Da war ich also plötzlich in Perth,
der einsamen Hauptstadt im Südwesten dieses gigantischen Kontinents.
Nachdem ich Tom zum Flughafen gefahren habe war es 5 Uhr morgens und
bereits hell und auch warm. Einer der heißesten Tage seit Jahren
stand vor der Tür, mindestens 44° im Schatten. Ich nutzte also die
frühen Morgenstunden, schnappte mir mein Longboard und cruiste in
Richtung Stadtzentrum. Vom recht zentralen Kings Park hat man einen
herrlichen Ausblick auf die Skyline von Perth und einige Vororte.
Anschließend stand ich vor der unlösbaren Aufgabe, lebend bergab in
die Innenstadt zu kommen. Nach einer Nahtoderfahrung im Blumenbeet
klemmte ich mir das Board dann doch lieber unter den Arm.
Habe die Rampe ein wenig unterschätzt |
Vince hat immer genug Wasser dabei |
Viele Reisende beschrieben Perth als
langweilig und uncharismatisch, doch mir gefielen die kleinen Gassen
und das bunte Treiben auf den Straßen sehr gut – das kann aber
auch daran gelegen haben, dass Perth meine erste größere Ansammlung
von Zivilisation seit über 7 Monaten war. Ich setzte mich
schließlich auf eine Parkbank in den Schatten (sonst würde ich
jetzt auch nicht mehr leben) und unterhielt mich ein knappes
Stündchen mit einem australischen Rentner. Wie so viele Australier
hat auch er Vorfahren aus Deutschland. Er erzählte aus der Zeit des
Miningbooms, der die Wirtschaft in Westaustralien auf den Kopf
gestellt hat. Sein Sohn sei ein gewöhnlicher Klempner, der alle 6
Wochen für 4 Wochen in eine Minenstadt geflogen wird und damit
230.000 Dollar netto verdienen würde. Nicht schlecht! Irgendwann
klingelte dann jedoch mein Handy und ich verabschiedete mich –
Vincent war da! Mein Kollege aus Deutschland war über Neujahr auf
Bali und kam schließlich nach Perth, um ein wenig mit mir durchs
Land zu gurken. Ein merkwürdiges Gefühl, nach so langer Zeit mal
wieder ein vertrautes Gesicht zu sehen. Wir stellten übereinstimmend
fest, dass sich unsere Kopfformen verändert haben. Klingt komisch,
ist aber so. Hoffentlich erkennt mich meine Familie noch, wenn ich in
Deutschland aus dem Flugzeug steige. Vor lauter Quatscherei liefen
wir dann noch ständig in die falsche Richtung und brauchten ewig zum
Auto.
Nach einem schnellen Großeinkauf im
Coles ging es dann auch sofort in die fahrende Mikrowelle gen Süden.
Möge der Spaß beginnen! Trotz perverser Außentemperaturen wurde
mein Ludwig nicht mehr heiß. „Gudsten Luddi“ meint Vincent –
Wer mit Deutschen reist verlernt Englisch, wer mit Trierern reist
verlernt Englisch und Deutsch. Aber es ist irgendwie schon Gewohnheit
spaßeshalber in übelstem Trierer Akzent zu kommunizieren. Ebbes
Anneres simmer halt uch ned gewohnt, gell. Kreidigen Borken loa. Mir
hann gut Lowi inne Tesch, de Sonn klatscht uns aufde Schniss un mir
hann all Zeit von Welt – Muuuss!
Fliegen -Happyhour: Alle wollen noch ein Stück Gesicht |
Nach einem gemütlichen Abend im
idyllischen Yalgorup Nationalpark machten wir uns auf in die berühmte
Margaret River Region, wo Julius schon auf uns wartete. Julius? Ihr
wisst schon, der Ich-schnall-mich-dann-mal-an-Julius, der mit mir
letzten Juni durchs Outback gehustled ist. Er war seitdem auch als
Jackaroo tätig und hat sich einen kleinen Allradwagen namens Rocky
zugelegt. 2 große Wiedersehen in 2 Tagen! Eine steile Straße zum
„Moses Rock“ führte uns zu einem illegalen, aber genialen
Standplatz direkt an der Küste. Auf dem Weg erwischte er ein Känguru
mit der Bullbar, welches aber nach zwei gekonnten Salti wieder im
Busch verschwand.
Moses Rock Beach |
Das eine Problem wäre erledigt, doch
es gab noch ein Weiteres: Ich hatte mir auf dem Weg gen Süden eine
Blasenentzündung geholt und das Antibiotikum aus der Reiseapotheke
schlug nicht an. Also ging es als Kolonne zum Krankenhaus nach
Busselton, wo eine paar unschöne Untersuchungen auf mich warteten.
Knapp 400 Dollar ärmer hieß es dann erst einmal warten, in 3 Tagen
wüsste man mehr. Krank werden auf Reisen ist nochmal eine ganze Ecke
beschissener als krank werden zuhause, soviel ist sicher. Mir fällt
dazu spontan die Lebensmittelvergiftung in Laos wieder ein, die ich
wohl nie vergessen werde. 3 Tage später wurde ich so lange am
Telefon von einer Abteilung in die nächste geschoben bis ich die
Schnauze voll hatte und erneut nach Busselton fuhr. Dann durfte ich
exakt 294 Dollar für ein etwa 3 Minuten langes Gespräch bezahlen,
indem mir eigentlich nur gesagt wurde das man meine Probe verschlampt
hätte. Überragender Höhepunkt der Kompetenz war schließlich, als
die Trulli vom Empfang meine EC-Karte mehrfach falschrum in das
Lesegerät gesteckt hat – aber das ganz falsche Falschrum mit dem
Datenchip zwischen den Fingern und so ... einer von den Momenten, an
denen man an der Menschheit zweifelt.
Naja, für solche Sachen hat man ja
eine Reiseversicherung, und immerhin hatte ich das Rezept für ein
anderes Antibiotikum in der Tasche. Das hatte mir Vincents Mutter
empfohlen, die sich beruflich mit dem Kram auskennt mir wirklich sehr
geholfen hat. Danke Anke!!
Vince badet sein Brot |
Unweit von Augusta wollten wir eine
Offroadstrecke zum sogenannten „Black Point“ nehmen, doch hinter
einer Kurve wurde es plötzlich unerwartet sandig. Innerhalb von 3
Sekunden kam Ludwig zum stehen, der ganze Kühler hatte sich
eingegraben. Welcher Affe kippt hier Treibsand auf die Straßen? Mit
platten Reifen und 4 mehr oder weniger starken Armen konnten wir den
armen Ludwig dann aber wieder befreien. Julius strahlte über beide
Ohren – endlich kann er Rocky mal ins Gelände fahren! Den Van an
die Seite geparkt, Vincent auf die Bullbar, weiter geht’s – Rocky
bleibt an genau derselben Stelle stecken. Für solche Fälle hat
Julius natürlich 80 Dollar teure Metallaufsätze für die
Reifenventile, die den Luftdruck automatisch auf 18psi reduzieren.
„Braucht man nicht, sind aber geil“. Anschließend ging es munter
weiter. Der Black Point war absolut nicht zu finden, aber wir hatten
unseren Spaß.
Karri Forest Explorer |
Irgendwann erreichten wir Pemberton in
den „southern forests“. Die Landschaft ist umwerfend. Große
Karribäume beschreiben das Landschaftsbild. Mir gefallen die Bäume,
da das wenige Grün in den Baumkronen immer nur ein Teil des
Sonnenlichts abfängt und so eine angenehme Atmosphäre am Boden
schafft. Wir besuchten mal wieder die Tourist Information, um Karten
der Region zu bekommen und nach einer Wasserstelle zu fragen. Eine
etwas merkwürdige Wildpflegerin war gerade dort und kleine Kängurus
sprangen total verpeilt durch die Räumlichkeiten und gegen die
Besucher. Tote Kängurus am Straßenrand haben oft noch ein
Kängurubaby im Beutel, welches dann von Hand aufgezogen werden kann.
So ein blindes Wallaby-baby, welches einem im Schoß liegt und die
Arme abschlecht ist schon extrem süß. Kein Wunder also, dass jeder
neue Besucher der Tourist Information das Gebäude mit einem
lautstarken „Oooooooohh!“ betreten hat.
Nach 5 Monaten Outback ist so ein Wald einfach nur angenehm |
Am Vortag hatten wir bereits den
Gloucester Tree erklommen, doch der „Dave Evans bicentennial tree“
gefiel uns noch besser. Mit 75m ist er der höchste der berühmten
Kletterbäume in der Region und erlaubt eine 40km weite Aussicht. 130
in den Baum gerammte Metallstäbe führen zum 2t schweren Turm auf
der Spitze, die bis zu 3m im Wind schwankt. Man könnte meinen, ich
hätte die Infotafel fotografiert...
Der Climb zum Dave Evans bicentennial tree |
Der Aufstieg ist weitgehend
ungesichert, nur ein Drahtnetz an den Seiten, welches durch weitere
Metallsprossen über Kopf gehalten wird gibt dem Ganzen ein wenig
Stabilität. Es war abenteuerlich, und gerade unter Einfluss von
Antibiotika auch recht anstrengend. Der extreme Adrenalinkick, von
dem einige Blogschreiber berichtet haben blieb bei uns jedoch aus.
Als es dämmerte stellten wir unsere Autos unter die nächstbeste
Gerle und gaben uns dem delikaten Geschmack von Dosenbohnen in
Tomatensoße hin.
Am nächsten Tag ging es zunächst ins
gemütliche Küstenstädtchen Albany, um ein paar Besorgungen zu
erledigen. Dort habe ich den Fail der Woche gebracht, indem ich meine
4 Dollar in die falsche Münzwaschmaschine geworfen habe. Meine
Wäsche war eine Maschine weiter rechts. „Hä!? Meine Wäsche ist
noch trocken!“ Naja, der Lacher war es allemal wert.
Ein australischer Fisch. Jo, ich hab Ahnung |
Kleiner Schock am frühen Morgen... |
Wie soll man da in Ruhe kochen!? |
Nach drei Tagen dort besuchten wir noch
kurz den benachbarten Chelly Beach. Wir wollten von dort dann
eigentlich weiter gen Esperanze fahren, doch da kannten wir Paul noch
nicht...
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