26. Februar 2014

Als Anhalter am Ende der Welt

 
Kia Ora!

So begrüßen sich die Maoris, die Einheimischen Neuseelands. Wider Erwarten brachte das Flugzeug einen gut angeheiterten Florian sicher ins Land der Hobbits. Ich brauche mal anständige Horse-tranquelizer! Um 5 Uhr Morgens stand ich also verkatert in Christchurch am Flughafen und fragte den Busfahrer nach dem „Kiwi House“, wo Vincent mir bereits ein Bett gebucht hatte. Der ist lustig. So ziemlich Alles in Neuseeland heißt Kiwi-Irgendwas. Der berühmte Kiwivogel, die Frucht, selbst die Einwohner nennen sich Kiwis. Ohne Simkarte / Internet cruiste ich geschlagene 2 Stunden mit dem Board durch die Stadt, bis ich endlich das richtige Kiwi House gefunden habe und fiel erstmal in ein Tagkoma. Christchurch selbst wurde ja vor ziemlich genau drei Jahren von einem verheerenden Erdbeben getroffen und hat sich davon noch lange nicht erholt. Nur zögerlich werden vereinzelte Gebäude wieder aufgebaut, da noch immer eine hohe seismische Aktivität vorliegt. Überall gibt es Straßensperren, Schutt und abgesperrte Gebäude. Im Zentrum hat man eine provisorische Containerstadt errichtet. Die ganze Stadt wirkt tot, so etwas wie ein Nachtleben ist quasi nicht mehr vorhanden – und dass, obwohl Christchurch nach Auckland die zweitgrößte Stadt des Landes ist.


Nach 4 Tagen in der Stadt hatte ich die Schnauze voll. Der Lebensunterhalt ist teuer, viel zu sehen gibt es nicht und generell wirkt alles öde und trostlos. Es waren noch zwei Tage, bis wir unser reserviertes Zimmer im südlichen Queenstown beziehen können und Vincent hatte sein Kiwi House und die Busfahrt bereits gebucht. Ich entschied, alleine als Hitchhiker nach Queenstown zu fahren – mit Umweg über Mount Cook, den höchsten Berg des Landes. Das Fahren per Anhalter ist in Neuseeland üblich und legal, doch ich plante vorsichtshalber den ganzen Tag für die doch recht lange Strecke ein. Schließlich bin ich nicht blond, habe keine Brüste und soviel Gepäck, dass mich eigentlich nur Tieflader mitnehmen können. Ich malte mir schnell ein Pappschild und nahm den nächsten Bus aus der Stadt. Tschüss Christchurch! 

Fast alle Gebäude sind voller Graffitis - Geduldet, da sie ohnehin abgerissen werden


An der letzten Tankstelle vorm Nirgendwo setzte ich mich auf einen alten Autoreifen am Straßenrand, hielt mein Schild hoch und schaute auf die Uhr. 13:27 – mal sehen wie viel Zeit vergeht, bis mich Einer mitnimmt! Keine zwei Minuten später saß ich im Auto von Nicola und brauste Richtung Süden. Wir gabelten ihren Mann und zwei kleine Kinder in irgendeinem Kaff auf und bogen ins Landesinnere ab. Volltreffer! Mount Cook lag quasi auf dem Weg. Nach 4 Stunden Fahrt, endlosen Gesprächen über die Landwirtschaft Neuseelands und einem Kotzanfall vom jüngsten Sohn fand ich mich schließlich direkt an der Abzweigung zum Mount Cook wieder. Auch dort konnte ich gerade so die letzten Happen meiner Pizza hinunter schlingen, als auch schon das nächste Auto anhielt. „We can take you there, but you have to entertain the kids!“ Och ne, schon wieder zwei kleine Kinder. Dachte ich – es handelte sich nicht um gewöhnliche Kinder, sondern gnadenlos gelangweilte Quälgeister. Solche, die mit Sandalen um sich schlagen und Beinhaare rausreißen. Was tut man nicht alles, um gratis von A nach B zu kommen. Glücklicher Weise war es nicht mehr weit, und die Aussicht war überwältigend: Wir fuhren am Lake Pukaki vorbei, welcher aufgrund zweier dort mündender Gletscher einen unnatürlich kitschigen Blauton hat. Man könnte meinen, irgendjemand hätte tonnenweise Farbe in den See gekippt.

Nein, dieses Handyfoto ist nicht bearbeitet!
In der Mount Cook Village konnte ich noch eines der Betten im urigen Hostel ergattern und versuchte mich ein wenig im Downhill. Am nächsten Morgen fuhr ich wieder per Anhalter zum Startpunkt der beliebten Wanderung. Ein kleiner Hike führt über zwei Hängebrücken ins Hooker Valley. Von dort hat man einen tollen Blick auf den Mount Cook. Angeblich. Wie so oft verschwand der Berg in den Wolken. Es war jedoch ein unterhaltsamer Hike. Den Gesichtsausdruck der Japaner beim Anblick meiner Schuhwahl (Flipflops) werde ich so schnell nicht vergessen. なんてこと! Zudem gab es immer wieder heftige Windstöße, die mich sogar einmal vom Weg geweht haben. Bei besonders starken Böen haben sich dann immer alle auf den Boden geworfen.


Am Nachmittag fuhr ich schließlich per Anhalter ins beliebte Queenstown. Zuerst gabelten mich ein paar nette Rentnerkiwis mit ihrem Wohnmobil auf. Sie fütterten mich mit Obst und boten mir sogar an, mich in ihrem Ferienhaus bei Nelson einzuquartieren. Anschließend fuhr ich im zugemüllten Auto eines anderen Kiwis mit, der mir nach nicht einmal 3 Minuten Fahrt eine große Tüte Canarrrbis unter die Nase hielt. Das Boot auf dem Anhänger schaukelte bedenklich. Das letzte Stückchen fuhr ich schließlich mit zwei Mädels aus England, die mich direkt vorm Hostel absetzten. Hitchhiking in Neuseeland ist absolut empfehlenswert. Man spart Geld und Zeit und erlebt so Einiges. So Einiges erlebt man übrigens auch in Queenstown, der Abenteuer-Hauptstadt Ozeaniens. Den Eintrag muss ich jedoch nachreichen, denn morgen beginnt unser großer Hike und mir fallen die Augen zu. Beide, das Weiße und das Rote...

Ka kite ano!

17. Februar 2014

Die Route wird neu berechnet

So, da melde ich mich also wieder, um von unserem Roadtrip nach Cairns zu berichten... nicht. Natürlich kam mal wieder alles anders als geplant. Naja, eigentlich kam alles anders als vermutet – das sinnlose Unterfangen, sich seine nahe Zukunft detailliert auszumalen habe ich längst aufgegeben. Jedoch schwirrte mir eigentlich immer Cairns im Kopf rum. Mit der Route über den Nordzipfel hätte ich nämlich Alles von Australien gesehen, was nicht möglich ist, aber ihr wisst schon wie ich das meine.

Wir verlassen die Venusbucht und kürzen über eine unbefestigte Straße zurück auf den Eyre Highway ab. Es ist immer noch tierisch saunig – 46° im Schatten, wobei die immense Kraft der australischen Sonne noch nicht berücksichtigt ist. Der Fahrtwind ist so heiß, dass er im Gesicht brennt, wenn man den Fehler macht seine Rübe aus dem Fenster zu halten. Auch Ludwig kommt an seine Grenzen, mehr als 70 ist nicht drin. Die Hitze raubt uns so sehr die Kraft, dass sogar Reden unangenehm wird. Es vergehen keine 3 Stunden, bis wir im Örtchen Kimba an einem Roadhouse halten. Kimba ist bestimmt imba. Nach einem überragenden Burger nutze ich den Handyempfang um das Wetter im Norden zu checken. Mein Telefondisplay hat anscheinend nicht genügend Pixel um all die Regentropfen darzustellen. „Oder doch Sydney?“ frage ich meinen Fanta schlürfenden Mitreisenden. „Hmm“ höre ich von der Seite, gefolgt von lautem Schmatzen. Ich glaube Vincent hätte seinen Burger am liebsten geheiratet, was nicht möglich ist, aber ihr wisst schon wie ich das meine. „Joa. Geht auch.“ Mir schien es sinnvoll, da mir so langsam die Zeit zum Open Return Flug davon rennt, und die Regenzeit sich im Norden gerade von seiner erbarmungslosen Seite zeigt. Vincent hatte den Norden eh schon gesehen. Somit werde ich den wohl touristischsten Teil von Australien auslassen und ihn mir für einen ausgedehnten Urlaub wer-weiß-wann aufheben.

Der Highway durch die Eyre Peninsula
In Port Augusta besuchten wir wieder den Supermarkt, in dem ich noch vor 8 Monaten mit Julius den legendären Großeinkauf gemacht hatte. Ein Kreis schließt sich! Wir verließen den Knotenpunkt gen Südosten und quälten Ludwig den Horocks Pass hinauf. Wir wagten einen Umweg zum Hancocks Lookout und wurden nicht enttäuscht – was für eine Aussicht! Hier schlugen wir unser Nachtlager auf, was mit dem Öffnen der Kofferraumklappe auch recht schnell erledigt war. Nach einem tollen Sonnenuntergang genoßen tranken wir ein paar Becher Goon und quatschten bis tief in die Nacht. Erst bei Dunkelheit wurde ersichtlich, wie weit man von dort oben sehen konnte: Etwa 12 Städte und Städtchen leuchteten auf und man sah Roadtrains als kleine rote Vierecke zwischen den Lichterherden herumfliegen, was nicht möglich ist, aber ihr wisst schon wie ich das meine. Sogar Whyalla auf der anderen Seite des Spencer Gulf erleuchtete den Himmel – die klare, gute Luft auf diesem Kontinent werde ich sicherlich vermissen. „Oder nach Melbourne?“ fragte ich Vincent. „Joa. Geht auch.“

Sonnenuntergang am Hancocks Lookout
Wir entschieden uns, durchs Landesinnere nach Melbourne zu fahren. Warum hatten wir eigentlich Sydney überhaupt in Erwägung gezogen? Melbourne liegt näher und viel gibt es auf direktem Weg nach Sydney auch nicht zu sehen. Im Vorort Altona habe ich außerdem einen optimalen Stellplatz und kann in Ruhe das Auto verkaufen. Vincent kannte Melbourne außerdem noch nicht, in Sydney waren wir beide schon. Und hey, Melbourne ist einfach besser!

Das Landesinnere des Südostens ist Sommer wirklich idyllisch. Ich war ja bereits letztes Jahr in Victoria und habe so ziemlich jedes Loch dort gesehen. Nein, ich rede vom Bundesstaat. Weite, goldene Weizenfelder beschreiben den Horizont und ab und zu erwischt man eine mächtige Staubrose beim randalieren. Die Stadt Renmark am Murray River wirkt wie eine Oase in der Wüste. Wir campen direkt an einer Flussschlaufe und Vincent packt mal wieder seine Angel aus. Karpfen, yummi! Ich nutze die Zeit effektiv zum Nichtstun. 

Manche Sandrosen ragen bis in den Himmel

Upsi.
Am nächsten Morgen ging es weiter gen Süden. Wir fuhren den ganzen Tag und umfuhren den Highway teilweise auf Farmstraßen, die oft parallel dazu verlaufen. Wir stoppten nur kurz zum Einkaufen am Supermarkt in einem der Käffer, wobei sich Ludwig von seiner weniger charmanten Seite zeigen musste: Die Schiebetür öffnete sich ein wenig mehr als geplant und lag auf dem Boden. Aufgeplatzte Dosen sprenkelten den Bürgersteig mit Cola. Ich grinste und machte erstmal ein Foto. Drei Angestellte kamen aus dem Supermarkt. „Did your door just fell off?“ Nein, sie tut nur so! Es handelte sich offenbar um Verwandte von Captain Obvoius, was nicht möglich ist, aber ihr wisst schon wie ich das meine. Wir konnten sie jedoch davon abhalten die Straßenwacht zu rufen und drückten die Tür wieder irgendwie in die Verankerung. Bloß weg hier!
Als wir dann am frühen Abend ein nettes Plätzchen für die Nacht gefunden hatten wurden wir doch tatsächlich ausgeraubt. Die Täter waren schwarz und überfielen uns in großer Anzahl. Sie erbeuteten sämtliche Nerven und gaben einfach keine Ruhe. Ich habe noch nie so viele Fliegen auf einem Haufen gesehen. Habe ich mal erwähnt, dass ich Fliegen nicht mag? „Gib mir ein Stück von deinem Auge, Humanoid!“ „Ich will ein Stück Ohr!“ „Nase oder Ohr bitte!“ „Gesicht, Hauptsache Gesicht!“ „Bsssssss....“ Fliegen stehen auf Platz 1 meiner Nervt-mich-an-Australien-Liste. Noch vor Franzosen (2) und Mosquitos (3). Die Viecher braucht echt kein Mensch! Dagegen lob ich mir doch die gute alte deutsche Stubenfliege.


Schon am nächsten Morgen erreichten wir Altona. Was für ein merkwürdiges Gefühl, an diesen Ort zurück zu kommen, mit dem ich so viele Erinnerungen verbinde. Ziemlich exakt vor einem Jahr bin ich hier angekommen. Damals noch ohne Ahnung, ohne Job, ohne Flauschebart. Flauschebart ist super. Mehr als 4 Monate hatte ich hier verbracht! Wir stellten uns für eine Nacht auf meinen Stammplatz am Community Center. Van verkaufen, Flüge buchen, Neuseeland bereisen stand auf der Todoliste. Der erste Interessent für Ludwig kam bereits am nächsten Morgen. Es fiel mir schwer, ihn zu verkaufen. Das Teil hat mich 25.000 Kilometer lang nicht im Stich gelassen. 25.000 Kilometer! Das entspricht der Strecke von Kapstadt nach Oblast Magadan. Kennt man ja. Für 1000 Dollar hatte ich Ludwig damals gekauft und insgesamt noch 500 Dollar für Reparaturen und den Bettausbau ausgegeben. Damals war er jedoch angemeldet und in deutlich besserem Zustand... egal, 2500 Dollar klingt doch fair, oder nicht? Zack, weg war der Wagen. Auto Nummer 3 unverschämt erfolgreich verscherbelt. Dabei war ich absolut ehrlich!

Okay, wo schlafen wir denn jetzt? Wir buchten uns spontan für 2 Nächte im Nomads in Melbourne ein. Quietschebetten, Alkoholverbot, Baustellenlärm zum Aufwachen - wie sehr hatte ich das vermisst! Auf dem Weg vom Bahnhof zum Hostel packte ich all meinen Kram aufs Longboard, da der große Rucksack kaputt war. Meine Haare standen zu allen Richtungen ab, da sich seit der Kahlrasur auf Manberry keine Schere mehr dorthin verirrt hat. Unrasiert, mit zerrissenen und vor Schweiss und Dreck verfärbten Klamotten schob ich also mein Hab und Gut durch einen Stadtpark. „Bleib mal stehn“ sagte Vincent. „Ich will'n Foto machen. Du siehst aus wie'n Penner!“ Leider habe ich das Bild nicht auf dem Rechner. Wir schafften es jedoch zum Hostel, ohne dass mir Jemand Geld zugeworfen hat. Den nächsten Tag verbrachte ich im Outlet Center, wo ich mich komplett mit neuen Klamotten eindeckte. Natürlich nicht, ohne vorher noch zum Frisör zu gehen!

Auch Steuer- und Rentenkram musste erledigt werden und ich kaufte mir noch eine neue Mobilfunkkommunikationsapparatur. Das alte LG darf nun endgültig sterben, was nicht möglich ist, aber ihr wisst schon wie ich das meine. Elektronische Geräte sind hier vergleichsweise billig, und bei Ausreise innerhalb von 60 Tagen kann man sich am Flughafen die Mehrwertsteuer auszahlen lassen. Im Endeffekt zahle ich so für das Sony Xperia Z nur 250 statt 350 Euro. Am letzten Abend in Melbourne sind Vincent und Ich nochmal ins Crown Casino gegangen. Der Laden ist nach wie vor irre. Diesmal verzockte ich noch 50 Dollar beim Pokern. Gewinnen kann man dort nicht wirklich: Bei Ankunft am Tisch zahlt man 10% seiner Chips als Gebühr, und von jedem Pot steckt sich der Dealer 10% ein. Naja, Dealer mögen nun mal Pot. Tisch 13 wird mich jedenfalls so schnell nicht wieder sehen, aber die Erfahrung war es allemal wert.


Am nächsten Abend ging unser Flug nach Christchurch in Neuseeland. Okay, dass stimmt nur halb – der Flug ging ohne mich. Ich habe ewig nach Flügen geschaut und mich tierisch aufgeregt, überall kommen noch versteckte Kosten hinzu. Der eine Dienst will 30 Euro für Bezahlung mit Kreditkarte, beim anderen kostet das Gepäck extra. Ich habe schließlich über Opodo gebucht – ein großer Fehler. Macht bloß einen großen Bogen um die Seite. Die Buchung war spontan „nicht erfolgreich“... Das ganze trifft jedoch nicht auf den Bezahlvorgang zu, der war sehr wohl erfolgreich. Da alles andere ausgebucht war blieb mir nur ein Flug 3 Tage später, nämlich heute! Habe ich mal erwähnt, dass ich Fliegen nicht mag? Oh, hab ich. Ok.

Das hier war also mein letzter Australienbericht! Meine letzten Tage in Australien verbrachte ich mehr oder weniger ausschließlich auf der Dachterrasse des Discovery Hostels. Hier wird so hart gefeiert, dass das Hostel zwei eigene Sicherheitskräfte braucht. In Neuseeland werde ich mich nochmal mit Vincent treffen und dann geht’s irgendwann alleine weiter. Fidschi fällt leider flach, da dort auch gerade Regensaison ist und die Flüge teuer sind. Also kein Bula und kein Kava. Ich habe nun 6 Wochen Zeit, um irgendwie von Christkirche nach Auckland zu kommen und dabei so viel zu sehen wie möglich. Im Anschluss geht’s nochmal 3 Wochen nach Asien, und wenn alles gut geht stehe ich am 23. April morgens in Frankfurt am Flughafen und friere mir in meinen Flipflops den Arsch ab. Was nicht möglich ist, aber ihr wisst schon wie ich das meine.

Euer Flo

Ein letztes Bild aus Australien: Melbourne bei Nacht

5. Februar 2014

Vom Winde verweht


+++ Ich habe mal wieder zwei Einträge gleichzeitig hochgeladen, der Ältere will auch gelesen werden und kann von Schreibmaschinenbenutzern rechts im Archiv oder unter "Älterer Post" gefunden werden +++

Mit freier Sicht gen Norden
Wir verließen Esperance gen Norden. Bevor wir in die unendlichen Weiten der Nullarborebene eintauchen, wollten wir noch einen Abstecher nach Kalgoorlie machen, der berühmtesten Minenstadt Australiens. In Norseman, dem letzten Kaff vor der Leere traf ich doch tatsächlich Fred und Lena aus Carnarvon wieder. Australien ist groß, aber an gewissen Knotenpunkten kommt niemand vorbei. Norseman ist einer davon, auch wenn dessen einzige Attraktion meiner Meinung nach die Handwaschanleitung auf der öffentlichen Toilette der Tourist Information ist. Australien ist und bleibt nun mal ein Nannystate. 


Gegen Nachmittag machten wir uns wieder auf den Weg, es waren schließlich 400km Umweg nur um Kalgoorlie einen Besuch abzustatten. Es braucht jedoch ein wenig Information um zu wissen, warum ich „Kal“ unbedingt sehen wollte. Die Stadt hat nämlich in der Entwicklung Australiens eine entscheidende Rolle gespielt und tut es noch immer. Normalerweise lacht man ja als Europäer über Alles, was das junge Australien als „Geschichte“ bezeichnet, doch Kalgoorlie bildet da eine Ausnahme. 1892 hat ein gewisser Arthur Bayley etwa 40km vom heutigen Kalgoorlie entfernt Gold gefunden. Ungewöhnlich viel Gold. Als er seinem Minenaufseher in Southern Cross nach wenigen Tagen 15,7 Kilo Gold auf die Theke klatschte, begann innerhalb weniger Stunden der letzte große Goldrausch der Menschheit. Quasi über Nacht entstand nahe des Fundortes die Stadt Coolgardie. Heute noch 700 Einwohner fassend war sie damals die drittgrößte Stadt Australiens. 
Coolgardie heute
Unweit von Coolgardie stolperte Paddi Hannan dann eher zufällig über eine der größten Goldadern der Welt, der „Golden Mile“. Hier entstand schließlich die Stadt Kalgoorlie, die immer und immer größer wurde. Die Bedingungen waren rau, es fehlte vor Allem an Wasser. Man gab sich dann dem Mammutprojekt hin, eine Pipeline von einer 560km entfernten und 400 Höhenmeter tiefer liegenden Staustufe bei Perth bis nach Kalgoorlie zu bauen. Für damalige Verhältnisse war das ein absolutes Wunderwerk. Die „Golden Pipeline“ ist auch heute noch Lebensader der Region.

So, genug Geschichtsstunde. Wir kamen also zuerst durch Coolgardie. Heute erinnert dort, abgesehen von ein paar alten Gebäuden nichts mehr an die vergangenen Zeiten. Lediglich die extrem breite Hauptstraße durch den Ort zeugt vom geschichtlichen Hintergrund: Man hat damals so viel Platz lassen müssen, damit Kamelkarawanen ungestört wenden können.

Bei unserem Nachtplatz zwischen Kal und Cool wurden wir von einer Armada Mosquitos überfallen. So etwas habe ich noch nicht erlebt! Wir waren wirklich überall zerstochen. Entsprechend genervt machte sich Julius am nächsten Morgen schon früher auf den Weg. Er rief uns irgendwann an, wir sollen bloß bleiben wo wir sind, da die Stadt von Polizisten nur so wimmeln würde und er an der Hauptstraße schon in eine Kontrolle gekommen sei. Dumm bloß, dass wir zu dem Zeitpunkt bereits am Woolworths mitten im Stadtzentrum waren. Dort wollten wir uns wieder treffen, und als Julius 15 Minuten später ankam berichtete er bereits von einer weiteren Kontrolle, wobei man auf seine Reifen geschaut hätte. In dem Moment bereute ich wirklich, nach Kalgoorlie gekommen zu sein. Zeit und Geld für den Umweg verloren und von Mosquitos vergewaltigt, stand jetzt auch noch unser rollendes Zuhause auf dem Spiel. Denn mit einem unregistrierten Auto, dessen Windschutzscheibe allenfalls als Kunstwerk bezeichnet werden kann möchte man nicht wirklich in eine Kontrolle kommen. Wir verabschiedeten uns von Julius, der von hier aus weiter gen Westen fahren möchte. „Geil wars, außer wenns kacke war.“ Wir werden uns mit Sicherheit nochmal wiedersehen.
Auch die Hannan Street in Kalgoorlie ist extrem breit
Über Nebengassen und durch Wohngebiete schlichen wir uns anschließend aus der Stadt. Unser Hauptziel, der Super Pit, lag glücklicherweise auf dem Weg hinaus. Die Super-Pit-Mine ist Australiens größtes Bergwerk, welches im Tagebau betrieben wird. Es ist außerdem das größte künstlich geschaffene Erdloch der Welt. Mit 3500m Länge und 360m Tiefe entspricht das Loch interessanterweise in Umfang und Tiefe einem umgedrehten Uluru. 

Der Super-Pit entschädigte ein wenig für die Strapatzen des Trips nach Kalgoorlie. Es ist absolut überwältigend, in die Tiefe zu blicken und den gigantischen Maschinen bei der Arbeit zuzusehen. Jedes Rad an diesen Minentrucks ist größer und schwerer als mein Van. 2300 Pferdestärken, 225 Tonnen Ladekapazität, ein 3790 Liter fassender Dieseltank. Noch Fragen? Vom Aussichtspunkt aus sehen die Trucks jedoch aus wie Spielzeugautos. Nur wenn der Schall mal wieder 3 Sekunden nach dem ankommt, was man sieht, wird einem die Entfernung und damit die Größe bewusst. Auch die 60 Tonnen fassende Baggerschaufel ist der Wahnsinn. Ja, liebe weibliche Leser, Baggerschaufeln können schon was Tolles sein! Ich frage mich, was die Goldschürfer von 1893 dazu gesagt hätten.


Noch am selben Tag fuhren wir wieder nach Norseman. Die 200km sind im Vergleich zu dem, was wir noch vor uns hatten ein Katzensprung. Die Nullarborebene stand auf dem Plan, eine 1200km lange, trockene Karstwüste. Sie hat ihren Namen vom lateinischen „Nulla arbor“ („Kein Baum“). Das ist zwar schamlos gelogen, aber sonderlich viel wächst in der Wüste wirklich nicht. Sämtliche kleineren, krüppligen Bäume die man sah waren außerdem absolut windschief gen Norden gebeugt. Warum? Ich werdet es nicht glauben, doch die windschiefen Bäume sind auf Wind zurück zuführen. Aber mal ernsthaft, es war wirklich extrem windig. So windig, dass einige Wohnmobile erst gar nicht den Rastplatz verlassen haben, da die Spritkosten derartig in die Höhe stiegen. Wenn ein Roadtrain uns passierte wurde Ludwig im Anschluss immer kräftig an die Seite gedrückt. Ich musste permanent so stark gegenlenken, dass es beim Karten spielen gestört hat! Stunde um Stunde verging und der Eyre Highway fand einfach kein Ende. Kein Wunder, dass AC/DC hier ihren Song „Highway to hell“ geschrieben hat.

Auf dem Weg kamen wir in einen kleinen Sandsturm
Am Straßenrand sahen wir plötzlich einen pinken Rucksack liegen und wurden neugierig. Was macht ein Rucksack mitten im Nirgendwo? Wir sammelten ihn auf und nahmen ihn mit zum nahen Rastplatz, wo wir über Nacht bleiben wollten. Im Rucksack waren schließlich neben einem Kartenetui hauptsächlich Medikamente – die größte Ansammlung von Medikamenten die ich je gesehen habe. Die Frau, die sie (offenbar) verloren hat muss so ziemlich alle Krankheiten haben die es gibt. Offensichtlich war sie auch auf ein paar der Pillen angewiesen. Wir entschieden uns, zurück zum Fundort zu fahren. Bei dem Inhalt kann es schließlich sein, dass die Besitzerin umdrehen und danach suchen wird. Und wer weiß was dort sonst noch so herumliegt? Schon von weitem sahen wir ein Auto am Seitenstreifen und eine ältere Dame durchstreifte verzweifelt das Gebüsch. Als wir ihr den Rucksack unter die Nase hielten ist sie vor Freude fast umgefallen. Ihre Augen waren durch die Brille gigantisch groß. Die Arme hatte offenbar nicht nur alle Krankheiten der Welt, sondern war auch noch fast blind. Sie umarmte uns und zog uns auf den Seitenstreifen, da sie für uns beten wollte. Gläubig auch noch dachte ich, wird ja immer schlimmer! Ihr Mann fragte schließlich nach unseren Namen, schloss die Augen und betete ausgiebig für uns und für unsere Reise, wobei die Frau wie in Trance nickte. Auch wenn ich persönlich nicht viel von Gebeten halte war es doch eine wahnsinnig tolle und menschliche Erfahrung. Mit solchen Dingen rechnet man auch einfach nicht.

Wir passierten schließlich irgendwann den „90 mile straight“ und den Madurapass, an dem man einen tollen Blick über die unendlichen Weiten der Nullarborwüste hat. Wir sahen mal wieder ein verlassenes Auto am Straßenrand und stoppten spontan. Es war ein alter Toyota, der doch tatsächlich die gleiche Reifengröße wie unser Ludwig hatte! Einer der Reifen war zudem noch wie neu. Ein gratis Ersatzrad, super! Die Demontage fiel jedoch schwerer als erwartet, da irgendwer schon die Stoßdämpfer stibitzt hatte. Irgendwann schafften wir es jedoch und warfen einen alten Klappstuhl durch die Seitenscheibe verstauten das Rad stolz im Seitenraum von Ludwig.


Tag Drei auf dem Eyre Highway neigte sich dem Ende zu und wir hatten es fast geschafft. Ein letztes Hindernis stand jedoch noch aus, bevor wir die Durchquerung der Nullarbor als erfolgreich verbuchen konnten: Die Grenzkontrolle in Ceduna. Hier werden Autos mal wieder nach bööösen Terrorfruchtfliegen durchsucht und ich befürchtete, dass auch das Kennzeichen erfasst wird. Nach langer Überlegung entschieden wir uns, den Checkpoint in der Nacht zu passieren. Leider war der Posten wider Erwarten auch in der Nacht besetzt, jedoch von nur einem Beamten. Vor uns war ein Kombi voller Asiaten, der den Beamten zunächst beschäftigte. Anschließend kam er zu uns und wollte unsere Kühlbox sehen. Natürlich war die hinter der Seitentür, die sich nur öffnen lässt wenn man von vorne über die Sitze klettert und hinter dem Teppich der Seitenverkleidung eine Metallstange nach hinten schiebt. Der Beamte schaute ein wenig merkwürdig. Er sagte jedoch „thats fine“ und joggte zu seinem Computer im Grenzhäuschen – nicht ohne sich vorher die Kennzeichen notiert zu haben. Die Schranke war permanent offen, und wir waren bereits in einer öligen Wolke verschwunden, bevor der nette Mann seinen ergonomisch geformten Bürostuhl erreicht hat. So schnell es ging heizte ich aus dem unsympathischen Ort und wurde erst langsamer, als im Rückspiegel kein Licht mehr am Horizont zu erkennen war. Willkommen in South Australia!

Unser momentaner Stellplatz
So, das ganze passierte vorgestern – ihr seid also zur Abwechslung mal wieder auf dem neuesten Stand. Wir entschieden uns, ein wenig südlich auf die Eyre Peninsula abzubiegen und sind nach einem kurzen Stopp im hübschen Fischerort Streaky Bay in der Venusbucht angekommen. Hier hängen wir nun seit zwei Tagen ab. Die Bucht ist traumhaft und der Caravanpark ist weltklasse, auch wenn wir den Altersdurchschnitt um etwa fünf Jahrhunderte senken. Hier treffen wir letzte Vorbereitungen: Waschen, Blog schreiben, Steak essen, entspannen. Morgen geht es wieder los: Wir wollen durchs Landesinnere zügig bis nach Cairns fahren. Das ist eine Route, die eigentlich kaum ein Reisender nimmt, da nicht wirklich Irgendetwas auf dem Weg liegt. Aber umso interessanter könnte es werden...

Bis zum nächsten Mal,
euer Flo

P.S.: Ich sitze gerade mit Vincent auf dem Pier in der Venus Bay. Auf dem Pier lauft eine bewegliche Lore auf alten Schienen und unter den alten Holzdielen wohnt ein Seelöwenpärchen. Am Horizont geht bereits die Sonne unter, ich bin der deutschen Zeit wieder 9,5 Stunden voraus. 

Mit Paul ins Paradies

Die unbeschreiblichen Blautöne am Horizont sind schwer zu definieren. Wo hört das Meer auf, wo fängt der Himmel an? Vielleicht wäre es einfacher zu erkennen, wenn ich nicht gerade auf dem Beifahrersitz von Julius' kleinem Allradwagen sitzen herumfliegen würde. Es ist mit Abstand die härteste Offroadpiste, die wir je gefahren sind. Damit hatten wir dann doch nicht gerechnet - Julius ist nervös. Sein Blick ist angestrengt und er macht Atemgeräusche, die mir sonst nur aus sehenswerten RTL2-Dokumentationen wie „Junge Mütter“ bekannt sind. Hoffentlich kommen wir hier wieder raus. Und überhaupt, wo sind wir hier eigentlich? Der traumhafte Strand, den uns Paul versprochen hatte lässt noch auf sich warten. Der nette Australier hatte uns spontan am Chelly Beach angequatscht. „Wanna see paradise?“ Sein großer Toyota hätte beim letzten mal auf der Seite gelegen, mit zwei Autos sei es doch sicherer und auch lustiger. Vincent fährt mit dem Angelverrückten Familienvater voraus und wir fahren uns erneut im feinen Sand fest. Ich steige aus, um beim zweiten Versuch nochmals einen kleinen Gewichtsvorteil zu haben. Und siehe da, wir schaffen es gerade so über die Sanddüne. Keine 5 Minuten später kommt wieder der Spaten zum Einsatz und wir begradigen den Streckenabschnitt, wo Pauls Toyota aufgesetzt ist. Das steile Stück bergab zur Küste ist schließlich kein Problem – hier wird eher die Rückfahrt interessant. Die Piste endet schließlich an einer Klippe, wo wir die Autos parken. 
Ein steiler Pfad führt an die traumhafteste Bucht, die ich je gesehen habe. Es ist leicht bewölkt im Paradies, was jedoch recht angenehm ist. Man verbrennt sich ansonsten unglaublich schnell, da es über diesem Teil des Kontinents in etwa soviel Ozon gibt wie Privatsphäre in der Londoner Innenstadt. Wir machen uns auf den Weg hinab und genießen eine Abkühlung im eisig kalten Ozean. Es ist mal wieder absolutem Zufall zu verdanken, dass wir überhaupt hier sind. Ob das ganze eine gute Idee war oder nicht ist noch abzuwarten. Aber manchmal hält Australien einfach kleine Abenteuer für einen bereit, und wenn man sie erkennt und den Mut hat darauf einzugehen erlebt man die genau die Dinge, die einem noch lange Zeit in Erinnerung bleiben. 


Pauls Paradies
Julius und Paul versuchen sich im Surfen, und Vincent kämpft mit der Sonnencreme in seinen Augen. Ich lasse die umwerfende Landschaft auf mich wirken. Der Strand ist so verlassen, dass wir vier wahrscheinlich ein großes Feuerwerk machen könnten und trotzdem die einzigen Personen wären, die es sehen könnten. Okay, das daraus resultierende Buschfeuer müssten wir mit vielen Anderen teilen, aber immerhin! Die linke Seite der Bucht ist sehr felsig, und ich finde ein paar nette Kletterfelsen. Wir helfen Paul, sein Angelequipment zu den Felsen zu tragen und baden kleine Shrimps in türkisblauem Wasser. Ich war nie ein großer Fan vom Angelsport, was ist auch so toll daran herumzusitzen und zu warten? Meine Meinung sollte sich heute ändern. Ein Fisch nach dem Anderen ist am Haken, und wir haben eine Mordsgaudi. Was gefangen wird, wird gegessen. Paul meint, alles war Silber ist könnte man essen, ganz sicher sei er sich aber nicht. Mit der Einstellung hat er es aber immerhin ins Rentenalter geschafft, also werden wir sie übernehmen. Leider ist es bei Australiern üblich die Fische einfach sterben zu lassen, anstatt sie zu töten. Aber wir sind ja keine Australier, wir sind good german fellas. Am Ende fangen Vincent und ich noch je eine große Makrele (?) und wir haben mehr als genug Fisch für ein großes BBQ. 

Wir 3 beim Angeln
Check my dinner yooo
Die Rückfahrt war ähnlich abenteuerlich wie die Hinfahrt. Es war bereits dunkel, und an zwei Passagen kam Rocky wirklich an seine Grenzen. Ich war gerade am Filmen, als Julius zu schnell über einen Felsen fuhr und sein Wagen nach einem dezenten „Klonk“ plötzlich fünf mal so laut war wie vorher. An dieser Stelle schreibe ich einfach mal unseren Dialog aus dem Video nieder:

Ich: „Das hört sich gar nicht gut an.“
Julius: „Fuck.“
Ich: „Krümmer.“
Julius: „Fuck Fuck Fuck.“
Ich: „Ey der rollt noch!!!“
Julius: „Oah, du hast meine Handbremse kaputt gemacht!“

Ein Blick unters Auto verriet mir aber, dass der Auspuff lediglich aus einer Verbindungsstelle gerutscht ist und ich konnte Julius ein wenig beruhigen. Die Lebensqualität in der Fahrgastzelle stieg somit wieder auf ein erträgliches Maß und wir kamen ohne weitere Zwischenfälle zurück zum Chelly Beach, wo wir gemeinsam den Fisch zubereiteten. So langsam kommt sogar Vincent auf den Geschmack, mit der richtigen Panade um den Fisch muss er sogar kaum noch würgen beim Essen. Ich würde darauf wetten, dass er noch innerhalb der nächsten 10 Jahre die Angel wegwirft und einen Jagdschein macht. „Stell dir mal vor da schwimmen überall geile Steaks im Wasser rum!!“

Am nächsten Tag erreichten wir die Bremer Bay, wo ich ein wenig auf der Bullbar herumkutschiert wurde. Ein Mädel am Strand gab mir schließlich mal wieder einen dieser wertvollen Insidertipps, denen man einfach nachgehen muss: Der Besitzer des Museums im Ort hätte eine große Sanddüne auf seinem Grundstück, wo man nach Absprache vielleicht Sandboarden gehen könnte. Wir machten uns auf den Weg und sahen schon bald Schilder am Straßenrand, dass das Museum geschlossen sei. Viel zu verlieren hatten wir nicht, also fuhren wir dreist weiter bis wir schließlich vor dem Privathaus des besagten Museumswärters standen. Es war ein prachtvolles, altes Steingebäude auf mit großer Gartenanlage. Eine alte Frau kam aus dem Haus und schaute dermaßen grimmig, dass ich schon leicht geduckt den Rückwärtsgang suchte. Packt die Alte jetzt die Schrotflinte aus? Der Mann kam schließlich hinzu und die Beiden stellten sich dann doch als sehr nett heraus. Nach ein wenig Propaganda für ihr Museum verrieten sie uns dann den Weg zur Sanddüne, die wir wenig später mit Bodyboard und Küchenkiste bewaffnet erklommen. Um es abzukürzen: Das ganze hat nicht wirklich funktioniert, aber wir hatten unseren Spaß. Auf dem Rückweg sahen wir dann sogar noch eine kleine schwarze Schlange durch den Sand kriechen.


Sandig wie nie zuvor begaben wir uns auf eine Offroadpiste in zum Point Ann im Fitzgerald Nationalpark. Ein nettes Fleckchen, wo wir direkt zwei Nächte blieben. Julius, der sich mittlerweile eine 10 Fuß – Hochseeangel gekauft hatte konnte es natürlich kaum erwarten sie auszuprobieren. Fische gab es jedoch keine, nur durch Zufall sahen wir vor uns in der Felsspalte eine dicke Krabbe. Wir stiegen also auf Krabbenangeln um, was wirklich Spaß gemacht hat. Die Viecher sind so hohl, die stecken sich auch genüsslich leere Metallhaken in den Mund. Mjamm, Haken! Zwei Stunden später hatten wir den Eimer voller Krabben inklusive Raremob in Gelborange statt Lilagrün. Die glückliche auserwählte Krabbe, die testweise als Erste in den Whirlpool durfte, wurde anschließend professionell geöffnet geöffnet. Sie war lecker, aber hatte so wenig Fleisch an sich dass wir den anderen Krabben wieder die Freiheit schenkten.

Ab nach Esperance
Wir erreichten Esperance schließlich am Invasion Day Australia Day, sodass alle Geschäfte geschlossen waren. Die lediglich 15.000 Einwohner fassende Stadt feierte den wichtigsten Nationalfeiertag des Landes am Strand, wo unter Anderem ein paar sehenswerte Oldtimer ausgestellt wurden. Fotos habe ich leider nicht, da meine Digitalkamera den Geist aufgegeben hat. Wir machten uns direkt auf den Weg zur Lucky Bay im Cape le Grand Nationalpark, die mir Debby und Lynn von der Cattlestation empfohlen hatten. Der Ort war wunderschön, doch wegen des Feiertags leider total überfüllt. Glücklicherweise machten sich fast alle am nächsten Tag wieder vom Acker. Da hat man das dickste Auto, sämtliches Campingequipment inklusive Boot und Jetski, aber kann all das vielleicht mal an einem Tag pro Woche überhaupt nutzen, da man die restliche Zeit am Arbeiten ist. Also wenn ich mich entscheiden mü – oh, das hab ich ja schon.

Julius und Vince beim Angeln
Wir blieben insgesamt vier Tage an diesem herrlichen Ort. Angeln, Entspannen, ein wenig die Landschaft erkunden. Meine Kamera konnte ich nach einer Operation wieder zum Leben erwecken. Wie kann man nur so kleine Schrauben benutzen! Beim angeln nutzten wir eine meiner Plastikkisten als Fischkiste. Als sie beim Auffüllen vom Wasser erfasst wurde musste ich spontan ins kalte Nass um sie zu retten. Ein alter Australier zeigte uns wie man Fisch filetiert und wir bekamen ein Bier von ein paar netten Iren spendiert. Können nicht mehr Iren nach Australien kommen und dafür weniger Franzosen? Lustigerweise überlegt die Regierung im Moment den Franzosen das Work and Holiday Visum zu entziehen, da sich unsere Croissant liebenden Nachbarn hier derartig daneben benehmen. Nach zwei Nächten machte ich mich mit Vincent mal auf den Weg in die Stadt zum Einkaufen und Skypen. Erschreckend, wie wenig man am anderen Ende der Welt teilweise von Zuhause mitbekommt. „Aus den Augen, aus dem Sinn“ trifft wohl leider auch zu, was den Kontakt in die Heimat angeht. Naja, hungrig waren wir dann auch noch. Mc Donalds, du Perle der Zivilisation! Es war schließlich schon zu spät für einen Reifenhändler, als ich das Objekt an meinem rechten Vorderrad näher unter die Lupe nahm. An einer Seite war bereits das Gummi unter der Faser unter dem Gummi zu sehen. Ups. Vorsichtshalber fuhren wir im Schneckentempo zurück in die Lucky Bay.

Kaum hatten wir geparkt, kam Julius mit einem mörderisch Breiten Grinsen um die Ecke. Das Grinsen sollte noch ein paar Tage anhalten – er hatte einen 61cm langen Lachs aus dem Wasser gezogen. Vincent konnte es kaum glauben. Eine Familie aus der Schweiz kam um die Ecke, und die Kinder hatten tatsächlich Angst vor dem Fisch, was ich urkomisch fand. Ich konnte schließlich sogar vom Lachs essen, ohne danach selbst wie Einer auszusehen. Offenbar gibt es da bei meiner Allergie Ausnahmen. 


Den nächsten Tag verbrachten Vincent und ich mit zwei Australierinnen, mit denen wir am Abend zuvor erfolgreich Goonvorräte vernichtet hatten. Wir fuhren zu einem (mal wieder) traumhaften einsamen Strand, wo uns heftige Wellen vom Bodyboard klatschten. Hier im Südwesten gibt es eindeutig die bisher besten Strände, die ich je gesehen habe.

Thistle Cove im Cape le Grand Nationalpark
Am letzten Tag erklommen wir zusammen den Frenchman Peak, einen Berg mit großem natürlichem Tunnel unter der Spitze mitten im Nationalpark. Es kommt auf den Fotos leider nie so rüber, aber die Aussicht war der Wahnsinn. 


Der Cape le Grand Nationalpark ist wirklich einer der Schönsten Australiens, auch wenn er nicht so bekannt ist. Dasselbe gilt für die gesamte Region – es ist mir absolut unverständlich, dass dort nur so wo wenige Leute leben. Darüber unterhielt ich mich auch mit dem Reifenhändler, bei dem wir auf dem Weg in Richting Nullarborebene unweigerlich stoppen mussten. „I know, i know! Dont tell anybody!“ sagte er. „No no, i wont!“ 

Ups.