Ich habe es geschafft! Ich sitze
tatsächlich im Bus nach Kuala Lumpur! Das mag sich nun nicht
sonderlich spektakulär anhören, aber heute Morgen hatte es nicht
wirklich danach ausgesehen. Ich kam total durchgeschwitzt am
Busterminal an und wollte mir auf den letzten Drücker noch etwas
Proviant für die 6-stündige Fahrt besorgen – einen hungrigen
Florian will ja wirklich Niemand neben sich im Bus sitzen haben. Was
dann folgte war Zirkus der Extraklasse: Ich war mit Sicherheit in der
langsamsten Subwayfiliale der nördlichen Hemisphäre. Die gute Dame
hat doch tatsächlich ein paar Salatgurkenscheiben gegriffen und dann
Alle bis auf Eine zurück in den Behälter geleget. Anschließend
wurde die eine Scheibe der Salatgurke fein Säuberlich auf dem
Sandwich plaziert. Erst nach Lagekorrektur und Überdenkung der
bevorstehenden motorischen Handlungen hat sich der Vorgang dann
wiederholt. Mit den anderen Belägen verlief es ähnlich. Ich war
kurz davor mich häuslich einzurichten, als das Sandwich Kunstwerk
dann schließlich doch fertig war und ich zurück zum Bus hechten
konnte. Sowas passiert wohl, wenn man sich bei der
Stellenausschreibung vertippt und einen Sandwichautist einstellt. Nun
ziehen jedenfalls die endlosen Palmölplantagen an meinem geräumigen
Fernreisebus vorbei und ich habe endlich Zeit, dass Thema von
Salatgurkenscheiben auf Neuseeland zu lenken.
Nach der unvergesslichen Tongariro
Alpine Crossing wollten Vincent und ich erst einmal die Füße
hochlegen. Meine 5 Dollar teuren Flipflops waren komplett am Ende und
wurden zum Zwecke der professionellen Wertstoffentsorgung einem lokal
verfügbaren, dafür vorgesehenen Behälter zugeführt. Ja sorry ich
hab nicht viel geschlafen. Unser Weg führte uns nach Rotorua, der
geothermal aktivsten Region des Planeten. Im doch etwas größeren
Städtchen riecht es daher permanent nach faulen Eiern. Was machen
all die Leute hier? Warum sucht man sich ausgerechnet den
stinkendsten Ort des Landes aus, um eine Stadt zu gründen?
Anscheinend sind die Dämpfe bekannt für ihre Heilwirkung bei
Asthma, was Rotorua vor Allem vor der Entdeckung von Penicillin zu
einem beliebten Kurort machte. (*hust* - why is there no penicillin
in the jungle? because parrots ate 'dem all...) Wir campten für eine
Nacht bei den „Waikite hot pools“, wo im Übernachtungspreis die
unbegrenzte Nutzung der Poolanlagen mit drin ist. Grenzen kennen wir
ja sowieso nicht und krochen erst aus den verschieden heißen,
gemütlichen Pools als wir aussahen wie Gollum und sein
Zwillingsbruder. Wahnsinn, so sauber war ich seit 16 Monaten nicht
mehr!
Am nächsten Tag ging es zum
naheliegenden Thermalpark, der bei Touristen einen absoluten
Pflichtstopp darstellt. Dort kann dann der typische
Neuseelandreisende, meist namentlich mit Dieter oder Norbert
anzusprechen, in seinen Sandalen einen liebevoll angelegten Rundweg
entlang wandern und seine teure Spiegelreflexkamera über jedes
blubbernde Erdloch halten, was ihm in die Quere kommt. Blubb blubb
hier, blubb zisch blubb da. Guck mal Gerda, was ein Spektakel. Dabei
wären Vincent und ich fast nicht in den Park gekommen, da wir
zusammen anstatt 65 Dollar nur 64,10 dabei hatten. Die unsympathische
Kassiererin schnauzte uns an, die meisten Leute würden sich vor der
Anreise informieren. Ich war kurz davor, ihr den großen Hochglanz-
Werbeflyer unter die Nase zu halten, worauf man anstatt der
gesalzenen Preise lieber eine falsche Anfahrtskarte und grottig
bearbeitete Bilder von hässlichen Kindern gedruckt hat. Okay das
klang gemein, aber da gibt es nun mal die hübschen Kinder, es gibt
die weniger hübschen Kinder und es gibt Kinder mit dämlichen
Grinsen und Lolli in der Hand, die auf Werbeflyer gedruckt werden.
Ich verkniff mir meinen Kommentar und amüsierte mich köstlich über
die Situation: Ein innerlich zerrissener Vincent musste sich unter
subtilem Augenzucken für die enorme Großzügigkeit, nein
Barmherzigkeit der Kassiererin bedanken, die nach Entgegennahme des
letzten 10 Cent Stücks ausnahmsweise von ihrer weitreichenden
Autorität Gebrauch nahm, uns zu einem derartig ermäßigten Preis in
den Park zu lassen. Danke Vincent – wäre ich vorne an der Kasse
gestanden, hätten wir in diesem Moment wahrscheinlich wieder
umkehren können.
Die schlechte Laune verflog beim
Anblick der aktiven Erdspalten recht schnell. Überall blubberte und
zischte es, der Gestank variierte von faulem Ei über Laborunfall bis
hin zu Bierkaterfurz. Je nach Mineralien und Stoffen, die an die
Oberfläche kommen sind dabei verschiedenste Farben im Spiel. Am
„Champagne Pool“, der Hauptattrakion des Parks, verdampft 98°
heißes Wasser in einem Schlot mit 60m Durchmesser. Ich lasse einfach
mal die Bilder für sich sprechen.
Wir schauten auf die Karte und stellten
fest, dass wir gar nicht so weit von Te Puke entfernt waren – dem
Wohnort von Gordon und Michelle, die wir neulich am See kennen gelernt hatten. Ich rief die Nummer von dem Visitenkärtchen an, welches
Gordon mir gegeben hatte und keine zwei Stunden später saßen wir
beim dem freundlichen Kiwipaar im Wohnzimmer und wurden mit Braten
und Lasagne gefüttert. Da deren Kinder schon alle aus dem Haus sind
freuen sie sich immer über Besuch. Gordon zeigte uns Kiwifrüchte in
allen Farben und Formen bei einer nahen Plantage, wo gerade die
Ernteseason losgeht. Wir blieben schließlich zwei Nächte dort (in
einem richtigen Bett! Aus Holz und so!) und waren sogar bei einem
großen Familienessen dabei. Wahnsinn, wie aufgeschlossen und
gastfreundlich die Menschen dort sind. Ein Sohn der ältesten Tochter
ist geistig behindert, weshalb alle Wände im Haus verschieden farbig
gestrichen sind - so kann er sich orientieren. Beeindruckend, was
alles dazugehört, ein behindertes Kind groß zu ziehen. Da hatten es
meine Eltern ja noch einigermaßen einfach ;-) Nachts haben wir uns
dann noch die Glühwürmchen auf dem Grundstück eines Nachbars
angeschaut. Mit der deutschen Mila, die momentan bei der Familie lebt
und im Ort arbeitet machten wir noch einen Ausflug nach Tauranga,
bestiegen einen nahen Berg und machten ein paar Strände unsicher.
Mit Vince und Mila auf Mount Maunganui / "the mount" |
Eigentlich wollten wir von dort aus
einen Abstecher zu den berühmten Waitomocaves und eine Höhlentour
machen, aber nach einem Blick auf die Karte und in unsere
Portemonnaies fuhren wir spontan doch weiter gen Norden auf die
Coromandel Halbinsel. Die Landschaft schrie mal wieder nach Kameras,
während wir die abenteuerlichen Straßen entlang cruisten. Lediglich
die Suche nach den Campingplätzen gestaltete sich immer schwierig –
das neuseeländische „Department of Conservation“ setzt in jedes
Kaff ein Informationszentrum mit 3 Mitarbeitern, kann aber offenbar
keine Schilder aufstellen oder mal eine brauchbare Karte zeichnen.
Ernsthaft, jeder Schimpanse auf LSD malt bessere Karten. Es war aber
immer nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder mit einem kühlen Bier
an kühlen Orten wie dem Waikawau Beach saßen. Auch die berühmte
Cathedral Cove blieb von unserer Anwesenheit nicht verschont. An der
Ostküste der Halbinsel gibt es außerdem einen Strand, wo heißes
Wasser aus dem Boden kommt. Man kann sich dort eine Schaufel leihen
und bei Ebbe einen Pool graben. Natürlich waren wir nicht die
einzigen dort, so ziemlich jeder Reisende Neuseelands hatte die
gleiche Idee. Aber nachts bei klarem Sternenhimmel am Strand zu
liegen und ein Bierchen im heißen Pool zu trinken ist
verständlicherweise auch recht verlockend!
Die Cathedral Cove war unter Anderem Filmkulisse für Price of Persia |
Im Örtchen Tairua war zufällig der
Beach Hop 2014, das Jahrestreffen der Liebhaber aufgemotzter
Oldtimer. Was dort an Autos rumstand war einfach nur irre – hier
hätte ich hunderte Fotos machen können. Jeder Parkplatz und jedes
Stückchen Wiese war mit Mustangs, alten Chargers oder auch Cobras
belegt. Okay das stimmt nicht ganz, irgendwo mussten wir ja auch
Schlodder parken. Das hat wohl in etwa so ausgesehen, als würde Big
Momma in die Topmodelvilla laufen.
Bevor meine Neuseelandreise in Auckland
endet wollte ich unbedingt noch einen der schwarzen Strände sehen, welche
an der Westküste der Nordinsel gelegen sind. Hier ist einst ein
Öltanker gesunken und die Regierung versucht, die Touristen für das
neue Landschaftsbild zu begeistern. Das war gelogen. Bääh.
In Auckland schmiss mich Vincent
schließlich aus dem Auto – er hatte mir meinen Teil von Schlodder
abgekauft und erkundet jetzt noch die Northlands. Wir waren über 12
Wochen zusammen unterwegs, was ihn zu meiner längsten Reisbegleitung
vor Julius, Magdalena und Helen macht. Mit Allen hatte ich eine
geniale Zeit, und es war doch immer total unterschiedlich. In meinen
Augen ist es daher definitiv am besten, generell alleine zu reisen
und sich Abschnittsweise Gesellschaft zu suchen. Gesellschaft ist
mächtig – sie kann das grässlichste Hostel zu einem entspannten
Ort machen, oder aber die Wanderung im schönsten Nationalpark zur
Geduldsprobe werden lassen. Gleichzeitig braucht man ab und zu Zeit
für sich und möchte das unschlagbare Lebensgefühl eines freien
Globetrotters in sich aufsaugen. Jep, ich alles richtig gemacht!
Auckland Innenstadt |
Bevor ich die Stadt verließ wurde ich
noch im unbewohnten sechsten Stock meines Hostels eingeschlossen und
traf Charlotte wieder, mit der ich vor 16 Monaten durch Laos gereist
bin – sie lebt seit einem halben Jahr mit ihrer Partnerin in
Auckland und kannte die beste Bar. Mit dem Flug nach Singapur habe
ich Ozeanien schließlich endgültig verlassen und jeder fragt mich:
„Was ist besser? Australien oder Neuseeland??“ Das kommt
natürlich immer darauf an, was man will. Und wer man ist, und wie
man reist, und überhaupt. Neuseeland hat unschlagbare Landschaften
und Alles liegt näher beieinander. Meine persönliche Antwort lautet
dennoch ganz klar Australien. Ich könnte jetzt Gründe wie Klima,
Arbeitslohn und wilde Tiere nennen. Die Faktoren sind jedoch unzählig
und wenn man alle verwurstet kommt bei Australien ein Brei raus, der
mir irgendwie besser schmeckt. Es ist für mich das bessere Land um
langfristig in der Form „on the road“ zu leben, wie ich es
gemacht habe. Dennoch hat Neuseeland Einiges zu bieten und sollte auf
jeden Fall mal besucht werden. Jep, schon wieder Alles richtig
gemacht!
So, mittlerweile bin ich in Kuala
Lumpur und werde jetzt auf der Dachterrasse meines Hostels mit
billigem, kalten Bier gegen die drückend schwüle Luft der Stadt
ankämpfen.
Un' Tschüß! |
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenSingapore Flyer? Hört sich gut an :-P
AntwortenLöschenHey Flo, bin durch Zufall auf Deinem Blog gelandet und hängengeblieben. Liest sich fantastisch! Du sprichst mir oft aus der Seele ;)
AntwortenLöschendanke! schau doch mal unter reisefloh.de vorbei :) lg
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