Moin Moin!
Ich bin noch immer in Melbourne und war
in den letzten Tagen viel damit beschäftigt, an den Autos zu
schrauben. Ziel war es, aus den zwei Gurken ein gutes mobiles Zuhause
zu basteln. Mein ursprünglicher Plan war dabei, einfach die
Kennzeichen und Fahrgestellnummer zu tauschen, da der alte Wagen noch
eine gültige Registrierung besaß. Das ist natürlich nicht die
feine englische Art, aber man muss sich ja irgendwie zu helfen
wissen, wenn einem Schubkarren voller Steine in den Weg gelegt
werden. Die kriminelle Energie ist als Backpacker ohnehin größer,
als zuhause – Strafzettel werden einfach nicht bezahlt,
Waschmaschinen mit Wattestäbchen aktiviert und die Waage an der
Selbstbedienungskasse im Supermarkt ist des Backpackers bester
Freund. Salami oder Möhren, wo ist da schon der Unterschied? Das mag
man nun für richtig halten oder nicht, so läuft es hier eben, und
sollte daher in einem authentischen Reiseblog auch mal erwähnt
werden.
Jedenfalls war der Kennzeichentausch im Endeffekt doch
schwieriger als gedacht, da an jedem Auto mehrfach
Identifikationsnummern versteckt und verbaut sind. Problematisch war
daher vor Allem die Entsorgung des alten Wagens, und wenn wirklich
mal etwas passiert hat man unter Umständen keinen
Versicherungsschutz. Ich entschied mich also dafür, doch zu
versuchen Rudi zu registrieren. Es mag immer ein wenig albern
klingen, doch ist es eigentlich Tradition, dass Backpacker ihren
Autos einen Namen geben, und ich finde das auch ganz gut. Warum ich
den Wagen Rudi genannt habe weiß ich übrigens auch nicht,
wahrscheinlich hat mein Unterbewusstsein das „bugn“ aus
„Burgundi“ entfernt und übrig blieb nun mal „Rudi“. Das
gleiche Auto wie vorher also, nur ohne Bugs. Man könnte es ein gutes
Omen nennen, doch Omen gibt es wohl leider nicht.
Nachts am Yarra River |
Um im Staat Victoria den Besitzer eines
Autos zu wechseln, muss der Behörde das sogenannte Roadworthy
Certificate vorgelegt werden. Ein ursprünglich ähnlicher
Sicherheitscheck, wie ich ihn schon mit Burgundi in Sydney (im Staat
New South Wales) machen musste. Ich machte also einen Termin bei der
Werkstatt von Alan, der ein Freund von einer der Damen des Community
Centers war. Ich sollte mich dort als Bekannter von ihr ausgeben, da
Werkstätten ahnungslose Backpacker, die eh bald wieder weg sind und
auch keine Kunden vergraulen gerne mal ein wenig ausnehmen. Vor dem
Termin habe ich alle Sicherheitsrelevanten Teile des Wagens
überprüft, da offiziell nur diese bei dem Check überprüft werden
sollen.
Außerdem habe ich viele Teile von Burgundi und Rudi
ausgetauscht, die bei Ersterem einfach in besserer Verfassung waren.
Räder, Steinschlagschutz, Bullbar, Dichtungen, Luftfilter,
Zierleisten, Kofferraumhydraulik und diverse Teile des Interieurs
haben den Wagen gewechselt. Besonders die Bullbar war eine
Herausforderung, doch glücklicherweise hat Daniel mir mit einer
Engelsgeduld geholfen. Anschließend habe ich den Wagen komplett
sauber gemacht und das Öl gewechselt. Ich habe extra dickeres Öl
verwendet, da der Motor ein kleines Leck hat. Der Schlüssel
funktionierte nur einseitig, weshalb ich einen komplett Neuen
anfertigen lassen habe. Der Türke im örtlichen Schlüsseldienst hat
mir die sonst 14 Dollar teuren Kopien dessen fast geschenkt, und noch
einen Aluminium Titan Möchtegern Spezial Schlüssel obendrauf
gelegt. Der Grund: Ich bin Deutscher, und die Deutschen hätten den
Türken im Weltkrieg ja Waffen verkauft, und es leben ja auch so
viele Türken in Deutschland, da müsste man zusammenhalten. Okay!
Es war also soweit, der entscheidende
Tag stand vor der Tür. Ich brachte Rudi zur Werkstatt, wo er eine
knappe Stunde lange von drei Mechanikern eingehend untersucht wurde.
Am Ende war ich 120 Dollar ärmer und bekam einen Zettel in die Hand
gedrückt, auf dem 11 Punkte vermerkt waren, die für die Roadworthy
noch erledigt werden müssten. Lenklager, Achslager, Ölleck am Motor
und am Getriebe und einen Teil des Auspuffs sollte ich doch bitte
innerhalb von 7 Tagen reparieren, um mal nur die unmöglichen Dinge
aufzuzählen. Ach und die Windschutzscheibe muss raus um deren Rahmen
zu entrosten, da dort ein wenig Flugrost sei. Sogar ein kleiner Riss
in einer der Rücklichtkappen wurde bemängelt. What? Offensichtlich hat
sich im Reglement in den letzten Monaten einiges geändert. Seit
neuestem haften die Werkstätten für den Zustand des Autos und
müssen rückwirkend alles umsonst reparieren, was sie übersehen
haben. Dementsprechend kann momentan in ganz Victoria kaum ein altes
Auto angemeldet werden und die Preise purzeln. Hier zeigt sich mal
wieder, wie zurückgeblieben Australien doch irgendwo ist. Einen
Bundesstaat weiter wird wieder alles komplett unterschiedlich
gehandhabt, jede Rostlaube wird ohne Überprüfung angemeldet und
kann anschließend in ganz Australien legal fahren – lächerlich.
Am selben Tag wurde mir noch spontan meine lange Arbeitsschicht
abgesagt und ich war mal wieder ziemlich frustriert. Immer noch im
schon kalten Melbourne, kaum Geld gespart, zwei Autos - von denen
Eines nicht fahren kann und Eines nicht fahren darf – so hatte ich
mir das nicht vorgestellt!
Aber gut, irgendwie musste es ja
weitergehen. Die zwei folgenden Tage verbrachte ich also fast
durchgängig in der Library – Informationen sammeln. Wie sieht der
Automarkt und dessen Reglement in anderen Staaten aus? Wie viele
Mitfahrgelegenheiten gibt es? Wo ist und bleibt welches Wetter? Was
passiert wenn man illegal fährt? Wieviel Erstattung bekomme ich für
die alte Registrierung und Versicherung? Wie sieht es aus mit meinem
Visum und Fristen? Wo will ich eigentlich hin? Mein neuer Plan stand
fest: Burgundi wird so oder so abgemeldet und günstig verkauft oder
verschrottet. Vorher rüste ich noch sämtliche brauchbaren Teile auf
Rudi um, die erst nach dem „Sicherheitscheck“ machen wollte. Zum
Beispiel das Bettgestell, welches ich bereits vor knapp 2 Monaten
eingebaut hatte. Damals hatte ich mir einfach für 50 Dollar Holz
gekauft (die Stahlwinkel hatten dieselbe Farbe wie der Einkaufswagen
und waren somit kostenlos...), Werkzeug aus dem CC und von Anwohnern
geliehen und munter drauflos gesägt und geschraubt. Das Ergebnis war
wirklich gut – Ein bequemes, stabiles Bett und jede Menge Stauraum.
Ich hatte es so gebaut, dass man an sämtliche Fächer und Klappen
gut herankam und es am Stück aus dem Wagen rausheben konnte. Bei
offener Heckklappe hat man einen gemütlichen überdachten Sessel mit
Blick ins freie für zwei Personen – Autokino mal anders. Ebenfalls
übernehmen wollte ich die 200 Watt starken Scheinwerfer, die ich
bereits in Burgundi gebastelt hatte. Glaubt mir, wenn man die anmacht
braucht man keine Sonne mehr!
Dann war es mein Plan, auch Rudi für
einen guten Betrag zu verkaufen, um anschließend als Mitfahrer
Richtung Norden zu reisen. Die nächsten zwei Monate wollte ich
günstig durch das Zentrum in den Norden und von dort an die
Westküste, um dort länger zu arbeiten. Dort hätte ich mir wieder
ein Auto zum Wohnen gesucht. In Westaustralien ist es am
unkompliziertesten ein Auto zu kaufen. Solange die Rego nicht abläuft
braucht man keinen Werkstattcheck, und man kann den Wagen auch in
anderen Staaten problemlos verkaufen und ummelden. Dementsprechend
sind die Autos natürlich oft fürn Arsch in bedenklichem Zustand.
Sollte ich Rudi nicht verkauft kriegen, bliebe mir keine andere Wahl
als illegal und unversichert selbst Richtung Norden aufzubrechen.
Das war also der Plan. So oder so
sollte es über die berühmte Great Ocean Road und die Grampains,
über Adelaide und Cooper Pedy zum noch berühmteren roten Felsen in
Australiens Mitte gehen – Ob nun mit Rudi oder als Mitfahrer. Wie
das mit Plänen so ist in Australien kam natürlich wieder alles
anders. Immer kommt alles anders. Wenn hier mal etwas nach Plan
läuft, dann ist wohl irgendetwas nicht in Ordnung. Gut so! Was
passiert ist? Autohandel Steinmeier hat wieder Zuwachs bekommen: Seit
gestern bin ich im Besitz von drei Autos. Drei Autos! Hätte mir das
einer vorher gesagt, ich hätte ihm wohl den Vogel gezeigt. Ein
Minivan namens Onkel Ludwig wird mein Zuhause für die nächsten
Monate! Wie es dazu kam und was der Onkel so drauf hat erzähle ich
euch im nächsten Bericht! Den gibt es diesmal zeitiger, versprochen!
In zwei, spätestens drei Wochen möchte ich ohnehin aufbrechen, und
es wird wieder häufiger Einträge hier geben. Und wenn ihr (und
Ich!) Glück habt stehen da dann auch wieder andere Dinge drin als
Arbeitssuche und Autoprobleme. Ein gigantischer Roadtrip steht vor
der Tür und ich kann es kaum erwarten endlich wieder loszuziehen!
Yihaaaa
Euer Flo
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