7. Mai 2014

Ein Fazit...

Dieser Eintrag ist anders. Das liegt nicht daran, dass ich wieder im weichen Licht meiner geliebten Stehlampe sitze und Hifi-Sound mein Hinterteil in den Bürostuhl drückt, der den Schöpfer seiner Sitzmulde seit über 550 Tagen nicht mehr zu Gesicht bekommen hat. Nein, das ist es nicht. Auch die Tatsache, dass die Reise vorerst ein Ende gefunden hat ist nicht entscheidend. Es liegt wohl an dieser merkwürdigen Mischung aus Melancholie und Resignation. Warum? Ich stehe vor der unlösbaren Aufgabe, 18 Monate pures Leben auf ein wenig Text zu reduzieren. Wie jeder Andere in meiner Situation werde ich dabei kläglich scheitern und versuche es dennoch.

Ich bin mit Haien geschwommen. Ich bin barfuß durch den laotischen Dschungel gewandert. Ich habe gelernt, wie man die Kohlestifte im Inneren eines Anlassers wechselt und auf welcher Seite vom Teller die Gabel liegen sollte. Ich bin in der australischen Wüstensonne verbrannt, im Monsunregen Südostasiens ertrunken und in den Alpen Neuseelands erfroren. Ich habe unartige Wörter in mindestens 10 Sprachen erlernt, bin mit betrunkenen Bauern durch nächtliche Bananenplantagen geheizt und habe Stundenlang die Milchstraße angestarrt. Ich habe ein Jahr lang da gewohnt, wo ich geparkt habe. Ich musste Kühe häuten, Dingospuren folgen und kreischen wie ein kleines Mädchen, wenn mal wieder eine riesige Spinne auf dem Kopfkissen gesessen hat. Ich erlebte feiernde Menschenmassen und totale Isolation. Ich bin illegal quer durch Australien gefahren, habe auf einem Boot gewohnt und Vulkane erklommen. Ich habe wilde Rinder mit dem Motorrad durch die Wüste gejagt, Zäune gebaut und Windräder repariert. Ich wurde von einer Lebensmittelvergiftung umgehauen und habe im Dreck gelegen. Ich habe viele Freunde gefunden und einige Andere verloren. Ich musste lernen zu Schießen und bei Höllenlärm in den Schlaf zu sinken. Ich habe Zwiebeln chauffiert, sortiert, verflucht und gegessen. Ich bin per Anhalter durch die Lande gezogen und mit einem Seil an den Füßen 134 Meter in die Tiefe gesprungen. Ich habe mich Wochenlang nur auf Englisch verständigt und in einem Jahr mehr Nudeln gegessen als in meiner gesamten Studienzeit. Ich habe gegen australische Behörden gekämpft, meinen Van auf Geländepisten festgefahren und mich am Sternbild orientiert. Ich war auf einem Rave mitten im Wald, an einsamen Traumstränden und an Orten, die nur für mich etwas Magisches haben. Ich habe mich in der größten Tempelanlage der Welt verlaufen, habe am Strand gewohnt und etwas in einen Baum geschnitzt. Ich habe Ängste überwunden.

Ich habe, ich bin, ich war. Ich könnte ewig so weiter machen und hätte doch irgendwie nur einen winzigen Teil erzählt – ein paar Highlights und Kuriositäten eben, die man sich gerne in Erinnerung ruft. Zu Beginn dieses Eintrags habe ich eigentlich die beste Beschreibung meiner Reise gegeben: Pures Leben. Was sich zunächst hochgestochen und irgendwie kitschig anhört trifft es genau auf den Punkt.  
Reisen in der Form, wie ich es erleben durfte, ist keine Aktivität die man ausführt. Es ist keine Sache, die man gerade macht. Nein, das ganze Leben ändert sich. Die eigene Welt stellt sich sprichwörtlich und auch buchstäblich auf den Kopf und du bist mittendrin. Es gibt keine Kompromisse zwischen Aufgeben und Weitermachen und es ist dein Alltag, dass du keinen Alltag hast. 
Dabei gibt es genau so viele spannende wie langweilige Momente. Es ist nicht immer Alles spektakulär und außergewöhnlich, und das muss es auch gar nicht sein. Aber die Intensität, Häufigkeit und Variabilität, in der den Reisenden die unterschiedlichsten Gefühle und Gemütslagen aufsuchen steht in keinem Verhältnis zu dem, was man Zuhause empfindet. In den 18 Monaten auf Reisen habe ich mehr gelacht, geweint, gelernt und gedacht als in den 5 Jahren davor. Das liegt nicht nur an den geänderten Umständen, sondern auch der schieren Masse von Indikatoren: Man trifft mehr Leute, hört mehr Geschichten, wird vor mehr Probleme gestellt und fällt mehr Entscheidungen. Das allerwichtigste jedoch: Man ist frei. Nur wer komplett alleine im rollenden Zuhause durch die Landschaft fährt, keine Zukunftspläne und unzählige Möglichkeiten vor sich hat und die Gedanken treiben lässt – nur der weiß, wie sich unbedingte Freiheit in ihrer reinsten Form anfühlt.

Nach 67 Einträgen hat mein Reiseblog nun ein vorläufiges Ende gefunden. Vorläufig? Jetzt hat der schon wieder dieses Wort benutzt, vorläufig. Schuld daran ist der Travelbug: Wohl das einzige Tier, welches weltweit verbreitet ist und wirklich überall überlebt. Ok, da gibt es noch die Kakerlaken, aber die beißen nicht. Wer vom Travelbug gebissen wird ist infiziert und eine Heilung ist weder möglich, noch erwünscht. Denn wer gebissen wird weiß, dass er die Reise goldrichtig angegangen ist. Reisen macht süchtig. Woran das liegt habe ich wahrscheinlich ausgiebig genug erläutert. Wenn ich heute meine Blogeinträge von vor über einem Jahr lese, bekomme ich Gänsehaut - so viele Erinnerungen an dieses wahnsinnige Abenteuer! 
Und so träumte ich schon während den letzten Wochen der Reise von wilden Bären in Kanada und den eisigen Schneemassen Alaskas. Bedingt durch Visum und Finanzen wäre das ab Anfang 2015 denkbar. Aber vorerst bleibe ich Zuhause und verbringe ein wenig Zeit mit meiner Familie und Freunden. Zuhause, wo man in Ignoranz erstarrt, wenn sich Jemand im Bus neben einen setzt und wo man angeschaut wird wie ein Auto, wenn man fremde Menschen begrüßt. Die Umstellung ist groß, denn obwohl ich im Inneren noch der gleiche coole, gutaussehende, weise Mensch bin, so habe ich doch Eigenarten von anderen Kulturen adaptiert.

In den nächsten Tagen werde ich diesen Blog in Buchform bringen – mit Karten, Statistiken, mehr Bildern und anderen Erinnerungen. Ich mache das für mich selbst und hatte das immer so geplant, aber wer mag kann sich den Schinken dann gerne mal ein paar Tage ausleihen.

Was mir nun noch bleibt ist DANKE zu sagen. Danke an alle, die mich unterstützt haben und an mich geglaubt haben. Danke an die vielen tollen Menschen, die ich unterwegs kennenlernen durfte. Danke an meine Eltern, Brüder und Freunde, die mir schon nach wenigen Minuten das Gefühl gegeben haben als wäre ich nie weg gewesen. Danke.

Euer Flo.





27. April 2014

Wasserschlacht im Paradies

Hallo ihr Lieben....

Dies ist vorerst mein letzter Eintrag von Unterwegs, und er wird auch nicht sonderlich lang. Warum? Morgen um diese Zeit in ich wieder Zuhause – nach fast 18 Monaten! Dementsprechend sind meine Gedanken eigentlich schon wieder auf einem anderen Kontinenten. Außerdem ist mein b kaputt gegangen, was beim Schreien Schreiben tierisch nervt, da ich nun andauernd STRG-V als b benutzen muss. Ja ja, ich hab Probleme hier!

Momentan bin ich in bangkok – die selbe Stadt, in der ich damals meinen Reisebericht über Dubai verfasst habe. Damals, als ich reisemäßig noch absolut grün hinter den Ohren war, ein (noch ausgeprägteres) Talent für fragwürdige Situationen hatte und das Geschrei zuhause groß war, wenn ich mal 24 Stunden am Stück kein Lebenszeichen von mir gegeben habe. Mittlerweile reicht es ja, alle paar Wochen mal Whatsapp zu benutzen. Anmerkung für den zukünftigen Flo: Whatsapp hat man damals benutzt, um Nachrichten von A nach b zu schicken – das erste Programm seiner Art, was auch Technikfossile und Wählscheibentelefonsympathiker nahezu fehlerfrei bedienen konnten.

Flobinson schwer am Arbeiten
Ich hatte ja beim letzten Mal berichtet, wie ich nach Phi Phi gekommen bin. Die Insel gefiel mir sehr gut, nur leider war es dort sehr touristisch und auch teilweise ziemlich zugemüllt. Beim Katerfrühstück habe ich schließlich zwei nette Österreicherinnen kennengelernt: Andrea und Julia aus dem schönen Innsbruck. Wir entschieden spontan, zusammen eine boots- und Schnorcheltour zu den umliegenden kleinen Inseln zu buchen. Die meisten Leute schippern zur Maya bay, in der „The beach“ gedreht worden ist. Unsere Tour ging zur abgelegeneren und nicht so überlaufenen Insel bamboo island – was ich im Nachhinein bereue da die blöde insel zwei b im Namen hat. Ansonsten war es aber eine echt geniale Tour und wir hatten jede Menge Spaß. Wir paddelten vom boot aus mit einem Kajak los und schnorchelten in Schwärmen kleiner Fische. Zur bamboo island mussten wir schließlich schwimmen – in Deutschland undenkbar. Die Insel war wirklich Paradiesisch. Weißer Sand, ein paar Felsen, kristallklares Wasser. Das alles bei schönstem Wetter und 30°. Ich ging mit den Mädels ein wenig den Strand entlang, bis wir wirklich die Einzigen dort waren. Wir malten Sandengel und Wasserengel und sahen einen nackten Aal, der eine Wette verloren hat. Auf dem Rückweg zum Schiff hatten wir jegliches Zeitgefühl verloren – macht aber nix, wir hatten schließlich eine Stunde Zeit bekommen und die fahren schon nicht ohne uns los. Möööp falsch gedacht! Wir waren bereits im Wasser auf dem Weg zum Schiff, als es sich in bewegung setzte. Wir schrien und winkten wie bekloppt, doch es half alles nichts – 5 Minuten später war der Kahn außer Sichtweite. FUCK! Es gibt natürlich Schlimmeres, als mit zwei knackigen Mädels auf einer paradiesischen Insel ausgesetzt zu werden, das gebe ich zu. Aber auf dem Schiff waren unsere Wertsachen inklusive Portemonnaies, Smartsphones, und der Sonnencreme mit Lebenserfahrung. Und wir hatten kein Wasser. Wir konnten schließlich einen Langbootfahrer auf uns Aufmerksam machen, der aus irgend einem Grund die Mobilnummer unseres Tourguides kannte. Man hatte Erbarmen und holte uns doch noch von der Insel ab.

bamboo island im golf von thailand


Nun musste ich mich entscheiden, wie ich meine letzte Woche auf Reisen verbringen wollte. 2012 war ich ja bereits auf Koh Tao und es hatte mir sehr gut gefallen. Ich packte also die Mädels ein und wir nahmen das nächste Nachtboot, wo wir eine schöne schlaflose Nacht auf dem Dach verbrachten. Das war wieder so einer der wahnsinnig tollen Momente, die man nicht plant: Durch eine milde, klare Nacht schippern und vom Dach einer Fähre die tolle Rundumsicht auf die beleuchtete Küste genießen. Auf Koh Tao hat sich nicht viel verändert. Ich lieh mir wieder einen 125ccm Roller und erkundete mit den Mädels auf ein Neues die Insel. Der Zustand der Straßen war ein wenig besser, doch das hielt Andrea nicht davon ab sich ein paar mal abzulegen. Sie humpelte schließlich ein wenig und wurde andauernd mit Freude durch die Gegend getragen.

Eigentlich wollte ich am Dienstag zur berühmten Full Moon Party auf die Nachbarinsel, was ja 2012 wegen meiner Lebensmittelvergiftung ins Wasser gefallen ist. Irgendwie war es aber zu entspannt auf Koh Tao und die Hängematte zu bequem. Kräftig gefeiert wurde dennoch: Das thailändische Neujahr (Songkran) lockt alle Einheimischen und Touristen zur einen Hauptstraße der Insel. Es hatte seit Tagen nicht geregnet, doch es sah aus wie nach einem Gewittersturm. Überall sind Wassertanks aufgestellt worden und man haut sich Gegenseitig das Wasser um die Ohren. „Hepi Nujee!“ und fröhliches Gelächter kam aus allen Richtungen. Manche Experten nehmen dafür natürlich extra eiskaltes Wasser und schmeißen noch ein paar bunte Farben hinterher. Wer Gnade suchte, war auf der falschen Insel. Entgegenkommende Pickups voller Feierwütiger hauten den Rollerfahrern Eimerweise Wasser ins Gesicht, was wirklich nicht ungefährlich war. Die Freude der Einheimischen steckte uns aber an und wir hatten einen tollen Tag. Am nächsten Morgen lag dann die komplette Insel flach. Wo man auch hin ging hieß es meist nur „No can do. Tomorrow.“

Songkran auf Koh Tao
Meine letzten Tage verbrachte ich damit, mich nochmals ordentlich zu entspannen und das tropische Klima zu genießen. Das geht natürlich nicht ohne typische Thailanderlebnisse. Da wäre zum beispiel die Sache mit dem Knoblauch. Westliches Hexenzeug, womit die Inselbewohner nix anfangen können – dennoch wollen es die Touristen ja anscheinend auf der Pizza haben. Ich hatte von Johannes damals die Tradition übernommen, in jedes Gericht mit Knoblauch ein extra großes Stück zu machen – den Joker. Was ich dort im Restaurant bekam war jedenfalls eine absolute Jokerpizza. Die Thais sind einfach ein ulkiges Völkchen. Wenn man fragt, was der Unterschied zwischen einem Shake für 70bht und einem Smoothie für 100bht ist, lautet die Antwort stets „Same same.“ Same same hier, same same da. Auf Thailand ist alles gleich. Bis auf die Rechtschreibung vielleicht, neben dem Pinapel Shake findet man meistens den Mongo Shake. Aber der schmeckt auch. Was meine Zeit auf Tao betrifft lasse ich einfach mal die Handybilder sprechen...

"Das bild muss aufn blog!"

Nachts um 5 erreichte ich dann schließlich bangkok, wo ich am Sonntag nochmal diversen Quatsch auf dem weltweit größten Markt, dem Jatujak Market kaufte. Eigentlich wollte ich von dort diesen blogeintrag hochladen, doch ich wurde von einer Deutschen und einer Israelin spontan in eine Kneipe gezogen – da muss man dann bier trinken, da kann man nix machen! Mittlerweile in ich also schon wieder zuhause. Das schreibt sich so einfach, „ich bin wieder zuhause“. Ich bin wieder zuhause!!! An einem richtigen Schreibtisch! Neben einem richtigen bett! Wahnsinn! In ein paar Tagen werde ich hier nochmal ein anständiges, abschließendes Fazit schreiben. Damit wäre der blog zu meiner Weltreise dann abgeschlossen. Zum ersten Teil jedenfalls.....

Flo


17. April 2014

Transäquatoriale Relokalisierung

Moin moin!

Zu Beginn dieses Eintrags muss ich doch mal dezent darauf hinweisen, dass ich gerade bei 32° in meiner Hängematte mit Meerblick liege und genüsslich ein Erfrischungsgetränk nach dem Anderen schlürfe. Ätsch. Wo war ich stehen geblieben? Genau, in Brisbane am Flughafen. Wie die meisten anderen Leute am Flughafen bin auch ich dort irgendwann in ein Flugzeug gestiegen, welches mich sogar nach Singapur brachte.

Tschüss Australien - Ein letzter Blick auf den Kontinent, der mehr als 14 Monate mein Zuhause war
Singapur, als einer der 4 Tigerstaaten, begrüßt den Luftpassagier mit unzähligen Handelsschiffen
 
fried oysters
Von Singapur hatte ich ja bereits vor 16 Monaten berichtet, von daher kann ich mich jetzt kurz fassen. Die Stadt begrüßte mich wiedermal mit einer Wand aus heißer, stickiger Luft. Laufen, Sitzen, selbst das Schweiß abwischen bringt einen zum Schwitzen. Bei der Ankunft in meinem Hostel bin ich fast auf meinem eigenen Schweiß ausgerutscht. Nein, das war keine Redewendung. Diesmal hatte ich mich mitten in Chinatown im „Beary good hostel“ einquartiert – absolut empfehlenswert. Sobald die Dämmerung einbricht wuselt es auf den Straßen wie in einem Ameisenbau und Einheimische, wie auch Touristen futtern sich durch die zahlreichen Imbissbuden. Meine frittierten Muscheln waren allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Ich blieb diesmal zwei Nächte in Singapur und erkundete die Stadt mit dem Longboard. Wenn man von der Luftfeuchtigkeit mal absieht ist Singapur die mit Abstand Boardfreundlichste Stadt, in der ich je war. Überall gibt es abgeflachte Bordsteine und glatte Fliesen. Nur die vielen Ampeln nerven. Da die Sonne vertikal von oben hinab brennt kuschelt man beim Warten stets mit dem Ampelmast – nur dort gibt es ein wenig Schatten. Irgendein Einheimischer quatschte mich in der Ubahn über sein Schneeballystem voll. „Just klicks, get money money!“ Er wollte mich nicht gehen lassen, ohne dass ich ihm meine Adresse gebe. Naja, irgendein Herr Fährenhorst in Berlin freut sich bestimmt über den Anruf.

marina bay shopping mall

Ich kam schließlich am Singapore Flyer vorbei – Über das weltweit größte Riesenrad habe ich irgendwann mal eine Reportage gesehen. Beeindruckendes Teil! Man hatte zudem eine tolle Sicht auf das berühmte Marina Bay Sands Hotel und die neue Formel 1 Strecke. Abends machte ich mir einen netten Abend mit einer Reiseführerin aus Jakarta, bevor es am nächsten Tag zum Bus nach Kuala Lumpur ging. 


In KL angekommen wurde ich irgendwo im Zentrum aus dem Bus geworfen. Wo bin ich hier!? Der gewiefte Langzeitreisende weiß sich in dem Fall zu helfen, in dem er die Umgebung nach einem goldenen M absucht. Goldenes M, das bedeutet Wifi! (Und McTasty Maximenü + McChicken für zusammen unter 3 Euro) „No Wifi, rain!“ hieß es jedoch und wenig später folgte ein tropischer Platzregen, der seinesgleichen suchte. Ganze 2 Stunden saß ich im Mäcces fest, bevor die Fortbewegungsart „Gehen“ wieder zur Verfügung stand. Kuala Lumpur ist ein wenig wie Bangkok, nur irgendwie weniger extrem. Weniger Laut, weniger dreckig, weniger bunt. Drei Tage blieb ich dort, erkundete die Stadt, kaufte diversen Quatsch auf den Nachtmärkten und tauchte ins Nachtleben auf der Dachterrasse meines Hostels ein. 

 
immer diese affigen Selfies...
Ein Zug brachte mich zu den berühmten Batu Caves am Rande der Stadt. Eine gewaltige, goldene Statue bewacht den Eingang zur Höhle, welche man nur über eine große Treppe erreicht. Und glaubt mir, bei 42 Grad und 180% Luftfeuchtigkeit sind große Treppen noch größer. Die Höhle an sich war schließlich ziemlich enttäuschend. Dort gab es eigentlich nichts Besonderes, und nicht einmal dort schaffen es die Einheimischen den Müll wegzuräumen. Ja, die Leute schimpfen immer über die Touristen, aber es sind viel mehr die Asiaten selbst, die ihr Land zu müllen. Warum auch Gartenzwerge für den eigenen Garten kaufen, wenn man doch Plastikbecher und leere Saftpackungen umsonst haben kann? Hauptattraktion bei den Batu Caves sind wohl die zahlreichen Affen, die den Touristen dort das Essen klauen.

Die große größere Treppe zu den Batu Caves

Mein Weg führte mich schließlich zum Hauptbahnhof, da ich ein Zugticket nach Thailand gebucht hatte. 14 Stunden war die planmäßige Fahrtzeit nach Hat Yai, aber der Nachtzug hatte Verspätung. Schlafen war auch nicht wirklich möglich, doch die Fahrt war auf jeden Fall ein Erlebnis. Wir passierten etliche malaiische Dörfer, bevor der rappelnde Stahlkasten schließlich mitten im Nirgendwo an einem Grenzbahnhof halt machte. Hier erwacht 2-3 mal täglich (immer wenn ein Zug vorbei kommt) alles zum Leben und die Geschäfte öffnen sich für ein Stündchen. Zack, schon war ich wieder in Thailand. Es war dann auch nicht mehr weit, bis man mich in Hat Yai aus dem Zug warf.

Hat Yai, was für ein Dreckskaff. Da muss ich echt nie wieder hin. Man ist mit einem Fuß noch im Zug, da packt einen schon der erste Einheimische am Arm und will einem zum nächsten Reisebüro schleifen. Come come! Cheap cheap! Grausam. Für meine Fahrt nach Krabi wollte man schließlich 450 Baht haben – umgerechnet etwa 10 Euro. Das erschien mir ein wenig teuer, doch ich willigte ein. Der „Lotse“ lächelte – wenn er hier jemanden anschleppt, der dann was bucht, bekommt er wohl ein Stück vom Kuchen ab. „900 Baht“ hieß es dann plötzlich von der Seite. „Bagpack, two seats!“ Wen juckt denn bei einem Reisebus das Gepäck? Verärgert ging ich ins nächste Büro, nicht ohne 3 Typen Schlepptau, die sich bei meiner Ankunft lauthals um den Lotsenstatus stritten. „I need to go to Krabi!“ erklärte ich dem Griesgram hinter dem Röhrenbildschirm. Er schob mir einen Zettel zu: 4500 Baht. Aha, und warum genau soll ich dir jetzt zwei Monatsgehälter geben? „Taxi to Krabi“. Sagte er „No Taxi. Bus! How much?“ - „Bus full“ -“Bus not full...“ erwiderte ich, schließlich hat es 5 Minuten zuvor noch einen zwei freie Plätze gegeben. „You ask too much“ sagte er, und machte Handbewegungen, als wäre ich eine lästige Fliege. Raus aus meinem Reisebüro, wenn du dich nicht ausnehmen lässt! Alles klar. Es verging keine Viertelstunde, bis ich es mir mit allen Büros am Bahnhof verscherzt hatte. Irgendwo muss ich schließlich hin, das wissen die ganz genau. Na toll – da stand ich also schwitzend mit allem Hab und Gut irgendwo in einem thailändischen Kaff, war der einzige westliche Mensch weit und breit und hatte keine Ahnung, wo ich hin sollte. „Come come!“ hieß es von zwei Seiten gleichzeitig. Ich ignorierte die Aasgeier und quatschte stumpf ein paar Einheimische an. Etwa jeder Fünfte konnte ein wenig englisch und nach ein paar Minuten hatte ich einen Plan in der Tasche. Ein Tuktuk fahrender Ghettoblaster brachte mich für 60 Baht zum Busbahnhof am anderen Ende der Stadt, wo ich ein Busticket nach Krabi für ganze 186 Baht kaufen konnte. Taxi nach Krabi? Ohne mich.

Am nächsten Morgen ging meine Fähre nach Koh Phi Phi – Thailands ungekrönter König der paradiesischen Inseln. Auf Phi Phi gibt es keine Roller oder gar Autos, da die Insel locker zufuß erkundet werden kann. Tagsüber wird hier am Strand entspannt, welcher Abends Schauplatz für wilde Parties mit Feuerspielen und Rodeoreiten wird. Ich lernte ein paar Kanadier und eine ähm nette Spanierin kennen und stürzte mich ins Nachtleben...

Phi Phi bei Tag
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Phi Phi bei Nacht


4. April 2014

Blubber zum Sonderpreis

Ich habe es geschafft! Ich sitze tatsächlich im Bus nach Kuala Lumpur! Das mag sich nun nicht sonderlich spektakulär anhören, aber heute Morgen hatte es nicht wirklich danach ausgesehen. Ich kam total durchgeschwitzt am Busterminal an und wollte mir auf den letzten Drücker noch etwas Proviant für die 6-stündige Fahrt besorgen – einen hungrigen Florian will ja wirklich Niemand neben sich im Bus sitzen haben. Was dann folgte war Zirkus der Extraklasse: Ich war mit Sicherheit in der langsamsten Subwayfiliale der nördlichen Hemisphäre. Die gute Dame hat doch tatsächlich ein paar Salatgurkenscheiben gegriffen und dann Alle bis auf Eine zurück in den Behälter geleget. Anschließend wurde die eine Scheibe der Salatgurke fein Säuberlich auf dem Sandwich plaziert. Erst nach Lagekorrektur und Überdenkung der bevorstehenden motorischen Handlungen hat sich der Vorgang dann wiederholt. Mit den anderen Belägen verlief es ähnlich. Ich war kurz davor mich häuslich einzurichten, als das Sandwich Kunstwerk dann schließlich doch fertig war und ich zurück zum Bus hechten konnte. Sowas passiert wohl, wenn man sich bei der Stellenausschreibung vertippt und einen Sandwichautist einstellt. Nun ziehen jedenfalls die endlosen Palmölplantagen an meinem geräumigen Fernreisebus vorbei und ich habe endlich Zeit, dass Thema von Salatgurkenscheiben auf Neuseeland zu lenken.

Nach der unvergesslichen Tongariro Alpine Crossing wollten Vincent und ich erst einmal die Füße hochlegen. Meine 5 Dollar teuren Flipflops waren komplett am Ende und wurden zum Zwecke der professionellen Wertstoffentsorgung einem lokal verfügbaren, dafür vorgesehenen Behälter zugeführt. Ja sorry ich hab nicht viel geschlafen. Unser Weg führte uns nach Rotorua, der geothermal aktivsten Region des Planeten. Im doch etwas größeren Städtchen riecht es daher permanent nach faulen Eiern. Was machen all die Leute hier? Warum sucht man sich ausgerechnet den stinkendsten Ort des Landes aus, um eine Stadt zu gründen? Anscheinend sind die Dämpfe bekannt für ihre Heilwirkung bei Asthma, was Rotorua vor Allem vor der Entdeckung von Penicillin zu einem beliebten Kurort machte. (*hust* - why is there no penicillin in the jungle? because parrots ate 'dem all...) Wir campten für eine Nacht bei den „Waikite hot pools“, wo im Übernachtungspreis die unbegrenzte Nutzung der Poolanlagen mit drin ist. Grenzen kennen wir ja sowieso nicht und krochen erst aus den verschieden heißen, gemütlichen Pools als wir aussahen wie Gollum und sein Zwillingsbruder. Wahnsinn, so sauber war ich seit 16 Monaten nicht mehr! 


Am nächsten Tag ging es zum naheliegenden Thermalpark, der bei Touristen einen absoluten Pflichtstopp darstellt. Dort kann dann der typische Neuseelandreisende, meist namentlich mit Dieter oder Norbert anzusprechen, in seinen Sandalen einen liebevoll angelegten Rundweg entlang wandern und seine teure Spiegelreflexkamera über jedes blubbernde Erdloch halten, was ihm in die Quere kommt. Blubb blubb hier, blubb zisch blubb da. Guck mal Gerda, was ein Spektakel. Dabei wären Vincent und ich fast nicht in den Park gekommen, da wir zusammen anstatt 65 Dollar nur 64,10 dabei hatten. Die unsympathische Kassiererin schnauzte uns an, die meisten Leute würden sich vor der Anreise informieren. Ich war kurz davor, ihr den großen Hochglanz- Werbeflyer unter die Nase zu halten, worauf man anstatt der gesalzenen Preise lieber eine falsche Anfahrtskarte und grottig bearbeitete Bilder von hässlichen Kindern gedruckt hat. Okay das klang gemein, aber da gibt es nun mal die hübschen Kinder, es gibt die weniger hübschen Kinder und es gibt Kinder mit dämlichen Grinsen und Lolli in der Hand, die auf Werbeflyer gedruckt werden. Ich verkniff mir meinen Kommentar und amüsierte mich köstlich über die Situation: Ein innerlich zerrissener Vincent musste sich unter subtilem Augenzucken für die enorme Großzügigkeit, nein Barmherzigkeit der Kassiererin bedanken, die nach Entgegennahme des letzten 10 Cent Stücks ausnahmsweise von ihrer weitreichenden Autorität Gebrauch nahm, uns zu einem derartig ermäßigten Preis in den Park zu lassen. Danke Vincent – wäre ich vorne an der Kasse gestanden, hätten wir in diesem Moment wahrscheinlich wieder umkehren können.
Die schlechte Laune verflog beim Anblick der aktiven Erdspalten recht schnell. Überall blubberte und zischte es, der Gestank variierte von faulem Ei über Laborunfall bis hin zu Bierkaterfurz. Je nach Mineralien und Stoffen, die an die Oberfläche kommen sind dabei verschiedenste Farben im Spiel. Am „Champagne Pool“, der Hauptattrakion des Parks, verdampft 98° heißes Wasser in einem Schlot mit 60m Durchmesser. Ich lasse einfach mal die Bilder für sich sprechen.



Wir schauten auf die Karte und stellten fest, dass wir gar nicht so weit von Te Puke entfernt waren – dem Wohnort von Gordon und Michelle, die wir neulich am See kennen gelernt hatten. Ich rief die Nummer von dem Visitenkärtchen an, welches Gordon mir gegeben hatte und keine zwei Stunden später saßen wir beim dem freundlichen Kiwipaar im Wohnzimmer und wurden mit Braten und Lasagne gefüttert. Da deren Kinder schon alle aus dem Haus sind freuen sie sich immer über Besuch. Gordon zeigte uns Kiwifrüchte in allen Farben und Formen bei einer nahen Plantage, wo gerade die Ernteseason losgeht. Wir blieben schließlich zwei Nächte dort (in einem richtigen Bett! Aus Holz und so!) und waren sogar bei einem großen Familienessen dabei. Wahnsinn, wie aufgeschlossen und gastfreundlich die Menschen dort sind. Ein Sohn der ältesten Tochter ist geistig behindert, weshalb alle Wände im Haus verschieden farbig gestrichen sind - so kann er sich orientieren. Beeindruckend, was alles dazugehört, ein behindertes Kind groß zu ziehen. Da hatten es meine Eltern ja noch einigermaßen einfach ;-) Nachts haben wir uns dann noch die Glühwürmchen auf dem Grundstück eines Nachbars angeschaut. Mit der deutschen Mila, die momentan bei der Familie lebt und im Ort arbeitet machten wir noch einen Ausflug nach Tauranga, bestiegen einen nahen Berg und machten ein paar Strände unsicher.

Mit Vince und Mila auf Mount Maunganui / "the mount"

Eigentlich wollten wir von dort aus einen Abstecher zu den berühmten Waitomocaves und eine Höhlentour machen, aber nach einem Blick auf die Karte und in unsere Portemonnaies fuhren wir spontan doch weiter gen Norden auf die Coromandel Halbinsel. Die Landschaft schrie mal wieder nach Kameras, während wir die abenteuerlichen Straßen entlang cruisten. Lediglich die Suche nach den Campingplätzen gestaltete sich immer schwierig – das neuseeländische „Department of Conservation“ setzt in jedes Kaff ein Informationszentrum mit 3 Mitarbeitern, kann aber offenbar keine Schilder aufstellen oder mal eine brauchbare Karte zeichnen. Ernsthaft, jeder Schimpanse auf LSD malt bessere Karten. Es war aber immer nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder mit einem kühlen Bier an kühlen Orten wie dem Waikawau Beach saßen. Auch die berühmte Cathedral Cove blieb von unserer Anwesenheit nicht verschont. An der Ostküste der Halbinsel gibt es außerdem einen Strand, wo heißes Wasser aus dem Boden kommt. Man kann sich dort eine Schaufel leihen und bei Ebbe einen Pool graben. Natürlich waren wir nicht die einzigen dort, so ziemlich jeder Reisende Neuseelands hatte die gleiche Idee. Aber nachts bei klarem Sternenhimmel am Strand zu liegen und ein Bierchen im heißen Pool zu trinken ist verständlicherweise auch recht verlockend!

Die Cathedral Cove war unter Anderem Filmkulisse für Price of Persia
Im Örtchen Tairua war zufällig der Beach Hop 2014, das Jahrestreffen der Liebhaber aufgemotzter Oldtimer. Was dort an Autos rumstand war einfach nur irre – hier hätte ich hunderte Fotos machen können. Jeder Parkplatz und jedes Stückchen Wiese war mit Mustangs, alten Chargers oder auch Cobras belegt. Okay das stimmt nicht ganz, irgendwo mussten wir ja auch Schlodder parken. Das hat wohl in etwa so ausgesehen, als würde Big Momma in die Topmodelvilla laufen.



Bevor meine Neuseelandreise in Auckland endet wollte ich unbedingt noch einen der schwarzen Strände sehen, welche an der Westküste der Nordinsel gelegen sind. Hier ist einst ein Öltanker gesunken und die Regierung versucht, die Touristen für das neue Landschaftsbild zu begeistern. Das war gelogen. Bääh.


In Auckland schmiss mich Vincent schließlich aus dem Auto – er hatte mir meinen Teil von Schlodder abgekauft und erkundet jetzt noch die Northlands. Wir waren über 12 Wochen zusammen unterwegs, was ihn zu meiner längsten Reisbegleitung vor Julius, Magdalena und Helen macht. Mit Allen hatte ich eine geniale Zeit, und es war doch immer total unterschiedlich. In meinen Augen ist es daher definitiv am besten, generell alleine zu reisen und sich Abschnittsweise Gesellschaft zu suchen. Gesellschaft ist mächtig – sie kann das grässlichste Hostel zu einem entspannten Ort machen, oder aber die Wanderung im schönsten Nationalpark zur Geduldsprobe werden lassen. Gleichzeitig braucht man ab und zu Zeit für sich und möchte das unschlagbare Lebensgefühl eines freien Globetrotters in sich aufsaugen. Jep, ich alles richtig gemacht!

Auckland Innenstadt
Bevor ich die Stadt verließ wurde ich noch im unbewohnten sechsten Stock meines Hostels eingeschlossen und traf Charlotte wieder, mit der ich vor 16 Monaten durch Laos gereist bin – sie lebt seit einem halben Jahr mit ihrer Partnerin in Auckland und kannte die beste Bar. Mit dem Flug nach Singapur habe ich Ozeanien schließlich endgültig verlassen und jeder fragt mich: „Was ist besser? Australien oder Neuseeland??“ Das kommt natürlich immer darauf an, was man will. Und wer man ist, und wie man reist, und überhaupt. Neuseeland hat unschlagbare Landschaften und Alles liegt näher beieinander. Meine persönliche Antwort lautet dennoch ganz klar Australien. Ich könnte jetzt Gründe wie Klima, Arbeitslohn und wilde Tiere nennen. Die Faktoren sind jedoch unzählig und wenn man alle verwurstet kommt bei Australien ein Brei raus, der mir irgendwie besser schmeckt. Es ist für mich das bessere Land um langfristig in der Form „on the road“ zu leben, wie ich es gemacht habe. Dennoch hat Neuseeland Einiges zu bieten und sollte auf jeden Fall mal besucht werden. Jep, schon wieder Alles richtig gemacht!

So, mittlerweile bin ich in Kuala Lumpur und werde jetzt auf der Dachterrasse meines Hostels mit billigem, kalten Bier gegen die drückend schwüle Luft der Stadt ankämpfen.

Un' Tschüß!