27. Januar 2013

Immer der Nase nach

Warmer Wind weht durch die gänzlich geöffneten Fenster des alten Subarus, der sich zu den Klängen von Johnny Cash und ACDC langsam durch den Royal National Park südlich von Sydney arbeitet. Helen lehnt sich verträumt aus dem Fenster, um einen besseren Blick auf die beeindruckende Vegetation zu haben. Die Sonne spielt mit ihren Haaren. Sie ist hüsch, bescheiden, klug und lustig, wie ich soeben von ihr erfahren habe. Das muss unbedingt in den Blog!
Bergauf muss schonmal in den dritten Gang geschaltet werden, und die Klappergeräusche vorne rechts vermitteln das Gefühl, man säße in einem Zug. Tok tok tok tok tok. Slow vehicles must use left lane – alles klar. In Deutschland wurde ich fast nie überholt – in Australien überhole ich dagegen selbst Niemanden. Die Reisegeschwindigkeit liegt je nach Gefälle und Temperatur bei 40 bis 100kmh, was die unendlichen Weiten des gigantischen Kontinents noch unendlicher macht. Ich wusste ja vorher, dass Australien über 20 mal so groß wie Deutschland ist, aber erst wenn man dann Abends die monströse Landkarte ausbreitet und feststellen muss, dass man wieder nur 2cm geschafft hat werden einem wirklich die Ausmaße bewusst.

Zunächst fuhren wir ohne festes Ziel einfach gen Süden. Einsame Strände und billiges Bier, so sollte es sein. Ein abgelegener Wendehammer am Strand vor Wollongong war unser Platz für die erste Nacht. Der Strand war toll, doch irgendwie haben wir auf der schiefen, einen Meter breiten Matratze zu zweit nicht gut schlafen können. Wer hätte das gedacht? Es wäre deutlich bequemer, wenn man die letzten 10-15cm abschneiden könnte. Das geht aber leider nicht, da es eine Federkernmatratze ist. Also schlafen wir seitdem mit halb offenem Kofferraum, und bisher funktioniert das sehr gut. Ok, bisher hat es auch noch nicht geregnet. Spätestens wenn uns nachts der Regen oder eine gigantische Schlange weckt werden wir uns etwas Anderes überlegen müssen.


Bei Shoalhaven Heads fanden wir einen Parkplatz neben einem Caravan Park. Dort lässt sich der australische Urlauber für viel Geld in klimatisierte Bungalows stecken und nachts im umzäunten Gebiet einschließen – schrecklich. Wir freuten uns jedoch über Grillplatz, Toilette und Dusche vor dem Gelände und in weniger als zwei Minuten kommt man zu einem schier endlosen, einsamen Strand. Nur einen knappen Kilometer weiter sah man eine kleine Menschentraube im erfrischenden Nass planschen. „Captain“, ein alter zahnloser fast zahnloser Australier mit Kapitänsmütze gesellte sich zu uns auf den Parkplatz und schlief dort in seinem Anhänger. Der nächste Tag sollte der Heißeste meines Lebens werden. Es war mal wieder eine Hitzewelle angekündigt, offiziell diesmal allerdings „nur“ 41°. Wenn man in einem Auto wohnt und Schatten rar ist spürt man die Hitze allerdings umso mehr. Es war jedoch alles halb so wild, bis mittags plötzlich extrem heißer, trockener Wind hinzukam. Ich weiß nicht wie heiß es war, aber es waren mit Sicherheit mehr als 41°, eine meiner Coladosen ist sogar aufgeplatzt. Von der Gratissauna leicht benebelt schleppten wir uns zufuss in den nächsten Ort und gönnten uns eine übertrieben kalte Schokomilch für je 4 Dollar – die beste Schokomilch meines Lebens. Wir gingen an den Strand und bedeckten uns mit nassem Sand, um der Hitze zu entkommen. Meine Helensburg war architektonisch höchst wertvoll, wurde aber leider nicht für die Nachwelt festgehalten. Irgendwann Nachmittags schlug das Wetter erneut um, und der heiße Wind wurde durch kühlen, weitaus stärkeren Wind abgelöst. Der feine Sand wurde zu Geschossen - meine gute Sonnenbrille ist seitdem matt und spiegelt nicht mehr und der aufgeschnittene Wasserkanister, in dem wir mit Meerwasser Getränke kühlten wurde komplett begraben. Ich flüchtete ins Meer. Helen kam hinzu und ich fragte sie, ob sie den Autoschlüssel gerade da hat. „Warte ich schau mal“... plopp! Ne oder? 
Der Schlüssel zu unserem Zuhause wurde von den Wassermassen des Ozeans verschleppt, Suchen war zwecklos. Mit ungutem Gefühl liefen wir zurück zum Auto. In weiser Voraussicht hatte ich in Sydney einen Zweitschlüssel anfertigen lassen, doch der war intelligenterweise im Auto. Wir wollten ja auch eigentlich nur ganz kurz an den Strand! Ich sah mich schon fast eine Scheibe einschlagen, als Helen plötzlich einfach den Kofferraum aufmacht. Ich habe Irgendjemand hat doch tatsächlich vergessen ihn abzuschließen! Ein Glück, dass die Zentralverriegelung seit einigen Tagen spinnt. Abends begossen wir die Tatsache, dass wir nicht obdachlos sind und den Angriff des Killerstrands und des unsichtbaren Riesenföhns überlebt haben mit einer angemessenen Menge Bier.

Wir beschlossen, zunächst der idyllischen Küstenstraße gen Süden weiter zu folgen. Keine 5 Minuten unterwegs rumpelte es plötzlich auf dem Dach. „Das war mein Laptop“ entgegnete mir meine charmante Reisebegleitung in erstaunlich gelassenem Tonfall. Es war nicht das einzige Mal, dass wir Dinge bei Fahrtantritt auf dem Dach vergaßen, aber einen Laptop bei 70kmh auf die Landstraße zu schubsen hat schon recht viel Stil. Aber für solche Fälle gibt’s ja schließlich Ducttape, der PC funktioniert tatsächlich noch und ist jetzt sogar ein Unikat. Awesome! Hinter Kiama wollte ich landeinwärts fahren und Kurs auf die Hauptstadt Canberra nehmen. Schließlich brauchten wir dringend einen Job, und an der Küste gab es nicht viel. In der Region haben vor einigen Tagen gewaltige Buschbrände gewütet. Wir sahen ein Aufgebot der Feuerwehr in einem offensichtlich frisch gelöschten Waldstück. Der Boden war noch nass und der Geruch der vorangegangenen Ereignisse lag in der Luft. Offensichtlich hat man es geschafft, dass der Brand nicht auf die andere Straßenseite übergeschlagen ist. Dennoch wären wir die Straße nicht ohne Weiteres gefahren, wenn uns nicht ab und zu ein Auto entgegen gekommen wäre. Erst 2009 sind bei Buschbränden in Victoria 175 Menschen ums Leben gekommen. Die asphaltierte Straße wurde irgendwann zu einer Gravel Road und ich konnte zum ersten Mal den Allradmodus des Autos testen. Wir fuhren scheinbar ewig durch üppiges Buschland, bis wir wieder Zivilisation erreichten.

Canberra wird von den meisten Backpackern als langweilig empfunden. Sydney und Melbourne stritten sich damals um den Status der Hauptstadt, weshalb man diesen Ort in der Mitte beider Städte – quasi im Nichts – aus dem Boden stampfte. Ich fand die Stadt hingegen städtebaulich sehr interessant, wenn auch ein gewisses Eigenleben gefehlt hat. Wir besuchten das National Museum of Australia und das War Memorial, welche keinen Eintritt kosten und wirklich sehr sehenswert sind. Wir nächtigten an einem See, in der Nähe hoppelte oft eine Känguruherde inklusive Riesenkänguru. Es war wirklich schön, sich im Sonnenuntergang auf die Wiese zu setzen und die Tiere zu beobachten, die uns auch irgendwann als Teil der Umgebung akzeptierten. Im Dunkeln nutzten wir schließlich den öffentlichen Grillplatz dort. Immer wieder mussten wir zum Tisch stürmen, weil dreiste Vögel in unserem Abendessen rumhackten. Wir bekamen außerdem Besuch von einem offensichtlich recht hungrigen Fuchs. Das ansehnliche Tier schlich eine halbe Stunde im Kreis um uns herum, bevor es schließlich bis auf wenige Meter an uns herankam. Ich habe mich ordentlich erschrocken, als er plötzlich auf uns zu stürmte, sich die Mülltüte schnappte und davonlief. Glücklicherweise verlor er seine gesamte Beute auf den ersten Metern und wir sammelten alles wieder auf. Als Dusche nutzen wir einen Wassersack, den mir Freunde aus dem Hostel bei ihrer Abreise geschenkt hatten. Mit meiner Allzweckschnur an einem beliebigen Gumtree aufgehängt ist es einfach nur herrlich, in freier Natur zu duschen. Wir verbrachten dort zwei sehr schöne Tage,
doch im Fokus stand die Jobsuche, die sich schwieriger gestaltete als erhofft. Ich bekam von Joannes den Tipp, doch mal einen Blick in den National Harvest Guide zu werfen. Das 143-seitige Dokument der australischen Regierung zeigt tatsächlich recht übersichtlich auf, wann wo welche Erntezeiten einsetzen. Also saßen Helen und ich in der National Library of Australia und zeichneten in eine selbstgemalte Karte ein, wo es die besten Chancen gab. Die grobe Route stand schließlich fest und am nächsten Morgen ging es hochmotiviert auf in Richtung Tumut.


Natürlich wollte ich wieder den direkten, unbefestigten Weg nehmen. Highway, tzz! Die teils sehr schmale Schotterpiste führt Stunden lang durch wechselhafte Natur. Keine Abzweigungen, keine Schilder, kein GPS-Empfang – immer der Nase nach. Wir vermuteten recht nah an Tumut zu sein, als Burgundi plötzlich bedrohlich zu taumeln beginnt. Ich halte unter dem nächsten Baum und die Befürchtung bestätigt sich – wir haben einen Platten. Das Gute ist: Irgendwo im Wagen ist Werkzeug für einen Reifenwechsel. Schlecht ist jedoch, dass es tierisch heiß ist, wir nicht genau wissen wo wir sind, nur ganz vereinzelt mal ein Auto unseren Weg kreuzt und das Ersatzrad „pretty fucked“ ist, wie es Andy immer so schön sagte. Das Ersatzrad ist bei Subarus stets im Motorraum und ist in meinem Fall außerdem einen Zoll kleiner. Der Wagenheber funktioniert tadellos, doch der Schraubschlüssel ist offensichtlich aus Blech und die Radmuttern so fest gedreht, dass ich beim Versuch sie zu lösen nur den Schraubschlüssel verdrehe. Kacke! Helen geht los, um bei einer nahe gelegenen Farm um Hilfe zu fragen. Wenig später kommt mir doch tatsächlich ein Subaru entgegen, den ich natürlich sofort anhalte. Auch Helen hat Erfolg, und mit einem anständigen Schraubschlüssel ist der Radwechsel auch kein Problem mehr. Das kaputte Rad wird auf der Motorhaube festgebunden und wir fahren im Schneckentempo nach Tumut.




In Tumut wollten wir zunächst bleiben und hofften auf einen Job und einen gebrauchten Reifen. Die Ernteseason ließ dort jedoch noch auf sich warten, wir hatten bei keiner Farm Erfolg. Wir fanden einen schönen Platz am Fluss, nachts sahen wir ein Opossum auf dem Baum neben uns. Opossums bleiben wie erstarrt stehen, wenn man sie ein wenig mit der Taschenlampe anleuchtet. Die niedlichen Tierchen sind auf dem Kontinent sehr verbreitet, ich hatte bisher jedoch Keines gesehen. Als wir morgens aufwachten hingen kleine, grüne Eier an der Decke über uns. Offensichtlich hatten wir in der Nacht Besuch von einer Spinne, die uns ihre Brut aufzwängen wollte.


Jobtechnisch ging in Tumut wirklich gar nichts, weshalb wir am nächsten Mittag einen neuen Reifen für 95 Dollar kauften und ich den Werkstattmeister noch einen Blick auf das Motoröl werfen ließ. Unser Tagesziel war Cobram, die erste Stadt im Goldbourn Valley, in dem ab Mitte Januar riesige Plantagen von Äpfeln, Birnen und Pfirsichen darauf warten geerntet zu werden. Knapp sechs Stunden fuhren wir durch karge Steppe, ehe die Vegetation langsam ein wenig dichter wurde. Ab und zu musste ich halten, da der Motor zu heiß wurde und ich keinen Schaden riskieren wollte. Einmal musste ich einen kräftigen Schlenker um eine große graue Schlange machen, die plötzlich vor mir die Straße überquerte. Ihre Schuppen glänzten so sehr in der Sonne, dass sie mich sogar ein wenig blendeten. Wir erreichten schließlich Cobram, wo jedoch so wenig los war, dass wir beschlossen noch weiter ins südlich gelegene Shepparton zu fahren.

Wir waren bereits im Ort und kurz vor dem Supermarkt, als ich wieder an der Seite halten musste. Mein Magen hat so laut geknurrt, da haben wir den Reifen gar nicht platzen hören! Offensichtlich hat sich eine Schraube in den anderen hinteren Reifen gebohrt. Welch ein Segen. Gut, dass wir uns noch in Tumut einen anständigen Schraubschlüssel besorgt hatten. 10 Minuten später ging es schließlich eher schlecht gelaunt weiter. Zwei Reifen in zwei Tagen, das darf doch echt nicht wahr sein! Wir schlichen aus dem Ort in Richtung nirgendwo, um einen Platz für die Nacht zu finden. Plötzlich kam für einige Sekunden ein merkwürdiges Schleifgeräusch aus dem Motorraum und ich war kurz davor, den Wagen zusammenzutreten. Das Geräusch ist bis heute allerdings nicht wieder aufgetaucht, vermutlich hat sich irgendetwas im Keilriemen verfangen. Natürlich war der Vorfall aber Grund genug an der Seite zu halten, um die Maschine zu checken. Eine Farmerin hielt an und bot uns schließlich ihr Grundstück als Nachtquartier an. Bett und Dusche lehnten wir dankend ab, konnten uns aber nicht gegen selbstgemachte Marmelade und Vegemite wehren. Letzteres ist ein typisch australischer Brotaufstrich aus Pflanzenextrakten, der für Fremde eher gewöhnungsbedürftig ist und zum Kotzen interessant schmeckt. Australier sind wirklich unfassbar freundlich. Die Farmerin und ihre drei kleinen Söhne führten uns noch über das Gelände und wir kletterten auf ein selbstgebautes Silo, um die Reste des Sonnenuntergangs über den weiten Feldern betrachten zu können. Einfach nur herrlich! Ein wenig makaber war jedoch, dass wir über einige Kakaduleichen steigen mussten, da sich die Vögel offenbar mit dem Kopf im Geländer verfangen und sich nicht mehr befreien können.

Am nächsten Morgen wollten wir gerade wieder fahren, als uns ihr Mann anbot den Reifen zu flicken. Wir mussten das Gummi einige Zeit mit großen Eisenstangen bearbeiten, ehe es sich von der Felge löste. Schließlich aber war es vollbracht und er ließ wieder Luft auf den Reifen. Pfffffffffffffffff.... och nö! Der Reifen hatte noch ein weiteres Loch an einer Stelle, die nicht zu flicken ist. Er schaute in seinem Container und fand einen weiteren brauchbaren Reifen, der zwar ein wenig zu klein ist, aber auf unsere Felge passt. Egal, wir nehmen Alles! Also begann das Prozedere von vorne. Pffffffffff.... och nö! Der Farmer schimpfte über seinen Bruder, warum er denn bitte einen Reifen mit Loch in seinen Container geschmissen hätte. Reifen wieder runter, Loch flicken, Reifen wieder drauf, aufpumpen. Die ersten Glückshormone waren kurz vor der Freisetzung, da hörten wir es wieder ganz leise: Pfff... och nö! Der Flicken war nicht ganz dicht. Anscheinend war eine höhere Macht dagegen, dass wir mit vier intakten Rädern vom Hof fahren.Wir montierten das Rad trotzdem, um wieder nach Shepparton zu kommen. Der Farmer meinte, er kenne einen Reifenhändler und könne uns vielleicht einen guten Preis aushandeln. Wir folgten seinem Jute in viel zu hohem Tempo in die Stadt. Sein Händler hatte leider nur einen neuen Reifen für 115 Dollar, was wir ablehnten. Ich fand einen Second-hand-tyreshop und kaufte einen fast neuen Reifen und einen brauchbaren Ersatzreifen für zusammen 60 Dollar. Geht doch! Möge es das letzte Mal gewesen sein, das uns das Gummi platzt. Wir brachten der Familie als Dankeschön einen Rotwein und etwas Schokolade vorbei.

Seit vier Tagen sind wir nun schon in Shepparton und warten auf einen Job. Freitag war Australia Day und der Montag ist ein Feiertag, weshalb es sich etwas in die Länge zieht. Morgen früh wollen wir schon um 6:30 Uhr morgens am Job Office sein, um uns als Einer der Ersten in die Liste einzutragen. Wir tragen uns als Paar ein, da Farmer diese angeblich bevorzugt nehmen, weil sich Paare nicht um die gepflückte Menge streiten (es wird nach Eimern bezahlt) und man den Lohn für beide oft bequem über eine Steuernummer und ein Konto aushändigen kann. Anders geht es bei uns auch nicht, da Helen enorme bürokratische Probleme hat ein Bankkonto zu eröffnen und ihre Steuernummer auch noch auf sich warten lässt. Ich will nicht näher darauf eingehen, aber allen Backpackern – und Solchen, die es werden wollen – kann ich nur dringend raten, innerhalb von 6 Wochen nach Ankunft in Australien ein Konto zu eröffnen, sonst wird es kompliziert. Und wenn ich schon beim Klugscheissen bin – nehmt ein Seil mit! Meine 6m-Allzweckschnur habe ich nur mitgenommen, weil der Mitarbeiter eines Outdoor-Ladens sie mir geschenkt hatte. Ich brauche sie fast jeden Tag; sei es zum Wäschetrocknen, Dusche basteln oder eben um ein Rad auf der Motorhaube festzubinden.

Ich werde jetzt die schrecklich düstere Library verlassen und wieder an unseren schönen Ort im Kaielthebanpark im benachbarten Mooroopna fahren. Die Zufahrt ist ohne Allrad bzw. Bodenfreiheit nicht möglich und sehr abgelegen, weshalb wir dort alleine zwischen hohen Gumtrees nächtigen können. Nur manchmal kommt morgens ein gruseliger Angler vorbei. Gumtrees lassen übrigends regelmäßig Äste fallen, weshalb wir eine lichte Stelle ohne dunkel verfärbte Baumteile gesucht haben. Es gibt Flusswasser in der Nähe, um den billigen Wein zu kühlen und Kookaburras, die berühmtesten australischen Vögel besuchen uns regelmäßig mit ihrem Gezwitscher, was sich anhört wie die Laute von Affen. Dort lässt es sich gut und sparsam leben. Im nächsten Bericht hört ihr vermutlich (und hoffentlich!) von meinen ersten Karriereschritten im knüppelharten Fruitpicking-Business. Machts gut,

Flo


P.S.: Bildunterschriften dürfen sich heute mal dazugedacht werden!





19. Januar 2013

Autokauf, Fernweh und Lüsterklemmen

Freunde des Sauerkrauts,
liebste Blogleser. Während euer Schneemann allmählich dem Sonnenuntergang entgegen blickt ist es hier bereits 3:30 Uhr nachts und ich setze mich noch mal an mein Notebook, um euch auf den neuesten Stand zu bringen. Ab morgen hat es sich nämlich mit allgegenwärtigem Internet vorerst erledigt – aber von vorne.

Wie bereits im letzten Blogpost erwähnt habe ich mir ein Auto gekauft! Ich fuhr für die Probefahrt per Zug in einen Vorort von Sydney, wo Rodd mich mit dem 22 Jahre alten, weinroten Subaru abholte. Ich hatte direkt ein gutes Gefühl. Nicht sehr hübsch, aber dafür unauffällig, durch und durch praktisch und vor Allem spottbillig. Wo war da der Haken? Ich inspizierte die Entität mit meinem vielen nicht vorhandenen Fachwissen und setzte mich für eine Probefahrt auf den Fahrersitz. Sitz ganz nach hinten, Zündung rein, Radio aufdrehen und begeistert ausmachen, Sonnenbrille aufsetzen und Motor starten – oder auch nicht. Wie bereits bei meiner ersten Probefahrt in Brisbane sprang der Wagen nicht an. Ist anscheinend Mode in Australien! Rodd wurde knallrot und meine erste Tour mit dem Wagen begann laufend am Heck, während der Familienvater zunächst verzweifelt versuchte das angepriesene Gefährt wieder zum Laufen zu kriegen. 
Nach einer Weile sprang er aber an und Alles deutete darauf hin, dass es wirklich nur an der Batterie lag. Und der Wagen ist einfach klasse – Als Kombi mit umklappbaren Sitzen bietet er genug fast genug Platz für eine Matratze, fällt aber nicht so sehr auf wie ein Van – was in einigen Gebieten von Vorteil ist, da Schlafen im Auto in Australien illegal ist und dies teils streng kontrolliert wird. Der vermutlich nicht allzu gefräßige, da lediglich 1.8 Liter starke Boxermotor machte einen guten Eindruck und überspielte gekonnt das laute Knacken beim Lenken. Bei Bedarf lässt sich mit sehr viel Feinfühligkeit über einen seperaten Hebel Allrad zuschalten, und es gibt sogar noch einen „Low-4WD“-Modus mit zwei extrem niedrig übersetzten Gängen für besonders heikle Passagen. Allrad ist extrem wertvoll, wenn man wie Ich in den Westen reisen möchte, da die schönsten Orte dort nur so zu erreichen sind. Der gepflegte Wagen ist mit etwa 270.000km für australische Verhältnisse gerade erst eingefahren, wenn auch der Austauschmotor unbekannter Herkunft wahrscheinlich bedeutend älter ist. Servolenkung oder Airbags sucht man im Innenraum vergebens – der einzige Luxus ist eine Klimaanlage und ein durchaus brauchbares Radio. Nützliche Kleinigkeiten wie Dachträger, Anhängerkupplung und Roocatcher eine mächtige Bullbar runden die Sache ab und ich gab Rodd nach einigem Feilschen meine Hand darauf, den Wagen zu kaufen. Gerade mal 1400 Dollar (etwa 1100 Euro) sind für das Auto unverschämt billig und ich rechnete eigentlich schon damit, irgendeine Reperaturnotwendigkeit mitzukaufen. Rodd fuhr mich noch mit seinem neuen Subaru zurück zum Hostel und wir quatschten eine gute Stunde lang über alles Mögliche. In meinem Alter hat er damals eine ähnliche Tour durch Europa gemacht und ließ sich daher leicht wieder ein wenig von meinem Reisefieber anstecken.

Burgundi - mein neues Zuhause
Am nächsten Tag setzte ich mich also mit einer hübschen Rolle Bargeld wieder in den Zug. Ich war nervös, da ich nicht wirklich wusste was mich erwartet. Kaufe ich die Katze im Sack? Vergleichbare Autos kosten immerhin etwa das Doppelte. Sollte ich mir vielleicht irgendwo eine neue Batterie besorgen, bevor ich das alte Gefährt in den Stadtraum Sydneys bewege? Wird mit dem Papierkram Alles gut gehen? Registrieren und Versichern von Autos funktioniert hier komplett anders als ich es von Europa kenne und variiert zudem noch stark in den einzelnen Staaten. PKWs müssen alle 6 oder 12 Monate registriert werden, was gleichzeitig bereits eine Versicherung für Personenschäden darstellt. Der teure „green slip“ dafür von einer frei wählbaren Versicherung muss nämlich zusammen mit anderen Unterlagen bei der Behörde abgegeben werden und kostet abhängig von Zylinderanzahl und Wohnort schon mal gerne 1000 Dollar im Jahr. Ältere Modelle brauchen außerdem noch den „pink slip“, eine Art australischer TÜV. An meinem Subaru klebte jedoch eine Plakette bis April, weshalb ich mir darum keine Gedanken machte. Rodd holte mich vom Bahnhof ab und fuhr mich zu seinem Wohnhaus, wo der Subaru neben dem Wagen eines Automobilclubs auf mich wartete. Er wolle mir das Teil erst verkaufen wenn sicher sei, dass es sich bei dem Defekt wirklich nur um die Batterie handle. So war es dann auch, und ich gönnte der alten Dame für 100 Dollar noch einen neuen Akku. Rodd hatte außerdem eine alte 1m-Matratze im Keller gefunden und sie mir mitsamt Bezügen als Geschenk in den Kofferraum geworfen. Er gab mir noch Tipps, ein Buch zum Auto und nützliche Kontakte und Adressen und ich machte mich nach einem kühlen Bierchen schließlich überglücklich auf in Richtung Hostel. Es war schon etwas merkwürdig das alte Gefährt durch den australischen Feierabendverkehr zu manövrieren, wenn gleich auch man Linksfahren ja schon aus Deutschland gewohnt ist. Zurück im Hostel parkte ich Burgundi, wie er mittlerweile heißt im Basement des Hostels. Alle Bewohner, inklusive einem befreundeten Automechaniker waren sich einig, dass ich einen sehr guten Kauf gemacht habe.
Rodd und Ich

Stimmt einfach mal nicht
Der Schock kam dann bei der Ummeldung. Der ältere, offensichtlich schwule Mitarbeiter der Verkehrsbehörde konnte kaum noch gerade schauen und war der langsamste Beamte, den ich je getroffen habe. Und das will etwas heißen! „Uuh, beautiful looking german. Ahh, Balmain! I live next to you...“ Schön, aber wo ist das Problem bei meinem Auto? Er versicherte mir, dass der Wagen seit Oktober nicht mehr registriert worden sei. Das stünde zwar auf der Plakette und in den Papieren, aber irgendwo fehle irgendein Stempel. Ich müsse erst rückwirkend einen Green Slip und außerdem einen Pink Slip besorgen und dann könnte ich nochmal wiederkommen. Das Alles aber auch bitte in den nächsten sechs Werktagen, weil das Auto sonst drei Monate nicht registriert sei und es dann richtig teuer (Blue Slip, großer Check, neues Kennzeichen...) werden würde. Shit, das hat gesessen. Ich ging erstmal in den nahen Hyde Park, setzte mich auf eine Bank und guckte eine halbe Stunde in die Luft. Nicht gut, gar nicht gut. Wenn beim Check für den Pink Slip irgendetwas Größeres gefunden wird bin ich ziemlich aufgeschmissen. Die folgenden Tage waren daher recht stressig und Ungewissheit schlug auf meine Stimmung. Andy, ein befreundeter Ire aus dem Hostel ist beruflich Automechaniker und checkte die Kiste einmal gründlich durch. Dafür liebe ich das Hostel – man lebt mit 50 Leuten aus aller Welt zusammen und wächst mehr und mehr zusammen, und ist somit auch gegenseitig füreinander da. Krankenschwester, Computerprofi oder halt eben Automechaniker, man muss noch nicht einmal aus dem Haus gehen. 20 Minuten später war Andy fertig und sein Fazit recht positiv. Burgundi ist soweit in Ordnung, neben schlechten Wischerblättern und einem „fucked“ Ersatzrad gibt es lediglich ein kleines Ölleck am Motor, welches beim Check Probleme machen könnte. Also fuhr ich mit Andy am nächsten Tag los um einen Hochdruckreiniger zu finden, um vor dem Check alle Spuren zu beseitigen. Unregistriert und unversichert war es kein schönes Gefühl, die alte Dame durch den hektischen Stadtverkehr Sydneys zu leiten. Plötzlich tauchte ein Highway vor mir auf und ich bekam etwas panik – auf den Highways sind Geräte, die Kennzeichen erfassen um Maut zu kassieren und zu überprüfen, ob der Wagen registriert ist. In letzter Sekunde konnte ich über ein Stück Wiese ausweichen. Das wäre teuer geworden!
Es war zum Mäuse melken – im Raum Sydney schien es nicht einen einzigen Ort zu geben, wo man sein Auto waschen kann. Es gab nur Firmen, die dies für dreistellige Summen für Einen erledigen. Internet, Nachfragen, Rumfahren, es half Alles nichts. Ich hätte nicht gedacht, dass mich eine stupide Kleinigkeit wie die Suche nach einer Autowäsche an den Rand der Verzweiflung bringen könnte. Erst mit Hilfe der Hostelchefin, dem Einsatz dreier Sprühdosen Dreckentferner und nach Stunden langem, illegalen Umherirren war Burgundi fit für den Check. Ich parkte den Wagen extra an der dunkelsten Stelle im Werkstatthof und setzte mich penetrant auf die Motorhaube, während ich den Mechaniker vollquatschte – und das hat wunderbar funktioniert. Lediglich 36 Dollar Checkgebühr ärmer fuhr ich überglücklich nach Hause, wenn man das Hostel nach dreiwöchigem Aufenthalt schon so nennen möchte. 
Am nächsten Tag ging fuhr ich in die Stadt, um einen Green Slip zu besorgen und Burgundi endlich anzumelden. Das war jedoch auch mal wieder komplizierter und umständlicher als gedacht. Das Problem war, dass mein Vorbesitzer den Wagen nicht angemeldet hatte, jedoch den wesentlich teureren Green Slip bis April schon bezahlt hatte. Das ist offenbar so dämlich und unlogisch, dass sämtliche Mitarbeiter diesen Fall noch nie gehabt haben. Ich musste zig mal zwischen dem Versicherungsfuzzi und der Verkehrsbehörde hin und her rennen und drei mal alles ändern und neu aufsetzen. Durch mehrere unglückliche Zufälle und Verkettungen war ich gezwungen den Wagen gleich für ein Jahr in Sydney zu registrieren und musste mir noch spontan von Steffi 300 Dollar leihen – Danke Steffi! Über 1000 Dollar ärmer ist mein Auto aber nun endlich bis Oktober registriert und für Personenschäden versichert. Damit ist es etwa 600 Dollar teurer als geplant und war im Endeffekt doch immer noch ein recht guter Kauf.

Mit dem Auto kam dann auch so langsam die Aufbruchstimmung. Sydney ist toll, doch ich wollte schließlich etwas vom Land sehen. Helen, die ich ja vor einem Monat im wunderschönen Hat Heads NP kennenlernte reiste schließlich in mein Hostel in Sydney. Unsere Vorstellung vom Reisen und unsere Erwartungen daran stimmen absolut überein und ich hatte bei ihr das Gefühl eine der wenigen Personen gefunden zu haben, mit der es sich tagelang auch auf engstem Raum sehr gut leben lässt. Wir legten also den Mittwoch, den 16.01.2013 als Aufbruchsdatum fest und begannen mit den Vorbereitungen. Lautsprecher mussten her, da vorne nur die linke Box funktionierte. Kein Wunder, da rechts nur noch ein rostiger Klumpen Metall irgendwo in der Tür baumelte, der im 2. Weltkrieg vielleicht mal als Box gedient haben könnte. Wir fanden ein Schnäppchen für 50 Dollar und ich begann fröhlich summend mit meinem Buschmesser die Türverkleidung zu zerhacken. Nicht wirklich fachmännisch aber einwandfrei installiert fehlte uns nur noch Eines zu unserem Glück – Lüsterklemmen um die Teile auch anzuschließen. Es war jedoch nicht einfach diese zu bekommen, und als wir sie schließlich nach halbstündigem Fußmarsch endlich in einem Hardwarestore zu unmenschlichen Preisen fanden hatte die Lüsterklemme bereits den Heimaturlaubporsche als Wort der Woche abgelöst. Ich installierte noch einen AUX-Anschluss und wir kauften drei große Wasserkanister und Notfallkonserven sowie billige Kissen, Decken und einen Schlafsack. Nun kann die Reise losgehen. Wohin? Gute Frage! Fest steht nur, dass wir gen Süden / Südwesten wollen und in näherer Zukunft ein Job her muss. 

Helen und ich einen Tag vor der Abfahrt
Das war nix
Die letzten Tage im Hostel waren eher gemütlich, nach einer gewissen Zeit am selben Ort „versackt“ man ja schon irgendwie. Es gab natürlich auch Ausnahmen wie den Feueralarm, als ein Franzose seine Kochkünste zu sehr auf die Probe gestellt hat. Es dauerte keine 5 Minuten bis ein Einsatzfahrzeug kam und sein Gericht wurde unverhältnismäßig teuer. Eines Abends kam die Idee auf, leicht angetrunken den „scary place“ um die Ecke des Hostels zu erkunden. Es war das ehemalige Gebäude irgendeines Clubs und der perfekte Schauplatz für einen Horrorfilm. Dunkle Gänge, alte Möbel, herunter hängende Lampen und abgedunkelte Fenster. Schrott lag auf dem Boden, unter einer abgeschlossenen Tür im Inneren kam Licht und merkwürdige Geräusche. Robin hatte eine Sturmmaske auf und stahl sich mit seiner großen Schokomilch in der linken Hand davon, um den Rest der vierköpfigen Gruppe bei Gelegenheit ordentlich zu erschrecken. Wir verirrten uns irgendwo im zweiten Stock des weitläufigen Gebäudes und Helen meinte, in der Ferne eine Polizeisirene gehört zu haben. Vorsichtshalber wollten wir daher schnellstmöglich wieder raus. Ich achtete darauf, den Lichtkegel der Taschenlampe nicht auf die Fenster zu richten und rief leise nach Robin. Der antwortete jedoch nicht und wir fanden einfach keinen Ausweg aus dem Gebäudeteil. Irgendwann sahen wir einen Gang, durch den offensichtlich Tageslicht fiel. Wir wollten gerade rausgehen, als wir etwas hörten, was man sich in der Situation nicht wirklich wünscht: „Sydney police, hands up and get out of the building! Now!“ Uuuups. Im Endeffekt kamen wir aber mit einer Verwarnung davon. Wir musste unsere Taschen ausleeren und unsere Namen wurden notiert. Der Ort ist wohl ein bekannter Platz für Drogengeschäfte, weshalb die Polizei dort einen Alarm installiert hat. Schließlich wurde auch Robin mit Sturmmaske und Schokomilch aus dem Gebäude begleitet und wir machten uns auf den Weg zurück zum Hostel, da niemand Lust auf eine Runde „advanced hide and seek“ mit der Polizei hatte.


Ihr habt wahrscheinlich in den Nachrichten verfolgt, dass Australien im Moment wiederholt von den dafür typischen Hitzewellen heimgesucht wird. Bis zu drei Tage am Stück ist es deutlich heißer als es eh schon ist, was das Leben in betroffenen Gebieten mehr oder weniger zum Erliegen bringt. Letzte Woche war es in Sydney 43° und etwa 100 Buschfeuer in der näheren Umgebung mussten bekämpft werden. Als ich bei 43° in der Mittagssonne über die halb geschmolzene Straße vor dem Hostel ging um mir ein paar Äpfel zu kaufen kam die heiße Luft von all den wartenden Autos den Berg hoch gekrochen und ich bin fast zusammengeklappt. Ich habe ja bekanntlich kein Problem damit nachts nackt Ski zu fahren, aber bei ca. 90° warmer Luft bin ich doch ziemlich schnell am Ende. Bald kommt wieder eine Hitzewelle, und die Region gen Süden ist momentan mit Buschfeuern übersäht – es bleibt also spannend.

In den letzten Tagen wurde ich oft nach meinem groben Plan für die nächsten Monate gefragt. Als Antwort konnte ich stets meinen gesamten Plan erzählen, denn mehr als einen groben Plan habe ich nicht – und dass ist auch gut so! Ich will mit Burgundi in den Westen Australiens reisen und dort ein wenig länger bleiben, einen gut bezahlten harten Job dort finden und ein paar Monate Geld ansparen. Eventuell geht es von da aus noch nach Indonesien, bevor ich über den Norden zurück an die Ostküste komme. Dann wird wohl irgendwann mein Arbeitsvisum auslaufen und vor meiner Rückreise stehen noch Neuseeland und Fiji zur Option. Ich könnte dann nochmal drei Monate als Tourist nach Australien und auf dem Rückweg nach Deutschland nochmals ein paar Wochen irgendwo in Asien stoppen.

Also dann, bis irgendwann. Ich habe keine Ahnung was ich euch im nächsten Bericht zu erzählen habe! Drückt Helen und mir die Daumen, dass Burgundi durchhält und wir einen Job finden!

Florian


P.S.: Ich bin mittlerweile am Stadtrand von Canberra. Die letzten Tage waren toll und teilweise extrem heiß, doch bis jetzt waren wir immer schneller (oder langsamer) als die Buschfeuer. Freut euch auf tolle Bilder im nächsten Bericht! 



6. Januar 2013

Die Feiertage mal wörtlich genommen

Aufenthaltsraum
Da basement
Frohes neues Jahr! 
Meines hat bereits begonnen, als es bei Euch noch 2 Uhr Nachmittags war. Seit dem 22. Dezember bin ich nun schon in Sydney, und habe noch nichts von mir hören lassen. Böser Flo! Doch ist es tatsächlich gar nicht so einfach, Zeit und Ruhe zu finden sich einfach mal 2-3 Stunden in die Ecke zu hocken und die vergangenen Tage aufzuarbeiten. Mittlerweile kenne ich Jeden hier im Hostel und die Liste möglicher Aktivitäten ist lang. Tagsüber geht es an den Strand, in die Stadt oder auf einen Marsch zum Supermarkt und Abends bekommt man sowieso an jeder Ecke irgendein Getränk in die Hand gedrückt und wird direkt eingebunden, wenn man sich nicht gerade in das „Basement“ verzieht um wieder Mal ein paar Dollar beim Poker-Cashgame zu verdienen.

Das auf der Nase ist ein Tannenbaum!
Meine Weihnachsfeiertage waren so unweihnachtlich wie man es sich nur vorstellen kann. Beim Gang durch die Innenstadt kroch mir immer wieder ein „jingle bells“ aus irgendeinem Geschäft in die Ohren, welches dort aber nicht wirklich auf Verständnis traf. Wie gerne wäre ich Zuhause bei meinen Liebsten gewesen – wenn auch nur für ein paar Tage. Bei 30 Grad im Schatten, fernab von der Familie an einem völlig neuen Ort mit Menschen, die man erst seit zwei Tagen kennt – das ist abenteuerlich, aber nicht weihnachtlich. Das sah mein Umfeld ähnlich, und im Einverständnis Aller haben wir die Besinnlichkeit bei dem verstaubten Plastikbaum gelassen und feucht-fröhlich in den 25. Dezember hineingefeiert, welcher hier das eigentliche Weihnachten ist – um Mitternacht wurde heruntergezählt, wie ich es eigentlich nur von Silvester oder Geburtstagen kenne. Das Backpackergetränk Nummer Eins ist dabei Goon, billiger Wein in 5Literboxen, da Bier und Spirituosen in diesem Land aufgrund der hohen Steuern kaum zu bezahlen sind. Also wurde Goon getrunken, Gesichter wurden angemalt, Weihnachtsmützen zerstört, Franzosen verärgert, Goon getrunken, die Terrasse zum Twisterfeld umgewandelt und unartige italienische Wörter gelernt. Es wurde gesungen und probiert zu singen, Goon getrunken, um das Sofa gekämpft, der Fernseher gerettet, Goonpong gespielt, das Sofa sporadisch wieder repariert, Kleidung getauscht, auf dem Tisch getanzt und festgestellt das es irgendwie schon wieder hell geworden ist. Und es wurde Goon getrunken.


Die Ruhe vor dem Sturm
Am 25. sollte es zusammen an den Coogee Beach gehen, wo wir zusammen Weiterfeiern wollten. Der benachbarte, bekannte Bondage Bondi Beach kam nicht in Frage, da dort die Chemical Brothers auftraten, was über 80 Dollar Eintritt kosten sollte. Jeder hat irgendetwas zu Essen gemacht und Geschenke für Schrottwichteln besorgt, Strandtücher und Sonnenmilch eingepackt und sich geringfügig verkatert aus dem Hostel gewagt. Ein Blick nach oben verriet uns dann aber, dass der Plan eine kleine Änderung vertragen könnte – dunkle Wolken schoben sich über die imposante Skyline Sydneys – ausgerechnet heute! Als wir nahe dem Coogee Beach aus dem Bus stiegen, goss es in Strömen. Wir schwammen eher zum nächsten Unterstand, als dass wir dorthin liefen. Große, schwarzgelbe Warnschilder wiesen auf überflutete Straßen hin. Der Strand war nicht mehr wirklich verlockend, und es wurde der Entschluss gefasst stattdessen in ein nahegelegenes Appartement zu gehen, was einige Freunde meiner Mitbewohner sich mit 7 Leuten teilen. Aufgrund hervorragender spontaner Organisation kannten natürlich nur die Personen im ersten von vier Taxis das Fahrtziel, welche allerdings nur nacheinander am trockenen Unterstand hielten. Wir sprangen also regelrecht ins Taxi. „Follow the cab!“ hieß es im Chor, während ich der verstörten Taxifahrerin ein Stück Schokolade zuschob und ihr frohe Weihnachten wünschte. Die Party im Appartement lief ähnlich ab wie die Vorherige und bedarf daher keiner umfassenderen Schilderung ;-) Der 26. ist in Australien „Boxing Day“ und wird traditionell auch gefeiert, weswegen es im Hostel am nächsten Tag ein „Free Boxing Day BBQ“ gegeben hat. Es wurde Goon getrunken und...

Tausche Papier gegen Auto
Nach dreitägiger Dauerparty habe ich die nächsten Tage ein wenig ruhiger angehen lassen. Am 27. habe ich mal wieder online nach potenziellen mobilen Behausungen geschaut und am nächsten Tag auch direkt einen Wagen Probe gefahren. Und das ist wohl mit Abstand die größte Neuigkeit der letzten Tage – ich habe ein Auto gekauft! Der Subaru ist klasse, doch habe ich momentan einige Probleme mit der An-und Ummeldung. Viele Faktoren fließen mit ein und es geht um eine Menge Geld, weshalb ich im Moment ein wenig nervös bin. Ungewissheit ist nicht schön, wenn man mit begrenzten Mitteln mehr oder weniger Alleine am anderen Ende der Welt unterwegs ist. Ich werde in ein paar Tagen einen seperaten Blogpost zum Thema Auto schreiben, wenn diese Dinge dann hoffentlich geregelt sind. Drückt mir die Daumen!

Es war bereits über eine Woche vergangen, als ich mich das erste Mal in die Innenstadt Sydneys gewagt habe. Bis dahin habe ich meine Entzündung unter dem Fuß noch verheilen lassen wollen, welche auch jetzt noch nicht komplett verschwunden ist. Jedoch wollte ich auch nicht tagelang im Hostel abschimmeln und mir schließlich das Opernhaus und die Harbour Bridge genauer anschauen. Ich trug meinen Teil dazu bei, dass das meistfotografierteste Gebäude der Welt auch das meistfotografierteste Gebäude der Welt bleibt und schaute mir die beeindruckende Vegetation des imposanten botanischen Gartens an. Vor allem die gewaltigen, gewundenen Bäume beeindrucken mich immer wieder. Als ehemaliger Architekturstudent verschone ich Euch jetzt mal mit meiner Meinung zu der Brücke und dem Opernhaus. Ist ja schließlich ein Reiseblog hier! Aber die Mischung aus modernen Hochhäusern, alten Kolonialbauten und viel Natur in der Innenstadt ist wirklich sehenswert.






Johannes und Luisa
Robin und ich
Der Birchgroove Park
Silvester in Sydney – das möchte wohl jeder einmal erleben, der eine Liveübertragung des imposanten Feuerwerkspektakels im Fernsehen gesehen hat. Als ich gegen Mittag aus dem Bett kroch, um mir meine allmorgendliche Portion gebackenes Müsli mit Obst zugute zu führen, wurde im viel zu großen Fernseher bereits die Schlange von Leuten gezeigt, die für einen perfekten Blick einen Platz im botanischen Garten ergattern wollten. Das Mitbringen von Alkohol Goon war dort untersagt, und irgendwie hatte keiner Lust um sechs Uhr aufzustehen und den ganzen Tag in der prallen Sonne zu sitzen, weshalb wir stattdessen in den Birchgroove Park in unserem Stadtteil Balmain gehen wollten. Mit etwa 10 Leuten schlossen wir uns zwei Engländerinnen an, die sagten den Weg dorthin zu kennen. Nach kurzer Busfahrt und einem schnellen „Sorry, where is the park?“ bewegten sie sich flotten Schrittes bergab, doch irgendwie stimmte etwas nicht. Genau, die Sonne stand in der absolut falschen Richtung. Ich investierte ein wenig Internettraffic und ein kurzer Blick auf Google Maps verriet mir, dass die Mädels nicht nur in die falsche Richtung liefen, sondern uns zuvor auch in einen komplett falschen Bus gelotst hatten. „Where is the park?“ ist sowieso die beste Frage, es gibt ja lediglich 10 oder so davon in unserem Stadtteil. 10 Punkte für England. In Hinblick auf meine Nationalität hat man mich umgehend zum „Führrerrr!“ erkoren und ich musste die angetrunkene Menschentraube irgendwie durch die verschachtelten Wohnviertel Balmains leiten. Eine geschlagene Stunde später erreichten wir den Park und fanden auch gegen 4 Uhr Nachmittags noch ein Fleckchen Grün mit ausgezeichneter Sicht auf die Harbour Bridge. 
Die Party ging los und es wurde gefeiert bis der Arzt kam. Der Arzt ging aber leider auch wieder, und ich musste die arme Französin mit der Scherbe im Fuß bis zum nächsten Notarzt tragen. Ich traf Johannes, mit dem ich vor einigen Monaten noch zusammen an der Bachelorarbeit geschrieben hatte und seine Freundin Luisa wieder. Ein komisches Gefühl, nach zwei Monaten unter Fremden plötzlich aus der Heimat vertraute Gesichter zu sehen. Die beiden kamen frisch in Australien an und sind momentan auf der Suche nach einem Campervan, um herumzureisen. Das Feuerwerk war beeindruckend, an der Brücke wurde in diesem Jahr ein großer Kussmund aufgehängt. Ansonsten weiß ich nicht mehr allzu viel von dem Abend, aber was ich weiß war gut ;-)

Robin, Anika, Ich, Luisa, Johannes
Tops stehen mir auch
Kawumms!


Steffi und Ich am Manly Beach
Im Neuen Jahr ging es zum ersten Mal in Sydney an den Strand. Das war jedoch zunächst nicht wirklich erfolgreich. Ich ging mit Clemens und Daniel das erste Mal ins Wasser und wir waren ein wenig enttäuscht von den Wellen: Kleine Welle. Kleine Welle. Noch kleinere Welle. Kleine Welle. Hö, keine Welle? Ohma Gosh, große Welle!! Den schmächtigen Daniel hat es sofort umgehauen und an den Strand gespült. Jetzt schwimmt irgendwo im Pazifik ein kurzsichtiger Hai mit seiner teuren Rayban durch die Gegend, die er seitdem nicht mehr gesehen hat. Leicht schadenfroh zeigte ich mit dem Finger auf ihn und gönnte ihm ein gekonntes doppeltes Nelson-“HaaHaaa!“, als mich plötzlich etwas am Fuss streifte. Kleine Sünden und so – Mich hatte eine blaue Qualle erwischt. Es brannte höllisch und ich machte mich schnell auf den Weg zur Seerettung, da ich nicht wusste ob ich allergisch war. Ähnlich wie bei Bienenstichen kann es in dem Fall nämlich schnell übel ausgehen. Allergisch war ich nicht, aber etwa eine halbe Stunde später begann mein Oberschenkel im gleichen Bein zu schmerzen – für ein bis zwei Stunden. Die ersten Tage des neuen Jahres ist ansonsten nicht viel geschehen. Ich habe spontan einen Haarschnitt von einer Mitbewohnerin in der Tiefgarage des Hostels bekommen, gehe ab und zu an den Strand und gönne meinem Fuss ansonsten ein wenig Ruhe. Momentan ist ein Festival in Sydney, eine gigantische Gummiente schwimmt im Hafen und im botanischen Garten gibt es gratis Konzerte. Ich muss die Schwierigkeiten mit dem Auto regeln und in etwa einer Woche soll es dann auch spätestens los gehen Richtung Süden. Bis die Tage, immer schön an den guten Vorsätzen festhalten!

Der Flo


Bilderrätsel: Was ist das?