müa Monki aus dem Schlaf riss. Müa Monki, da kann man Sharkwhales sehen!


Das eine Problem wäre erledigt, doch es gab noch ein Weiteres: Ich hatte mir auf dem Weg gen Süden eine Blasenentzündung geholt und das Antibiotikum aus der Reiseapotheke schlug nicht an. Also ging es als Kolonne zum Krankenhaus nach Busselton, wo eine paar unschöne Untersuchungen auf mich warteten. Knapp 400 Dollar ärmer hieß es dann erst einmal warten, in 3 Tagen wüsste man mehr. Krank werden auf Reisen ist nochmal eine ganze Ecke beschissener als krank werden zuhause, soviel ist sicher. Mir fällt dazu spontan die Lebensmittelvergiftung in Laos wieder ein, die ich wohl nie vergessen werde. 3 Tage später wurde ich so lange am Telefon von einer Abteilung in die nächste geschoben bis ich die Schnauze voll hatte und erneut nach Busselton fuhr. Dann durfte ich exakt 294 Dollar für ein etwa 3 Minuten langes Gespräch bezahlen, indem mir eigentlich nur gesagt wurde das man meine Probe verschlampt hätte. Überragender Höhepunkt der Kompetenz war schließlich, als die Trulli vom Empfang meine EC-Karte mehrfach falschrum in das Lesegerät gesteckt hat – aber das ganz falsche Falschrum mit dem Datenchip zwischen den Fingern und so ... einer von den Momenten, an denen man an der Menschheit zweifelt.
Naja, für solche Sachen hat man ja eine Reiseversicherung, und immerhin hatte ich das Rezept für ein anderes Antibiotikum in der Tasche. Das hatte mir Vincents Mutter empfohlen, die sich beruflich mit dem Kram auskennt mir wirklich sehr geholfen hat. Danke Anke!!

Vince badet sein Brot
Nach ein paar gammligen Tagen in der Margaret River Region ging es dann also zu dritt weiter in Richtig Osten. Der grobe Plan war zusammen nach Esperanze zu kommen und auf dem Weg an schönen Orten ein wenig zu verweilen. Und man muss sagen, das Ganze gelingt uns bis jetzt sehr gut! Julius geht dann öfters mal surfen, Vincent versucht sich im Angeln (ich habe mindestens 5000 Fotos von Vincent beim Angeln) und ich faulenze oder lese mal ein englisches Buch. Den Abend verbrachten wir meist mit Stanley oder irgendwelchen Spielen. Bei einer leicht modifizierten Version von Stadt Land Fluss hatte Julius unter der Kategorie Gewächs „Gurke“ stehen, aber konnte seine eigene Schrift nicht lesen. „Natürlich gibt’s die Gerle, bist du behindert!?!“ Vincent und mir fallen andauernd Parallelen zwischen Julius und einem Freund aus Trier auf, was wir ihm jedes Mal unter die Nase halten. Unglaublich, dass mir das früher nie aufgefallen ist! „Ist mal gut jetzt! Ich kenn diesen Denys nicht!“ Die beiden müssen sich unbedingt mal treffen.

Unweit von Augusta wollten wir eine Offroadstrecke zum sogenannten „Black Point“ nehmen, doch hinter einer Kurve wurde es plötzlich unerwartet sandig. Innerhalb von 3 Sekunden kam Ludwig zum stehen, der ganze Kühler hatte sich eingegraben. Welcher Affe kippt hier Treibsand auf die Straßen? Mit platten Reifen und 4 mehr oder weniger starken Armen konnten wir den armen Ludwig dann aber wieder befreien. Julius strahlte über beide Ohren – endlich kann er Rocky mal ins Gelände fahren! Den Van an die Seite geparkt, Vincent auf die Bullbar, weiter geht’s – Rocky bleibt an genau derselben Stelle stecken. Für solche Fälle hat Julius natürlich 80 Dollar teure Metallaufsätze für die Reifenventile, die den Luftdruck automatisch auf 18psi reduzieren. „Braucht man nicht, sind aber geil“. Anschließend ging es munter weiter. Der Black Point war absolut nicht zu finden, aber wir hatten unseren Spaß.


Karri Forest Explorer
Irgendwann erreichten wir Pemberton in den „southern forests“. Die Landschaft ist umwerfend. Große Karribäume beschreiben das Landschaftsbild. Mir gefallen die Bäume, da das wenige Grün in den Baumkronen immer nur ein Teil des Sonnenlichts abfängt und so eine angenehme Atmosphäre am Boden schafft. Wir besuchten mal wieder die Tourist Information, um Karten der Region zu bekommen und nach einer Wasserstelle zu fragen. Eine etwas merkwürdige Wildpflegerin war gerade dort und kleine Kängurus sprangen total verpeilt durch die Räumlichkeiten und gegen die Besucher. Tote Kängurus am Straßenrand haben oft noch ein Kängurubaby im Beutel, welches dann von Hand aufgezogen werden kann. So ein blindes Wallaby-baby, welches einem im Schoß liegt und die Arme abschlecht ist schon extrem süß. Kein Wunder also, dass jeder neue Besucher der Tourist Information das Gebäude mit einem lautstarken „Oooooooohh!“ betreten hat.

Nach 5 Monaten Outback ist so ein Wald einfach nur angenehm
Am Vortag hatten wir bereits den Gloucester Tree erklommen, doch der „Dave Evans bicentennial tree“ gefiel uns noch besser. Mit 75m ist er der höchste der berühmten Kletterbäume in der Region und erlaubt eine 40km weite Aussicht. 130 in den Baum gerammte Metallstäbe führen zum 2t schweren Turm auf der Spitze, die bis zu 3m im Wind schwankt. Man könnte meinen, ich hätte die Infotafel fotografiert...

Der Climb zum Dave Evans bicentennial tree
Der Aufstieg ist weitgehend ungesichert, nur ein Drahtnetz an den Seiten, welches durch weitere Metallsprossen über Kopf gehalten wird gibt dem Ganzen ein wenig Stabilität. Es war abenteuerlich, und gerade unter Einfluss von Antibiotika auch recht anstrengend. Der extreme Adrenalinkick, von dem einige Blogschreiber berichtet haben blieb bei uns jedoch aus. Als es dämmerte stellten wir unsere Autos unter die nächstbeste Gerle und gaben uns dem delikaten Geschmack von Dosenbohnen in Tomatensoße hin.


Am nächsten Tag ging es zunächst ins gemütliche Küstenstädtchen Albany, um ein paar Besorgungen zu erledigen. Dort habe ich den Fail der Woche gebracht, indem ich meine 4 Dollar in die falsche Münzwaschmaschine geworfen habe. Meine Wäsche war eine Maschine weiter rechts. „Hä!? Meine Wäsche ist noch trocken!“ Naja, der Lacher war es allemal wert.

Ein australischer Fisch. Jo, ich hab Ahnung
Wir machten uns schließlich auf den Weg in den Wachinicup Nationalpark. Wer den so genannt hat weiß ich auch nicht. Auf der Fahrt kamen mal wieder die Oldies von meinem Patenonkel zum Einsatz, deren Ordner ich irgendwo auf meiner Festplatte wiedergefunden habe. Jetzt heißts immer „Vincent Raven“ und wir beschallen die Landschaft mit Dubidubidam. Ihr wisst schon, Straight to wonderland und so. Im Wachinicup NP blieben wir schließlich 3 Tage. Der Ort war einfach super schön und es gab jede Menge Wildlife zu bestaunen. Unser Camp war offenbar mitten im Revier eines „racehorse“, wie die Einheimischen die großen schwarzen Echsen nennen. Man sollte in ihrer Nähe nicht still stehen bleiben, da sie einen sonst für einen Baum können und ihre Krallen unschöne Wunden hinterlassen. Springende Fische, Opossums, jede Menge Echsen und Schlangen – wir waren eigentlich nie alleine. Fünf Schlangen innerhalb von 2 Wochen, wenn man die aus der Haribotüte mitzählt waren es sogar locker 20. Da überlegt man sich jeden Schritt zwei mal, und wenn nachts die Kopflampe plötzlich den Geist aufgibt ist das relativ gruselig. 

Kleiner Schock am frühen Morgen...

Wie soll man da in Ruhe kochen!?
Nach drei Tagen dort besuchten wir noch kurz den benachbarten Chelly Beach. Wir wollten von dort dann eigentlich weiter gen Esperanze fahren, doch da kannten wir Paul noch nicht...

15. Januar 2014

Roadtrip nach Perth

Am Vorabend vor der Abreise habe ich Ludwig noch mal ordentlich sauber gemacht und es gab ein letztes Lagerfeuer in großer Runde im Flussbett des Carnarvon Creek. Dann konnte es endlich losgehen – 5 Monate in und um Carnarvon waren zu Ende. Zunächst fühlte es sich noch so an, als würde man einfach nur Einkaufen fahren und dann wiederkommen. Bis zum 5. Januar waren noch „double days“, an denen es häufig Polizeikontrollen gibt und sämtliche Strafen verdoppelt werden. Wir verließen die Farm am 6. Januar. Die Frage ist ja unter Anderem, ob mein Auto zuerst verreckt oder einkassiert wird. Doch darum machten Tom und ich uns nicht wirklich Gedanken. Fenster auf und Heizung an, dann kommen wir schon irgendwie gen Süden!

Mit steten 80km/h cruisten wir also durch die karge Wüstenlandschaft und verließen den Highway Nr.1 irgendwann, um den westlichen Landzipfel „Shark bay“ zu besuchen. Hier lockt Monkey Mia mit einer täglichen Fütterung wilder Delfine, was für viele Reisende das Highlight ihres Westküstentrips darstellt. Unser erster Stopp war jedoch an den Stromatolithen. Nein, das kann man nicht essen und es hat auch nix mit Ökostrom zu tun. Die Stromatolithen sind Überbleibsel des ersten auf der Erde existenten Lebens. Letztendlich handelt es sich dabei lediglich um geschichtetes Sedimentgestein als Produkt ebendieser urtümlichen Bakterien. Nicht sonderlich spektakulär, aber doch interessant zu sehen, wie die Erste aller Lebensformen vor etwa 3500000000 Jahren ausgesehen hat. Das ist schon so lange her, dass man nichtmal anständig die Zahl lesen kann wenn der dämliche Blogautor die Punkte darin vergisst.

Stromatolithen
Nicht weit vom Hamelin Pool entfernt liegt der „Shell beach“ auf dem Weg. Das ist der einzige Strand Australiens mit einer Tankstelle aus Muscheln. Tom und ich wühlten uns einige Minuten wie kleine Kinder auf dem Boden herum und ich machte einen Muschelengel. Logischerweise ist es streng verboten Muscheln von dort mitzunehmen – ein paar Meter weiter sieht man aber eine riesige Maschine die Muschelschichten abbauen, um daraus Fußwege zu bauen.

Nach kurzem Snack in Denham fuhren wir schließlich in das berühmte Monkey Mia Resort. Hier trafen wir auch Amelie, Carine, Chris, Thomas und Vito wieder und es wurde festlich gekocht. Tom und ich gingen noch kurz im Meer schwimmen, wobei ich einen Rochen und einen Pelikan sah. Wir unterhielten uns darüber, wo wir es später mal mit dem Angeln probieren wollen. Das hat der Pelikan offenbar gehört – das faule und überraschend große Tier stand den ganzen Abend faul neben den Anglern herum und wartete auf Fisch. 

Ein Pelikan versucht sich im Hundeblick. Gib mir Fisch!
Flipper und seine Freunde
Am nächsten Morgen um machte ich mich früh auf den Weg, um der berühmten Delfinfütterung beizuwohnen. Mit etwa 120 gefühlten 6000 anderen Menschen stand ich da also in einer Reihe am Strand und wartete auf Flipper. Fast jeder Delfin wird im Laufe seines Lebens mehrfach von Haien attackiert und kann daher an seinen Narben erkannt werden. Das verriet jedenfalls die Omi, die vor den Massen durchs Wasser watete und interessante Dinge zu den Säugetieren über Lautsprecher erzählte. Ihr Tonfall verriet aber, dass sie den Job nicht erst seit gestern hat. Jajaa, Delfin Mickey, das ist schon so ein Charakter, nech. Was ein keckes Tierchen und so frech, heieiei. Die Zuschauer glucksen. Ob Mickey weiß, dass er der wohl weltweit beliebteste Delfin ist? Ich glaube Mickey hat einfach nur Hunger und ist zu faul sich selbst etwas zu fangen. Genau wie der Pelikan – Ist in Monkey Mia wohl so üblich. Anschließend werden noch Zuschauer ausgewählt, die einen Fisch verfüttern dürfen. Der Assistent vor mir im Wasser wählte dabei genau den einen Touri aus, der bis zu den Knien im Wasser stand – was vorher laut und deutlich untersagt worden war. „Green shirt, grey hat, camera, come here!“ Bin ich hier bei der Army gelandet? Der Touri durfte anschließend einen Fisch aus dem Eimer nehmen und dem Delfin hinhalten. Anschließend passierte etwas überraschendes: Der Delfin aß den Fisch. Der Touri geht zurück an seinen Platz - Es muss der glücklichste Tag seines Lebens sein! Man merkt vielleicht, dass ich von der Fütterung nicht wirklich überzeugt war. Es ist zwar ganz nett die Tiere mal aus nächster Nähe zu sehen, aber das wars auch schon. Tiere füttern kann man auch im Zoo – da ist das Becken halt etwas kleiner. Den riesigen Hype um die Delfine kann ich jedenfalls nicht nachvollziehen.

Touriauflauf in Monkey Mia
Zurück bei den Autos kam die Idee auf, den Francois Peron Nationalpark im Nordzipfel der Shark Bay zu besuchen und dort auch irgendwo zu übernachten. Ich war skeptisch, da wir uns zu siebt mit allem Kram in Thomas' Auto quetschen müssten und unsere beiden Vans auch irgendwo parken müssten, wo kein Ranger vorbeikommt. Wenn der nämlich ein unregistriertes Auto verlassen am Rand der Wüste findet kann das unschön werden. Tom meinte daraufhin, ich würde in einer Negativrealität leben. Der liebenswürdige Hippie macht sich generell um nichts Sorgen. Ich traf durch Zufall den Manager des Resorts und wir durften unsere Vans für eine Nacht auf dessen Parkplatz stehen lassen – möge der Spass beginnen! Meinen Swag und Stühle haben wir an die Bullbar gebunden, der Rest wurde gekonnt in den Kofferraum getetrist. 4 Leute auf die Rückbank, 3 nach vorne – Abfahrt! 

Die Stimmung war ausgelassen. Schon bald erreichten wir die Einfahrt in den Park, an der man die Luft von den Reifen lassen muss. Alle Pisten im Park bestehen aus feinem Sand, selbst 4WD-Fahrzeuge bleiben regelmäßig stecken. Wir schaukelten und wackelten uns immer weiter in die Wüste. Alle hatten ihren Spaß, als wir wie Flummis auf der Rückbank herumflogen. Alle außer Amelie, die fast kotzen musste. Wir hielten an einer traumhaft schönen Lagune, liefen ein wenig durchs Wasser und probierten die Muscheln, die dort an den Felsen wuchsen. Anschließend setzte ich mich ans Steuer und quälte den alten Landcruiser noch weiter gen Norden. Teilweise war die Strecke wirklich wild, aber die alte Lady kam ohne Probleme voran. Am Cape Peron, dem Nordzipfel der Shark Bay angekommen wurden wir von einer Atem beraubenden Küste erwartet. Blaues Meer, weißer Sand, rote Dünen. Im Wasser vor uns schwamm ein riesiger Rochen, und ein großer Schwarm Seevögel färbte den Küstenstreifen in der Ferne schwarz-weiß. Was für ein toller Ort! Nur schwimmen gehen sollte man hier nicht, da die Strömungen aus beiden südlichen Richtungen einen ohne Umwege nach Indien transportieren würden. 

Francois Peron Nationalpark
An einem unweit entfernten Aussichtspunkt auf einer Klippe gab es dann noch echtes Wildlife zu bestaunen. Ich wusste gar nicht wo ich zuerst hinschauen soll! Vor uns im Wasser war gleichzeitig ein grauer Riffhai, drei Mantarochen, ein grauer Rochen und eine rote Meeresschildkröte zu sehen. Irgendwann tauchte noch ein größerer Hai auf, während ein Pinguinmöwenirgendwas im Sturzflug auf Beutejagd ging. Wahnsinn! 

Mein Mitfahrer Tom aus England
An einem einsamen Küstenabschnitt wollten wir unser Nachtlager aufschlagen. Den Weg dorthin fuhr ich auf der Motorhaube mit – der beste Platz von Allen! Fahrtwind, Aussicht... nur bei einigen Sandmulden musste ich mich dann doch gut festhalten. Der Stellplatz für die Nacht war toll. Ein Strand ganz für uns alleine! Tom versuchte sich im Angeln, doch alles was er fing war ein gelb-schwarz gestreifter Steinfisch. Den kann man selbst in seiner Realität nicht essen. Feuer waren eigentlich nicht erlaubt, doch der Wind stand günstig und wir konnten es nicht lassen. Auf dem Sandstrand zwischen großen Steinen, während die Wellen rauschten und der Mond groß und gelb am Horizont unterging war es wohl mein genialstes Lagerfeuer bisher. Später am Abend kam noch eine dicke Krabbe vorbei und gesellte sich in etwa 2m Entfernung dazu. Mein Schlafplatz für die Nacht war übrigens ein Tipi, welches ich mir aus den Resten von Toms Zelt und drei dicken Ästen gebastelt habe. 


Wohl einer meiner besten Schlafplätze bisher: Ein Tipi am Meer
Als ich am nächsten Morgen aufwachte stand das Tipi unerwarteter Weise noch immer und ich war auch noch am Leben. Yay! Wir verbrachten den Morgen am Strand, wo ich einen Schwarm winziger Fische sah, die einen Rochen imitierten. Schließlich machten wir uns auf den Rückweg zum Resort, um die Vans wieder abzuholen. Wo hatte ich meinen Ludwig nochmal geparkt? Immer der Nase nach! Ich habe es doch tatsächlich geschafft, den alten Fischköder am Außenspiegel hängen zu lassen. So muss die Hölle riechen. Naja, irgendwie muss man die Urlauber im Resort ja auch bei Laune halten. Tom opferte sich, die Tüte zu entsorgen. Frisch geduscht ging es dann wieder los in Richtung Highway Number one. Der Ausflug auf die Shark Bay Peninsula hatte sich absolut gelohnt. Nicht weil man Flipper beim Frühstück beglotzen kann, sondern wegen dem unglaublich schönen Nationalpark, an dem 90% der Urlauber einfach vorbei fahren. Unser Ausflug dorthin war ohnehin einmalig – 7 Leute in einem alten Auto und Spaß ohne Ende. So etwas kann man in keiner Tour buchen. Eine Tour wäre auch wahrscheinlich auch etwas teurer gewesen als 6 Dollar für Diesel und ein paar Nudeln aus der Essenskiste.

Am nächsten Morgen erreichten wir den Kalbarri Nationalpark. Hier lockt neben schönen Schluchten vor Allem das „Nature Window“, welches bis vor Kurzem noch wegen Straßenarbeiten nicht besucht werden konnte. Der natürliche Steinbogen steht auf einer Klippe mit sensationeller 360°-Aussicht. Tom und ich setzten uns für einige Minuten mitten in den Bogen. Wir bestaunten zunächst die Aussicht und anschließend die anderen Besucher. Viele Leute kommen wirklich an, machen schnell 20 Fotos und verschwinden wieder, ohne auch nur eine Sekunde geschaut zu haben wo sie hier eigentlich sind. Wenn die auf dem Heimweg ihre SD-Karte verlieren wissen sie wahrscheinlich gar nicht mehr, welches Land sie eigentlich bereist haben. Wir besuchten noch einen weiteren Aussichtspunkt, wo wir ein wenig verweilten und durch die Landschaft kletterten. Den Park verließen wir schließlich gen Westen über eine eindrucksvolle Küstenstraße.

Meine Roadtriptruppe am Nature Window
Nach einer Portion Fish & Chips im Wert von drei Tarforst-Dönern ging es weiter gen Süden. Die Landschaft veränderte sich alle paar Minuten – Der Weizengürtel Australiens hat hier ihren Anfang und es gibt auch wieder so etwas Ähnliches wie Bäume. Ein entgegenkommender Roadtrain schleuderte mir einen Steinschlag in die Windschutzscheibe, der einem Einschussloch gleicht. Wir haben uns ordentlich erschrocken, aber geärgert hat es mich nicht – das Ding macht sich ganz gut neben dem mittlerweile etwa 40cm langen Riss. 

Als Kolonne gen Süden
An einer Raststätte mitten in der Pampa feierten wir unseren letzten gemeinsamen Abend mit lauter Musik, Bier und Midnightpasta auf dem Lagerfeuer. Highlight war das beschaffen von Feuerholz, welches uns um 2 Uhr nachts plötzlich zuneige ging. Da im Umkreis schon alles abgegrast war mussten wir auf einen toten Baum klettern und irgendwie Äste abschaukeln. Alle haben überlebt.

Etwa 200km vor Perth gibt es noch einen weiteren Pflichtstopp: The pinnacles. Man weiß bis heute nicht genau, wie die einmalige Wüste mit ihren vielen Steinsäulen entstanden ist. Der faule Tourist kann hier mit seinem Auto einen 4km langen Rundweg durch die spektakulären Gegend fahren. Die Pinnacles sind auf jeden Fall einen Abstecher wert, aber nach ein-zwei Stunden hat man dann auch Alles gesehen.


Tom verabschiedete sich noch von Allen, da er in der kommenden Nacht wieder zu seinem Hausboot nach Neuseeland fliegt. Ich werde die Truppe wohl nochmal irgendwo im Süden wiedersehen. Der Roadtrip mit der Truppe war toll, aber auf Dauer wäre es mir mit 7 Leuten zu stressig. Tom und ich erreichten Perth schließlich am Abend und ich konnte Ludwig auf eine recht zentrale Auffahrt bei einem Freund von Tom abstellen. Ich brachte ihn nachts um 4 zum Flughafen. Sollte ich noch nach Neuseeland kommen habe ich schon mal eine Anlaufstelle. In dieser "einsamsten Großstadt der Welt" traf ich schließlich einen alten Bekannten wieder und wir erforschen gerade den Südwesten – mehr dazu beim nächsten Mal! In nur einem Spot sind wir wieder für Sie da!

Flo

5. Januar 2014

Hai 2014

 
Frohes Neues!

Wahnsinn, ein komplettes Jahr in Australien ist vorbei. Ein komplettes Jahr ohne Familie und Freunde daheim. Ein komplettes Jahr habe ich bis auf wenige Ausnahmen im Auto genächtigt. 2013 war mein bisher Erlebnisreichstes Jahr. Was wohl 2014 noch kommt? Dabei ist ein Jahr doch letztendlich auch nur eine Zahl – und wer hat eigentlich erfunden dass es ausgerechnet 10 Tage nach der Sonnenwende beginnt? Und warum beschreibt die Jahreszahl das geschätzte Geburtsdatum irgendeines Brot rupfenden Wasserläufers? Ist das nicht diskriminierend gegenüber all den anderen sinnvollen Religionen? Tatsächlich gibt es die heutige Zeitrechnung offiziell erst seit 1060, als die Kirche Bezug auf eine fragwürdige Rechnung eines Mönches aus dem Jahre 525 nahm. Vorher wurden die Jahre nach den amtierenden römischen Konsuln benannt. Ob man das in der Zukunft nochmal ändert? Dann sind wir jetzt im Jahre Merkel 9 oder Obama 6. Wie auch immer, ich wünsche euch Allen ein glückliches und gesundes neues Jahr!

Thomas' Landy
Bei euch war es noch 5 Uhr Nachmittags, als die ersten Seenotfeuer in Coral Bay bereits das neue Jahr begrüßten. Zu fünft kamen wir mit dem Landy hierher und konnten uns noch einen Platz auf dem Campingplatz sichern. Der Wagen ist wirklich super, nur blauer Rauch lässt Ungutes vermuten. Die Ausläufer eines Zyklons haben Thomas altes Zelt komplett zerlegt, sodass wir teilweise einfach auf dem Boden geschlafen haben. Am Silvesterabend bin ich also barfuss durch seichtes Wasser an einem traumhaften Strand spaziert. Nach Feiern war mir irgendwie nicht zumute – die betrunkene Menschentraube ging mir an dem Abend ziemlich auf die Nerven. Der Altersdurchschnitt ist an der Westküste deutlich höher als im Osten, doch ab und zu macht es das auch nicht besser. Die Atmosphäre war jedenfalls super, auch wenn Silvester in Badehose sich irgendwie merkwürdig angefühlt hat. Mal wieder.

Coral Bay - Geht auch einsam und schön
Im Anschluss sind wir noch zwei Tage in Coral Bay geblieben. Der bekannte, kleine Ort wirkt auf den ersten Blick natürlich sehr touristisch, doch wenn man sich bequemt mal ein paar Minuten zu laufen findet man wunderschöne, Menschenleere Orte. Gen Süden erreicht man ein schönes Riff zum Schnorcheln, von dem aus man sich zum Hauptstrand zurück treiben lassen kann. Läuft man 15 Minuten gen Norden findet man sogar noch ein ganz besonderes Highlight: Eine kleine Bucht, in der Riffhaie ihre Brutstätte haben. Ich wickelte mir ein Handtuch um die verbrannte Rübe und machte mich mit Thomas, Sebastian und Chris auf den Weg. Etwa 20 der ungefähr 1m langen Tiere tummelten sich dort in nur hüfthohem Wasser. Von den drei hier vorkommenden Haiarten ist nur Eine gelegentlich aggressiv. Ich sah einen Mann durchs Wasser waten und entschied spontan, mit den Haien schwimmen zu gehen. So ein kleiner Haibiss ist im Zweifelsfall doch immernoch cooler als irgendein Tattoo! Man kann nur hoffen dass sie nicht unbedingt dahin beissen, wo es weh tut. Kaum war ich im Wasser, schwammen zwei Rochen an mir vorbei. Wahnsinn, was es hier für eine Natur gibt! Ich näherte mich also ganz langsam den Haien und setzte mich schließlich einfach ins Wasser und hielt still. Die Haie kamen immer näher und trauten sich schließlich bis auf zwei Meter an mich heran. Ein irres Gefühl, wenn der Schatten immer näher kommt und plötzlich die Finne an einem vorbeirauscht – die Tiere sind nämlich ganz schön flott unterwegs.

Naaa, wer hat Hunger?

Thomas' Bein hat wohl der Hai...
Ansonsten haben wir die Tage zur Entspannung genutzt. Ein lange vermisster Italiener wurde am 1. Januar Abends schließlich schlafend unter einem Baum gefunden. Am Strand trafen wir eine abgedrehte Truppe von Globetrottern – unter Anderem einen Australier der Marke Adrian. Er zog sich die Hose bis zum Anschlag hoch und stolzierte in gebückter Haltung über den Strand, um die Leute als „Harry Hightrouser“ zu begrüßen. Zwei andere waren generell im Bärenkostüm unterwegs. Der Hauptstrand von Coral Bay ist gerade zur Hochseason halt doch eher wie Mallorca. Auch die Preise sind gesalzen: Für ein erbärmliches Bacon & Egg Toast (1 Ei, 1 Fetzen Bacon) zahlt man 8,50 Dollar – da ist es wahrscheinlich fast sinnvoller einfach das Geld zu essen. Glücklicherweise hatten wir tonnenweise Sandwiches mitgenommen. 

Frankreich^^


Die letzten Tage in Carnarvon waren auch eher gemütlich – Aufbruchstimmung machte sich breit. Wir wollen morgen früh alle zusammen als Kolonne losfahren. Ich bin gespannt, wie das so wird! Vorgestern gab es dann aber doch noch ein kleines Highlight. Vor unserer Hütte hatten wir mal wieder ein kleines Barbecue, wovon ich allerdings nicht viel mitbekommen habe, da ich meinen gesamten Handyakku leer telefoniert habe. Als ich wieder zum Haus kam war die Party schließlich schon gelaufen, und ich sah meinen betrunkenen Supervisor im Müll wühlen. Greham schmiss alle leeren Bierflaschen die er finden konnte auf das ominöse 4WD-Golfkart, welches eigentlich nur der Boss fährt – aber der ist ja nicht da. „Ey Flowww! Wanna go shooting!?“ 
Er heizte schließlich mit Carine voraus und Thomas versuchte mit mir und Stefan im Gepäck mit seinem 31 Jahre alten Landcruiser hinterher zu kommen. Wie ein irrer heizte er über die Feldwege und bog plötzlich in eine Bananenplantage ab. Dort gab es offensichtlich ein Leck – der Landy blieb trotz 4WD und großer Reifen im Matsch stecken. Wir ließen ihn zunächst stehen und fuhren auf der Ladefläche des Golfkart-verschnitts weiter in die Wüste hinter die Plantagen. Die Fahrt war nicht ungefährlich – andauernd schlingerten wir oder drifteten seitlich auf eines der Felder ab. Ich stellte mich so auf die Pritsche, dass ich mich im Zweifelsfall mit einem Sprung in Sicherheit bringen kann. Wir kamen schließlich heile an und verteilten Bierflaschen auf Ästen und am Boden. Schiessen mit der 22er war viel einfacher als erwartet – und nach etwa 10 Magazinen hatten wir sämtliche Bierflaschen, Melonen, Körbe und Thermoskannen in näherer Umgebung zerstört. „Keep two bullets for duke“ sagte Greham und kraulte seinen Hund. „You bought two more days my friend, they wont leave before monday.“ Auf dem Rückweg hatten wir einen Platten, was die Fahrt nicht wirklich angenehmer machte. Greham holte einen Traktor, um den Landy rauszuziehen aber verlor das Seil auf dem Weg. Also klemmte er einfach die Gabel recht ungesund unter den Motor und schob den Landy aus dem Schlamm – seitdem macht er ein paar Geräusche.

"Wart mal grad noch mit Nachladen bitte"

Ääh und ich tausch die Vorderreifen noch...
So, morgen früh geht es also los. Fast 5 Monate Carnarvon und Umgebung sind vorbei. Konto voll, Visum in der Tasche, Auto gepackt – Es kann losgehen! Ich werde den Engländer Tom vom Roundhouse abholen und dann geht es als Kolonne mit 3 Autos gen Süden. Gestern habe ich Ludwig mal geputzt – der Arme ist überall am rosten. In der Kolonne werde ich in der Mitte fahren, damit mein Kennzeichen nicht so einfach gescannt werden kann. Auf dem Weg gibt es Einiges zu Sehen und in Perth werde ich schließlich schon erwartet. Der nächste Eintrag ist also endlich wieder ein richtiger Reisebericht mit Reise und Alles!

Catcha!