Hallöchen!
Ich sitze am Flughafen von Broome und
ein komplett neuer Abschnitt meines Abenteuers steht bevor – Zeit
von den letzten beiden Wochen zu berichten! Ich muss mich ein wenig
beeilen, da der Akku zuneige geht und ich Broome noch heute verlassen
muss...
Delfine springen aus dem Wasser |
Johannes: Typisch Australien |
Zunächst gab es ein freudiges
Wiedersehen, da nach genau 2 Monaten und 10.000km auch ein Teil der
Kommune am anderen Ende Australiens angekommen ist: Johannes und
Luisa. Zu viert quälten wir unsere Vans auf den nördlichen Teil des
Strandes und verließen ihn nur ab und zu mal zum Einkaufen. Mit dem
Abnehmen der Gezeiten wurde der Weg zum Strand immer schwieriger und
war trotz geringem Reifendruck jedes Mal wieder ein Abenteuer. Oft
gingen wir die Strecke vorher zufuß ab, um den besten Weg zwischen
Sandkuhlen und Felsbrocken zu finden. Einmal überholten wir sogar
einen feststeckenden Landcruiser, und der hüpfende Ludwig erntete
Jubelrufe.
Handstandbild mit Selbstauslöser |
Am Strand verbrachten wir einen Abend
mit Adrian. Der vermeintliche Rentner, den wir in Bezug auf
Polizeiaktivität am Strand ansprachen entpuppte sich als der wohl
abgedrehteste Australier, den wir je getroffen haben. Er baute Bomben
aus Gasflaschen, hatte einen halb verwesten Krokodilschädel dabei
und zeigte uns seine prolligsten Videos: Adrian wird vom Hai
gebissen, Adrian verfüttert einen Hai an einen gigantischen Fisch,
Adrian zieht an der Bong und betäubt ein geknebeltes Krokodil usw.
usw. Wir grillten über dem Lagerfeuer (welches natürlich mit Benzin
angezündet wurde), heizten mit seinem Jeep über den dunklen Strand
und hatten einen tollen Abend. Gut angeheitert fuhr er zum
Bottleshop, um Nachschub zu besorgen, wobei unzählige leere
Bierdosen im Fussraum herumklimperten. Kein Problem, er hat ja
schließlich seit gestern wieder einen Führerschein! Später bekamen
wir noch Besuch von einer gigantischen Motte. Mane und ich mussten in
Ludwig einbrechen, da ich den Schlüssel innen vergessen hatte.
Der irre Ozzi mit der Monstermotte |
Der Alltag am Strand war das Risiko der
Zufahrt mehr als wert. Den Ort habe ich ja im letzten Beitrag schon
ein wenig beschrieben. Zusammen mit Johannes und Luisa machten wir
uns ein paar sehr entspannte Tage. Als es ein wenig zu entspannt
wurde knoteten Johannes und ich spontan ein Seil an Ludwig. Die Idee:
Einer heizt durch die Brandung, möglichst ohne Stecken zu bleiben,
der Andere hängt sich hinten dran und versucht auf dem Skimboard zu
surfen. Es klappte besser als erwartet und wir hatten einen
Mordsspass. Von Schürfwunden übersäht aber mit tiefem Grinsen im
Gesicht ließen wir uns im Anschluss von den Mädels verarzten.
Schlau wars nicht, aber geil! Leider hat sich Johannes am Ende etwas
heftiger gemault und holte sich eine fette Prellung am Knie.
Frühstück am Strand |
Johannes zieht mich mit Ludwig durch die Brandung - von Hunden verfolgt |
Schlau war die ganze Aktion nicht, da
die Wagen natürlich nicht für den Strand gebaut wurden. Einmal
streikte Abends meine Kupplung, und ich habe uns schon per Anhalter
weiterreisen sehen. Glücklicherweise erledigte sich das Problem von
selbst. Ich war aber auch recht risikofreudig, da ich in Bezug auf
den Wagen nicht mehr viel zu verlieren habe. Eines Nachmittags wurden
wir von der Polizei angehalten und ein grimmiger Beamte lief mit der
Hand an der Waffe auf uns zu. Es gibt Menschen die werden Polizist um
für Recht und Ordnung zu sorgen und es gibt welche, die Andere
herumkommandieren wollen. Wir hatten offenbar mit einem Exemplar von
Typ 2 das Vergnügen, der zudem noch schlecht gelaunt war und
unüberhörbar etwas gegen Backpacker im Allgemeinen hatte. Ich bekam
einen gelben Aufkleber an die Windschutzscheibe: Defect notice. Ich
solle in den nächsten 10 Tagen unter Anderem die Windschutzscheibe
austauschen, und bei der Abnahmeprüfung werde das gesamte Auto
überprüft. Einige Telefonate und einen Besuch bei der Werkstatt
später war klar: Ein Austausch macht weder aus Zeit-, noch aus
Kostengründen für mich Sinn. Das Deprimierende dabei war, dass es
reine Backpackerschikane ist. Die alten Vans passen nicht in das Bild
der Stadt, die aber auch nicht in der Lage ist Stellplätze zur
Verfügung zu stellen. Eine andere Polizistin, die uns eines Morgens
aus dem Schlaf Riss brachte es auf den Punkt: „We dont want you
here.“ Aus deutscher Sicht mag ein Riss in der Windschutzscheibe
kritisch sein, doch hier fährt jeder Zweite damit durch die Gegend.
Nun habe ich keine andere Wahl als unversichert und illegal weiter zu
reisen.
Am südlichsten Landzipfel Broomes gab
es noch eine andere Attraktion: Dinosaurier- Fussabdrücke. Wirklich
spektakulär waren die nicht, aber die Felsküste war toll und wir
genossen mal wieder einen irren Sonnenuntergang. Johannes fand ein
paar grüne Krabben, von denen wir später noch jede Menge sehen
sollten.
Mane beim Fussabdruck |
Am letzten Strandtag hatte Johannes
seine Gopro auf dem Kopf, die uns bereits beim Wakeboarden mit Ludwig
tolle Videos beschert hatte. Er wollte sich selbst beim Bodyboarden
filmen – man legt sich mit einem kleinen Board in die brechende
Welle. Eine der Wellen war jedoch größer als erwartet und Riss ihm
den kleinen Kasten vom Kopf. Hektisch trampelten wir in der trüben
Ozeanbrühe herum. Johannes eilte an Land um eine Taucherbrille zu
holen, als ich sie plötzlich an meinem Fuß spürte. Ich tritt nur
grob in die Richtung, um vielleicht eine Schlaufe zu erwischen doch
es half alles nichts – sie war weg. Umso größer die Freude, als
sich Abends ein Mitarbeiter der Seerettung meldete, dem Johannes
verzweifelt seine Nummer gegeben hatte: Irgendjemand hat doch
tatsächlich die Kamera aus dem Ozean gefischt und dort abgegeben!
Only in Australia.
Die Piste gen Nordzipfel |
Mal Luft ablassen |
Johannes und Luisa reisten ab und Mane
und ich fühlten uns nicht mehr wirklich Wohl in Broome, zumal wir
bereits auf der polizeilichen Radkrallenliste vermerkt worden waren.
Wir entschieden uns, die nördliche Dirtroad in Richtung Natur zu
nehmen. Die Entscheidung war goldrichtig: Nach abenteuerlicher Fahrt
fanden wir einen idyllischen Stellplatz am Quondong Point und ließen
nochmal für vier Tage die Seele baumeln. Einsame Strände mit
unzähligen Krabben und Spaten statt Toilette – Campingfeeling pur.
Wir sahen mit an, wie ein Nissan Patrol in Stunden langer
Abschleppaktion vor den Fluten gerettet werden Musste. Nachbarn
warnten uns vor einer Tiger Brown Snake, die vor Kurzem erst Jemanden
dort gebissen hätte. Wir hatten aber Glück (oder Pech?) und sahen
keine Schlange. Nur Krabben. Millionen Krabben. Beim Gang über die
Felsen hörten wir ein permanentes Klacken, da sich die Krabben vor
Schreck einrollten und die Steine hinab purzelten. Wir trafen einen
alten Australier, der seit 7 Wochen hier ist. Sein Hobby ist angeln,
und erst gestern hatte er einen 2m langen Oschi aus der See gezogen.
Die Vermutung liegt Nahe: Er hat zu viel Fisch. Er schenkte uns ein
Stück von dem Oschi und zwei Snapper, die Mane und ich entschuppten
und im Lagerfeuer garten. Das Sammeln von Feuerholz war ein Abenteuer
für sich – wir mussten erst über den Strand zur Sanddüne wandern
und dort im Schlangenterritorium nach totem Holz suchen. Der Fisch
war super und rundete unseren Abend ab. Eine schneeweiße Motte
verliebte sich in meinen rechten Fuß – wie um alles in der Welt
schafft es dieses Vieh so weiß zu sein, wo doch absolut alles sonst
mit einer dicken roten Staubschicht überzogen ist? Leicht geknickt
verließen wir diesen schönen Ort heute Morgen, da Magdalena ihren
Flug zurück nach Melbourne nehmen musste
Gratis Landcruiser am Quondong Point |
Da sitze ich also nun auf dem Parkplatz
des mittlerweile geschlossenen Flughafens. Es ist bereits seit 3
Stunden dunkel. Der Abschied von Magdalena fiel mir schwer. Es ist
wohl Teil des Abenteuers, wundervolle Menschen kennen zu lernen und
sich Wochen später für sehr lange Zeit – wenn nicht sogar für
immer - verabschieden zu müssen. Chile liegt am anderen Ende der
Welt, doch ich hoffe das wird kein Hindernis sein. Das Reisen im Auto
schweißt zusammen, da man quasi Pausenlos zusammen ist und auch so
viel gemeinsam erlebt. Dann, von einem Tag auf den Anderen ist man
wieder alleine und planlos. In einsamen Momenten wie Diesem schweifen
meine Gedanken auch immer nach Hause zu meiner Familie und Freunden,
die ich seit nunmehr fast 10 Monaten nicht mehr gesehen habe.
Ich werde mich jetzt in mein
quietschendes Zuhause setzen, den hässlichen gelben Sticker
abfrimeln und Broome alleine in südlicher Richtung verlassen. Der
nächste Rastplatz wird mein Quartier für die Nacht sein – bis
dahin ist es aber wohl noch eine gute Stunde Fahrt durch die Nacht.
In den nächsten 500km gibt es wiedermal absolut Nichts als Wüste –
es ist das letzte einsame Stück der Westküste. Es gibt genau zwei
Raststätten (Roadhouses), bei denen ich direkt nach einem Job fragen
werde. Wahrscheinlich geht aber in Port Hedland die Suche nach Arbeit
weiter. Ich möchte auf eine Farm, in eine Mine oder auf abgelegene
Baustellen. Irgendeine Erfahrung körperlich harter Arbeit, die mir
außerdem eine Verlängerung des Visums ermöglicht. Wann im Leben
hat man sonst die Chance über endloses Land zu fahren, Schafe zu
scheren und Zäune zu reparieren!? Drückt mir die Daumen dass ich
etwas finde, bevor Ludwig in die Knie geht oder beschlagnahmt wird.
Bis bald,
euer Flo
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