21. August 2013

Karijini Nationalpark


Hallöchen!

Kurzer Hinweis vorab: Mangels Empfang in der letzten Zeit habe ich mal wieder zwei Einträge gleichzeitig hochgeladen – den Älteren findet ihr rechts im Archiv!

Südlich des Munjina Roadhouses, wo der letzte Eintrag entstanden ist wird die Landschaft zunehmend dramatischer. Mein kostenloser Stellplatz für die Nacht war ist mit der schönste Ort, an dem ich je übernachtet habe. Unter einem einsamen hohen Baum mitten auf einem Gebirgskamm hat man Aussicht in zwei weitläufige Täler, die in sattem Grün leuchten und zu beiden Seiten von schroffem Gebirgsmassiv eingefasst sind. Lediglich eine Rekordverdächtig hohe Anzahl von Fliegen störte die Idylle – ich bin zwischendurch mit meinem Schneidebrett Amok gelaufen. Die Lage im Landesinneren machte sich auch in den Temperaturen bemerkbar: In der Sonne ist es heiß, ohne Sonne ist es kalt. Ein Mittelding gibt es nur in den 3 Minuten Abends, wenn der Feuerball noch so halb über den Horizont schaut.

Im Karijini Nationalpark führte mein Weg zunächst ins Besucherzentrum, anschließend unternahm ich insgesamt 5 kleinere Wanderungen.

Wanderung 1: Zum Circular Pool. Ich kramte meine Wanderschuhe aus dem Auto, da es sich immerhin um einen Class 4 Walk handelte. Die australischen Hikes sind in Schwierigkeitsgrade von 1 bis 6 unterteilt, der Aufstieg auf den Uluru war beispielsweise Class 5. Nach kurzem Abstieg in das malerische Tal folgt man dem Flusslauf entgegengesetzt der Wasserrichtung. Dabei führte der Weg tatsächlich durch den Fluss und ich hatte Teils ein wenig Mühe, keine nassen Füße zu kriegen. Das Billabong am Ziel war sehr idyllisch, und ich genoss ein Paar Orangen an einem schattigen Plätzchen. Ein Belgier sprang sogar in das klare Nass, obwohl das Wasser im Winter extrem kalt ist.

Wanderung 2: Zu den Fortesque Falls. Dieser Class 3 Walk führt ebenfalls hinab in die Dales Gorge. Die Fortesque Falls sind schließlich eine Stelle im Flusslauf, wo das Wasser eine Art natürlich geschaffene Treppe hinunter fließt. Einige Besucher haben ein Handtuch mitgebracht und hielten auf einer der Stufen ihre Wampe in die Sonne. Ich ging schnell zurück zum Parkplatz, da ich nur einen Tag bleiben wollte und es noch einiges zu Sehen gab.

Wanderung 3: Zum Klo. Dieser Class 1 Walk führt etwa 20 Meter vom Parklplatz zu einem staubigen Blechhäuschen, wo man sich ein Loch im Boden nur mit den Fliegen teilen muss. Ein Besuch ist in jedem Fall empfehlenswert, wenn man seinen Magen beim Frühstück mit grausiger Thunfischpasta vom Vorabend beleidigt hat. Anschließend quälte ich Ludwig über die Dirtroad, die zum westlichen Teil des Parks abkürzt, wo die etwas abenteuerlicheren Wanderungen starten.

Wanderung 4: In die Hancock Gorge. Dieser Class 5 Walk wird von den Einheimischen nur „The Ladder“ genannt, da eine große Metallleiter den Anfang beschreibt. Der Lonely Planet riet von einem Besuch ab, da es in der Vergangenheit immer wieder Unfälle mit übermütigen Touristen gegeben hat. Der Pfad führt zunächst am Flussbett entlang, bis man schließlich an der Wasserkante steht. Hier gibt es nur zwei Möglichkeiten: Durchlaufen oder Umkehren. Meine Wanderschuhe waren ohnehin ein wenig dreckig, sodass ich einfach mit Klamotten durch das knapp Hüfthohe Wasser watete. Irgendwann kam ich an einen Abschnitt, der auf der Karte „Spider Walk“ genannt wurde: Wie eine Spinne muss man sich dort zu beiden Seiten an den Wänden abstützen. Ich erreichte schließlich Kermits Pool, das Ende der Wanderung. Ich sprang spontan in das Wasser: Mein bisher kältester Moment in Australien. Die Wassertemperatur betrug höchstens 3cm, der ganze Körper wurde taub. Hinzu kam, dass ich natürlich zu Faul war meine Wanderschuhe auszuziehen, die mich wie Bleikugeln in die Tiefe zogen. Somit war der Rückweg auch ein besonderes Workout für die Beine.

Spider Flo, Spider Flo...

Früher konnte man ab Kermits Pool übrigens noch weiter klettern, doch mittlerweile ist der Abschnitt gesperrt: Zu gefährlich und rein zufällig auch kommerziell genutzt. Ja ja, damals war alles besser... Schöne Orte werden kommerzialisiert, in Nationalparks wird fleißig Eisen oder auch Uran abgebaut und auch die Tierwelt wird langsam aber sicher von der Gewinnorientierten Einstellung der australischen Regierung minimiert. Wer in meinem Alter ist und die einzigartige Schönheit dieses Kontinents erfahren möchte sollte damit nicht bis zur Rente warten.

Wanderung 5: Handrail Pool. Dieser Class 5 Walk, von dem bereits Johannes geschwärmt hatte war auch mein persönliches Highlight. Ich lief barfuss, da mir meine nassen Wanderschuhe zu schwer geworden sind. Zunächst gibt es ähnliche Herausforderungen wie in der Hancock Gorge. Irgendwann folgt man dem Flusslauf durch eine schmale Felsspalte – eine tolle Atmosphäre. Am Ende führt schließlich ein Handlauf durch einen kleinen Spalt hinab in ein großes Billabong. Ich will den Weg hinab filmen und habe meine Kamera in meine wasserdichte Hülle gepackt. Leider ist der Weg rutschiger als erwartet, und an der Kante zum Billabong muss ich mich auch mit der zweiten Hand abstützen. Doof dabei war, dass die Kamera in der Hülle keine Handgelenkschlaufe hat und daher nicht wie gewohnt am Handgelenk baumelt – stattdessen (wer hätte es gedacht) fällt sie auf den Boden, wird da direkt vom Wasser mitgerissen, stürzt knapp 4 Meter auf einen Felsen im Billabong und treibt dort im Wasser. Scheiße, Scheiße, Scheiße! Ich hechte hinab und springe direkt ins Wasser, da die Hülle ja auch möglicherweise einen Knacks bekommen haben könnte. Hatte sie nicht, aber die Kamera... ein Riss im Gehäuse und nur ein schwarzer Bildschirm beim Starten. Das darf nicht wahr sein. Die Kamera kostet etwa 200 Euro und eine Neue ist momentan nicht im Reisebudget. Ich hatte bereits Bilderlose Seiten im Blog und in dem Buch, was ich mir in Deutschland als Erinnerung drucken lassen möchte vor Augen. Umso glücklicher war ich, als der kleine Kasten nach ein wenig Fummelei plötzlich wieder zum Leben erwachte. Brave Kamera! 


Mitch am Handrail Pool
Im Billabong lernte ich den Australier Mitch kennen. Sein Bruder würde nur vor dem PC hocken, weshalb er ihn spontan eingepackt hätte und für einige Wochen durchs Land reist. Keine schlechte Idee eigentlich! Wir schlossen uns spontan zusammen und ich erhielt einige Infos, da die Beiden aus einem Kaff in der nähe stammen. Mein neues Ziel heißt jetzt Carnarvon, ein Stückchen weiter im Süden an der Küste. Dort soll es Schaffarmen geben und auch einige Früchte werden wieder reif: Arbeit, die für eine Visumsverlängerung zählt. Es wird jedoch Zeit- und Geldmäßig langsam knapp, und die Zukunft meines mobilen Heims ist bekanntlich auch ungewiss. Dementsprechend werde ich die unverzichtbaren Attraktionen, die noch auf dem Weg liegen im Schnelldurchlauf abklappern müssen. Ich bin gespannt, wie es weitergeht! 

Bis demnächst,

Florian

Auf der Flucht

Kalte Luft zieht durch das offene Fahrerfenster. Ich müsste anhalten um es zu schließen, da die Scheibe mal wieder in die Tür gefallen ist. Keine Lust anzuhalten. Ich ärgere mich, dass ich dieselbe Straße erst gestern gefahren bin – in entgegengesetzter Richtung. Schon wieder eine Tankladung weniger im Budget. Vor vier Tagen war ich alleine aus Broome aufgebrochen. Im Rückspiegel glüht mal wieder ein Sonnenuntergang, der es in Deutschland auf jede Titelseite schaffen würde. Ich schieße schnell ein Foto und fahre weiter. Es ist schon irgendwie Gewohnheit, dass der Himmel Abends in allen Farben regelrecht glüht. Was mache ich, wenn ich wieder nach Deutschland komme? Fotos von der grauen Suppe? Meine Gedanken wandern in die Heimat. Dort ist es grade erst Mittags, und meine Trierer Freunde sind gemeinsam auf einem Festival. Irgendwie wäre ich in diesem Moment auch lieber dort. Denn abgesehen von der Musik, die grenzwertig laut aus meinen Boxen dröhnt hat mein momentanes Leben nichts mehr mit dem Leben in der Heimat gemeinsam. Ein beängstigendes Gefühl, es würde so bleiben. Dabei ist es genau dass, wofür ich hierher gekommen bin – in ein anderes Leben eintauchen. Meine Laune bessert sich. Im Groben und Ganzen läuft doch alles so, wie ich es mir vorgestellt habe – Rückschläge gehören halt auch dazu. Und Ungewissheit als solches war auch stets ein gewollter Teil meines praktisch nicht vorhandenen Plans. Ich schließe mein Fenster und fahre weiter in die Dunkelheit.

Broome nachts alleine zu verlassen war eine gänzlich neue Erfahrung für mich. Was eine wahnsinnige Atmosphäre, allein und ohne konkreten Plan oder Ziel auf den endlosen Fernstraßen Australiens in die Nacht zu fahren. Meine Augen suchten im schwachen Scheinwerferlicht nach Schildern, die auf eine Übernachtungsmöglichkeit hindeuten. Ich muss aufpassen, jetzt wo der Wagen nicht mehr zugelassen ist. Bei einer Strafe für Schlafen im Auto, was in dieser Region durchaus oft vorkommt würde ich wahrscheinlich auffliegen. Dann wäre ich obdachlos und immobil irgendwo am Ende der Welt. Ich erreiche eine kleine Parkbucht und halte an. Soll ich hier Schlafen oder bis zu einem anständigen Rastplatz weiter fahren? Ein gigantisches Känguru nimmt mir die Entscheidung ab, indem es munter vor mein Auto hoppelt. Was für ein Brummer! Autofahren in Australien bei Nacht sollte man vermeiden. Ich stellte Ludwig hinter einen Busch und versuchte lange Zeit erfolglos zu schlafen.

Raststätte im Nichts
Am nächsten Tag fuhr ich weiter gen Süden. Ich sah eine Dirtroad von der Straße abbiegen, der ich spontan folgte und erreichte eine Melonenfarm. Im Moment gebe es keine Arbeit, aber nur 800km weiter im Norden sei eine weitere Farm, da könne ich ja mal fragen. Dankeschön. Auch das Sandfire Roadhouse suchte kein Personal – Jobs hier werden üblicherweise von Agenturen vermittelt. Tank voll, Tür zu, weiter geht’s. Der Tourguide (der, der Bäume sprengt...) hatte mir den Rastplatz „De Grey River“ empfohlen, der wirklich sehr schön war. Kleine Parkbuchten tummelten sich unter schneeweißen Bäumen an einem idyllischen Flusslauf. Ich traf einen netten Franzosen namens Cyril, der dort sein kleines Zelt aufgeschlagen hatte. Er reist per Anhalter durchs Land – eine Zukunft, die mir auch noch widerfahren könnte. Wir machten gemeinsam mit noch zwei deutschen Mädels ein großes Feuer und ich vernichtete gekonnt den verbliebenen Rum.

toll, oder?
Vorgestern erreichte ich schließlich Port Hedland. Dieser Ort ist anscheinend die größte Baustelle auf dem Globus. Schutthalden, Kräne und Zäune reihen sich aneinander. Wo üblicherweise Bäume stehen sollten gibt es hier nur rotweiße Hütchen. Fast jedes Fahrzeug, was mir entgegen kommt ist entweder 50m lang oder hat spezielle Aufkleber, Fahnen und Warnlichter: Minenfahrzeuge. Perfekt, dachte ich mir. Wo gibt’s Jobs, wenn nicht hier? Erz fließt durch Port Hedland wie Blut durch Andern. Täglich verlassen gigantische Containerschiffe einen der vier ebenfalls gigantischen Häfen, das Ziel heißt meistens China. Alles ist von einer roten Staubschicht überzogen.


Ich besuchte das örtliche Besucherzentrum. Australien stellt in jedes Kaff ein Besucherzentrum, welches mit nahen Attraktionen lockt – auch wenn es eigentlich keine Attraktionen gibt. Ich ließ mir eine Liste mit Jobagenturen geben und machte mich auf den Weg in die Bücherei, um meinen Lebenslauf aufzupäppeln. „Closed“ oder „close“, da gibt es beim westaustralischen Genuschel übrigens keinen Unterschied. Die Unfreundlichkeit der Menschen schlug auf meine Laune. In der Bücherei war man eher daran interessiert hässliche Papproboter auszuschneiden, als dass man Kunden begrüßt oder gar bedient. Französische Backpacker waren etwa so kommunikativ wie ein Glas Himbeerjoghurt. Ich ließ mich nicht unterkriegen und quatschte einfach Jeden an, den ich traf – die beste Möglichkeit einen Überblick über die Jobsituation und Übernachtungsmöglichkeiten zu bekommen. Irgendwie fühlte ich mich wie eine Ameise, die sich in einen Termitenbau verirrt hat.
Abends freundete ich mich mit einem Italiener an. Natürlich hieß er Mario, jeder Italiener heißt Mario. Eigentlich ist auch jeder Italiener Pizzabäcker, aber Mario wartet seit einem Monat vergeblich auf einen Job. Er schläft in seinem Auto, ist aber in ständigem Kontakt mit der Polizei. Es gibt keine Budgetunterkünfte in Port Hedland – das ehemalige Hostel ist geschlossen und der billigste Stellplatz ohne Strom kostet satte 35 Dollar pro Nacht. Campingplätze zählen aber nicht als permanente Unterkunft, welche die meisten Arbeitgeber hier voraussetzen. Macht aber nichts, da es im Moment ohnehin keine Jobs gibt – im September gibt es in Australien einen Regierungswechsel und die großen Firmen warten ab, da ihre Zukunft ungewiss ist.


Ich entschied mich dazu, weiter nach Karratha zu reisen. Um diese Stadt machen eigentlich alle Reisende einen großen Bogen, da südlich von Port Hedland der Karijini Nationalpark lockt und die eine befestigte Straße wieder an die attraktive Westküste führt. Weniger Reisende, weniger Konkurrenz. Außerdem gäbe es in Karratha weitaus mehr kleinere Unternehmen und -ganz wichtig- ein Hostel, welches laut Lonely Planet 25 Dollar pro Nacht kostet.

Bevor ich Port Hedland verließ hielt ich noch an einer Brücke, von wo aus man Züge beobachten kann. Güterzüge beobachten – klingt nach einer typisch australischen „Attraktion“. Allerdings hat es mir dort wirklich die Sprache verschlagen: Als ein Güterzug sich langsam näherte ging auf die Aussichtsplattform, um die Waggons zu zählen. Angeblich fahren hier die längsten Züge der Welt entlang. Ich hätte mal lieber Wasser mitnehmen sollen! Der Zug war nicht wirklich schnell und lang. Sehr lang. In Zahlen ausgedrückt: 2 Loks zogen 239 Waggons. Wie ein Zugvogel habe ich aus zugiger Höhe dem Spektakel beigewohnt zugeschaut. Es gab keinen Aufzug, nur einen steilen Zugang, um nochmals Bezug zu großem Zug und Zugbrücke zugleich zu geben. Kein feiner Zug von mir, euch Zugriff auf so viele Zugwortspiele zu geben. Zugegeben, ich versuche seit langer Zeit sie mir abzugewöhnen, aber der Zug ist wohl abgefahren. Sie sind einfach zu gut. Jaja ok...

In Karratha ging die Arbeitssuche weiter. Die Jobsituation war ein wenig besser, aber noch immer schlecht. Das Hostel existierte auch tatsächlich noch, war jedoch extrem hässlich und wollte 50 Dollar pro Nacht für ein simples Bett. 50 Dollar, das ist selbst für australische Verhältnisse verrückt. Das sind mehr als 1000 Dollar im Monat für einen Service, den ich eigentlich nicht brauche. Wenn ich mich dennoch niederlasse und mir hier – an diesem Ort – das Geld ausgeht, habe ich ein echtes Problem. Hinzu kam, dass das Wochenende vor der Tür stand. Ich erwischte nur eine Jobagentur, die noch offen hatte. Verdammt, daran hätte ich denken müssen. Aber „on the road“ ist einfach jeder Wochentag gleich!

Die nächsten unproblematischen Übernachtungsmöglichkeiten lagen je zwei Stunden in nördlicher und südlicher Richtung der Stadt. Ich fuhr an den Highway und stellte mich an den Straßenrand. Scheiße, so war dass nicht geplant. Die Sonne ging bereits unter. Ich musste mich entscheiden – Norden oder Süden? Eine Vielzahl von Faktoren schwirrte in meinem Kopf herum. Ich entschied mich schließlich für Norden. Die Straße, von der ich erst am Vortag gekommen bin. Der Hauptgrund: Man kann einfach nicht gen Süden reisen, ohne den Karijini Nationalpark zu besuchen, der als einer der Schönsten des Kontinents gilt. Ich würde es mir ewig vorwerfen!

Kalte Luft weht durch das Fahrerfenster...


12. August 2013

Fische, Motten, Bullenschweine

Hallöchen!

Ich sitze am Flughafen von Broome und ein komplett neuer Abschnitt meines Abenteuers steht bevor – Zeit von den letzten beiden Wochen zu berichten! Ich muss mich ein wenig beeilen, da der Akku zuneige geht und ich Broome noch heute verlassen muss...

Delfine springen aus dem Wasser
Johannes: Typisch Australien
Zunächst gab es ein freudiges Wiedersehen, da nach genau 2 Monaten und 10.000km auch ein Teil der Kommune am anderen Ende Australiens angekommen ist: Johannes und Luisa. Zu viert quälten wir unsere Vans auf den nördlichen Teil des Strandes und verließen ihn nur ab und zu mal zum Einkaufen. Mit dem Abnehmen der Gezeiten wurde der Weg zum Strand immer schwieriger und war trotz geringem Reifendruck jedes Mal wieder ein Abenteuer. Oft gingen wir die Strecke vorher zufuß ab, um den besten Weg zwischen Sandkuhlen und Felsbrocken zu finden. Einmal überholten wir sogar einen feststeckenden Landcruiser, und der hüpfende Ludwig erntete Jubelrufe.


Handstandbild mit Selbstauslöser
Am Strand verbrachten wir einen Abend mit Adrian. Der vermeintliche Rentner, den wir in Bezug auf Polizeiaktivität am Strand ansprachen entpuppte sich als der wohl abgedrehteste Australier, den wir je getroffen haben. Er baute Bomben aus Gasflaschen, hatte einen halb verwesten Krokodilschädel dabei und zeigte uns seine prolligsten Videos: Adrian wird vom Hai gebissen, Adrian verfüttert einen Hai an einen gigantischen Fisch, Adrian zieht an der Bong und betäubt ein geknebeltes Krokodil usw. usw. Wir grillten über dem Lagerfeuer (welches natürlich mit Benzin angezündet wurde), heizten mit seinem Jeep über den dunklen Strand und hatten einen tollen Abend. Gut angeheitert fuhr er zum Bottleshop, um Nachschub zu besorgen, wobei unzählige leere Bierdosen im Fussraum herumklimperten. Kein Problem, er hat ja schließlich seit gestern wieder einen Führerschein! Später bekamen wir noch Besuch von einer gigantischen Motte. Mane und ich mussten in Ludwig einbrechen, da ich den Schlüssel innen vergessen hatte.


Der irre Ozzi mit der Monstermotte

Der Alltag am Strand war das Risiko der Zufahrt mehr als wert. Den Ort habe ich ja im letzten Beitrag schon ein wenig beschrieben. Zusammen mit Johannes und Luisa machten wir uns ein paar sehr entspannte Tage. Als es ein wenig zu entspannt wurde knoteten Johannes und ich spontan ein Seil an Ludwig. Die Idee: Einer heizt durch die Brandung, möglichst ohne Stecken zu bleiben, der Andere hängt sich hinten dran und versucht auf dem Skimboard zu surfen. Es klappte besser als erwartet und wir hatten einen Mordsspass. Von Schürfwunden übersäht aber mit tiefem Grinsen im Gesicht ließen wir uns im Anschluss von den Mädels verarzten. Schlau wars nicht, aber geil! Leider hat sich Johannes am Ende etwas heftiger gemault und holte sich eine fette Prellung am Knie.

Frühstück am Strand
Johannes zieht mich mit Ludwig durch die Brandung - von Hunden verfolgt

Schlau war die ganze Aktion nicht, da die Wagen natürlich nicht für den Strand gebaut wurden. Einmal streikte Abends meine Kupplung, und ich habe uns schon per Anhalter weiterreisen sehen. Glücklicherweise erledigte sich das Problem von selbst. Ich war aber auch recht risikofreudig, da ich in Bezug auf den Wagen nicht mehr viel zu verlieren habe. Eines Nachmittags wurden wir von der Polizei angehalten und ein grimmiger Beamte lief mit der Hand an der Waffe auf uns zu. Es gibt Menschen die werden Polizist um für Recht und Ordnung zu sorgen und es gibt welche, die Andere herumkommandieren wollen. Wir hatten offenbar mit einem Exemplar von Typ 2 das Vergnügen, der zudem noch schlecht gelaunt war und unüberhörbar etwas gegen Backpacker im Allgemeinen hatte. Ich bekam einen gelben Aufkleber an die Windschutzscheibe: Defect notice. Ich solle in den nächsten 10 Tagen unter Anderem die Windschutzscheibe austauschen, und bei der Abnahmeprüfung werde das gesamte Auto überprüft. Einige Telefonate und einen Besuch bei der Werkstatt später war klar: Ein Austausch macht weder aus Zeit-, noch aus Kostengründen für mich Sinn. Das Deprimierende dabei war, dass es reine Backpackerschikane ist. Die alten Vans passen nicht in das Bild der Stadt, die aber auch nicht in der Lage ist Stellplätze zur Verfügung zu stellen. Eine andere Polizistin, die uns eines Morgens aus dem Schlaf Riss brachte es auf den Punkt: „We dont want you here.“ Aus deutscher Sicht mag ein Riss in der Windschutzscheibe kritisch sein, doch hier fährt jeder Zweite damit durch die Gegend. Nun habe ich keine andere Wahl als unversichert und illegal weiter zu reisen.

Am südlichsten Landzipfel Broomes gab es noch eine andere Attraktion: Dinosaurier- Fussabdrücke. Wirklich spektakulär waren die nicht, aber die Felsküste war toll und wir genossen mal wieder einen irren Sonnenuntergang. Johannes fand ein paar grüne Krabben, von denen wir später noch jede Menge sehen sollten. 

Mane beim Fussabdruck
Am letzten Strandtag hatte Johannes seine Gopro auf dem Kopf, die uns bereits beim Wakeboarden mit Ludwig tolle Videos beschert hatte. Er wollte sich selbst beim Bodyboarden filmen – man legt sich mit einem kleinen Board in die brechende Welle. Eine der Wellen war jedoch größer als erwartet und Riss ihm den kleinen Kasten vom Kopf. Hektisch trampelten wir in der trüben Ozeanbrühe herum. Johannes eilte an Land um eine Taucherbrille zu holen, als ich sie plötzlich an meinem Fuß spürte. Ich tritt nur grob in die Richtung, um vielleicht eine Schlaufe zu erwischen doch es half alles nichts – sie war weg. Umso größer die Freude, als sich Abends ein Mitarbeiter der Seerettung meldete, dem Johannes verzweifelt seine Nummer gegeben hatte: Irgendjemand hat doch tatsächlich die Kamera aus dem Ozean gefischt und dort abgegeben! Only in Australia.

Die Piste gen Nordzipfel
Mal Luft ablassen
Johannes und Luisa reisten ab und Mane und ich fühlten uns nicht mehr wirklich Wohl in Broome, zumal wir bereits auf der polizeilichen Radkrallenliste vermerkt worden waren. Wir entschieden uns, die nördliche Dirtroad in Richtung Natur zu nehmen. Die Entscheidung war goldrichtig: Nach abenteuerlicher Fahrt fanden wir einen idyllischen Stellplatz am Quondong Point und ließen nochmal für vier Tage die Seele baumeln. Einsame Strände mit unzähligen Krabben und Spaten statt Toilette – Campingfeeling pur. Wir sahen mit an, wie ein Nissan Patrol in Stunden langer Abschleppaktion vor den Fluten gerettet werden Musste. Nachbarn warnten uns vor einer Tiger Brown Snake, die vor Kurzem erst Jemanden dort gebissen hätte. Wir hatten aber Glück (oder Pech?) und sahen keine Schlange. Nur Krabben. Millionen Krabben. Beim Gang über die Felsen hörten wir ein permanentes Klacken, da sich die Krabben vor Schreck einrollten und die Steine hinab purzelten. Wir trafen einen alten Australier, der seit 7 Wochen hier ist. Sein Hobby ist angeln, und erst gestern hatte er einen 2m langen Oschi aus der See gezogen. Die Vermutung liegt Nahe: Er hat zu viel Fisch. Er schenkte uns ein Stück von dem Oschi und zwei Snapper, die Mane und ich entschuppten und im Lagerfeuer garten. Das Sammeln von Feuerholz war ein Abenteuer für sich – wir mussten erst über den Strand zur Sanddüne wandern und dort im Schlangenterritorium nach totem Holz suchen. Der Fisch war super und rundete unseren Abend ab. Eine schneeweiße Motte verliebte sich in meinen rechten Fuß – wie um alles in der Welt schafft es dieses Vieh so weiß zu sein, wo doch absolut alles sonst mit einer dicken roten Staubschicht überzogen ist? Leicht geknickt verließen wir diesen schönen Ort heute Morgen, da Magdalena ihren Flug zurück nach Melbourne nehmen musste

Gratis Landcruiser am Quondong Point

Da sitze ich also nun auf dem Parkplatz des mittlerweile geschlossenen Flughafens. Es ist bereits seit 3 Stunden dunkel. Der Abschied von Magdalena fiel mir schwer. Es ist wohl Teil des Abenteuers, wundervolle Menschen kennen zu lernen und sich Wochen später für sehr lange Zeit – wenn nicht sogar für immer - verabschieden zu müssen. Chile liegt am anderen Ende der Welt, doch ich hoffe das wird kein Hindernis sein. Das Reisen im Auto schweißt zusammen, da man quasi Pausenlos zusammen ist und auch so viel gemeinsam erlebt. Dann, von einem Tag auf den Anderen ist man wieder alleine und planlos. In einsamen Momenten wie Diesem schweifen meine Gedanken auch immer nach Hause zu meiner Familie und Freunden, die ich seit nunmehr fast 10 Monaten nicht mehr gesehen habe.

Ich werde mich jetzt in mein quietschendes Zuhause setzen, den hässlichen gelben Sticker abfrimeln und Broome alleine in südlicher Richtung verlassen. Der nächste Rastplatz wird mein Quartier für die Nacht sein – bis dahin ist es aber wohl noch eine gute Stunde Fahrt durch die Nacht. In den nächsten 500km gibt es wiedermal absolut Nichts als Wüste – es ist das letzte einsame Stück der Westküste. Es gibt genau zwei Raststätten (Roadhouses), bei denen ich direkt nach einem Job fragen werde. Wahrscheinlich geht aber in Port Hedland die Suche nach Arbeit weiter. Ich möchte auf eine Farm, in eine Mine oder auf abgelegene Baustellen. Irgendeine Erfahrung körperlich harter Arbeit, die mir außerdem eine Verlängerung des Visums ermöglicht. Wann im Leben hat man sonst die Chance über endloses Land zu fahren, Schafe zu scheren und Zäune zu reparieren!? Drückt mir die Daumen dass ich etwas finde, bevor Ludwig in die Knie geht oder beschlagnahmt wird. Bis bald,

euer Flo